Die aktive Fanszene traf sich gestern in Berlin, um eine gemeinsame Position zum DFL-Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ zu erarbeiten. Wir sprachen nach dem Kongress mit Jan-Henrik Gruszecki, dem Sprecher der Initiative „Ich fühl mich sicher!“ über die Dialogbereitschaft der DFL, die Sicherheit in deutschen Stadien und Medienhysterie.
Jan-Henrik Gruszecki, Sie waren gerade auf dem Fan-Kongress. Wie lief es?
Ich empfinde es als sehr positiv, dass die DFL mit Andreas Rettig und Jürgen Paepke (DFL-Geschäftsführer und DFL-Justiziar, d. Red.) vertreten war. Paepke, der an dem kontroversen DFL-Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ mitgearbeitet hat, stellte sich sogar einigen Fragen.
Das zeigt doch die Dialogbereitschaft der Funktionäre.
Das ist der einzige positive Punkt des Konzepts: Uns allen wurde mit dem Vorschlaghammer vor Augen geführt, dass wir mehr kommunizieren müssen. Das ist sowohl der DFL, als auch den Fans klar geworden. Ich hoffe, dass beide Seiten jetzt die Diskussionen versachlichen.
Gründeten Sie zu diesem Zweck auch die Initiative „Ich fühl mich sicher!“, deren Sprecher Sie sind?
Ja, wir wollen mit unserer Initiative die Hysterie konterkarieren, die von einigen Journalisten heraufbeschworen wird. Jeder, der keine Todesängste aussteht, wenn er ins Stadion geht, kann sich gerne auf unserer Unterschriftenliste eintragen. Der Sicherheitswahn der DFL schießt weit über das Ziel hinaus. Ich glaube, dass die Mehrheit der 500.000 Personen, die jedes Wochenende ins Stadion gehen, sich dort sehr wohl fühlt. Sonst gäbe es in Dortmund keine Dauerkarten-Warteliste, die länger ist als der Amazonas.
In den letzten Jahren gab es sehr viele Fan-Initiativen zum Thema der Stadionsicherheit. Was versprechen Sie sich von dieser?
Wir wollen mit unserer Unterschriftenliste dokumentieren, dass niemand Angst haben muss, wenn er ein Fußballstadion betritt. Die Stadien sind sicher, man kann problemlos seine Familie zum Spiel mitbringen. Statistisch gesehen ist es gefährlicher zur Arbeit zu fahren, als zu einem Fußballspiel zu gehen.
Auf dem Oktoberfest gibt es pro Tag durchschnittlich 600 Verletzte, in der gesamten vergangenen Bundesligasaison waren es etwa 850. Wie erklären Sie sich das?
In Stadien ist die soziale Kontrolle viel größer als bei anderen Veranstaltungen. Und genau das gefährdet die DFL, wenn sie jetzt tatsächlich so rigoros durchgreifen sollte, wie sie es in ihrem Konzept geplant hat. Die Chaoten werden sich nicht abschrecken lassen, sehr wohl aber die Familienväter, die für die soziale Kontrolle in den Stadien mitverantwortlich sind.
Hatten Sie jemals Angst im Stadion?
Nein, obwohl ich fünf Jahre in Argentinien gelebt habe und dort fast jeden Tag im Stadion war, hatte ich keine Angst. Auch wenn es dort eher Gründe gibt, sich zu fürchten: In argentinischen Stadien hat es sowohl Schwerverletzte als auch Tote gegeben. Gerade aus dieser Erfahrung heraus kann ich sagen, dass die Stadien hierzulande eher Orte der Sicherheit, als Schlachtfelder eines Bürgerkriegs sind, obwohl man angesichts apokalyptischer Szenarien in den Medien manchmal das Gegenteil annehmen könnte. Ich würde sogar sagen, es gibt wenige Orte auf der Welt, die sicherer sind als die Stadien der Ersten und der Zweiten Bundesliga.
Wer sich im Stadion sicher fühlt, kann hier die Initiative „Ich fühl mich sicher!“ mit einer Unterschrift unterstützen:
ich-fuehl-mich-sicher.de