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Dr. Wolf­gang Prä­maßing, ist der Winter der größte Feind des Fuß­ball­ra­sens?
Das kann man so sagen. Obwohl Rasen im Winter keine Wuchs­pe­riode hat, wird er im Fuß­ball stark belastet. Das hält bei einem harten Winter der beste Platz nicht aus. So gesehen fand ich den Vor­schlag von Rudi Völler, den Bun­des­liga-Spiel­plan zu ändern, sehr ver­nünftig.
 
Als Mit­ar­beiter der DEULA Rhein­land (DEULA = Deut­sche Lehr­an­stalt für Agrar­technik) bieten Sie Ende Februar Lehr­gänge an, in denen sich Inter­es­sierte zu Platz­wärten und Green­kee­pern aus­bilden lassen können. Wie viele Prü­fungs­fragen werden sich mit zuge­fro­renen Rasen­plätzen beschäf­tigen?
Einige, aber die Palette der Fähig­keiten eines Platz­warts ist ja lang. Bei uns lernen die Teil­nehmer, welche Eigen­arten ein Rasen­platz haben kann, wie und wann er richtig gemäht wird, wann er ver­ti­ku­tiert und aeri­fi­ziert, also belüftet wird, welche Vor­teile ein Striegel hat, welche Ansaat­mi­schung die rich­tige ist, dazu eine Aus­bil­dung in Grä­ser­kunde, Boden­zu­sam­men­set­zung…
 
…Moment! Der Reihe nach: Was meinen Sie mit Eigen­arten des Rasen­platzes“?
Ein guter Platz­wart muss wissen, auf wel­chem Grund bzw. Boden­bau­weisen sein Rasen wächst und gedeiht. Und nach der jewei­ligen Boden­be­schaf­fen­heit richtet sich dann die Pflege. Ein eher was­ser­durch­läs­si­gerer Boden muss zum Bei­spiel ent­spre­chend mehr zusätz­lich beregnet werden und so weiter.
 
Nehmen wir mal an, die 11FREUNDE-Redak­tion würde sich in Berlin einen eigenen Rasen­platz anlegen lassen wollen. Worauf müssten wir hier achten?
Da kommt es bereits auf die rich­tige Ansaat­mi­schung an. Spe­zia­li­sierte Unter­nehmen bieten beson­ders belast­bare, hoch­wer­tige Gras­arten für Fuss­ball­plätze an. Nach der Beschaf­fen­heit des Bodens richtet sich dann der Pfle­ge­auf­wand. Ich denke, in Berlin als eher tro­ckenem Standort mit san­digem Unter­grund müssten sie mehr zusätz­li­ches Wasser zur opti­malen Rasen­pflege ver­wenden, als in einer regen­rei­chen Region.
 
Ist das die Kern­kom­pe­tenz eines aus­ge­bil­deten Platz­warts, bzw. Green­kee­pers?
Ja! Wichtig ist, diese Zusam­men­hänge zu kennen. Dann ist sicher­lich das regel­mä­ßige Mähen wichtig. Von der DFL ist eine Schnitt­höhe von 25 bis 28 Mil­li­meter für die Pro­fi­klubs vor­ge­geben, bei der WM 2006 waren es 28 Mil­li­meter, daran hat man sich ori­en­tiert.
 
Wie häufig sollte man also den Rasen­mäher anschmeißen?
Im Früh­jahr, zur Haupt­wuchs­zeit, emp­fiehlt es sich bei Spit­zen­plätzen min­des­tens dreimal die Woche den Rasen zu mähen. Aber da tickt jeder Platz­wart anders. Der Green­keeper von Bayer Lever­kusen etwa mäht seinen Rasen in dieser Zeit täg­lich.
 
Sie spra­chen vorhin von einem Striegel“. Was ist das?
Ein Striegel ist eine Art ver­grö­ßerter Rechen, den sie im Garten gebrau­chen, um das Laub zusam­men­zu­harken. Der Striegel kratzt die Gras­narbe an und wirkt dadurch wie eine leichte Ver­ti­ku­tie­rung und regt die Besto­ckung der Gräser an. In deut­lich grö­ßeren Abständen muss der Rasen natür­lich auch ver­ti­ku­tiert und auch aeri­fi­ziert werden, um ent­spre­chend gelüftet zu werden.
 
Spä­tes­tens aus den Asterix“-Comics wissen wir, dass eng­li­sche Rasen­pfleger ihr Hei­ligtum zur Not mit der Nagel­schere stutzen. Wie sen­sibel sind die Green­keeper in der Bun­des­liga?
Ich kenne einige Green­keeper, die auf ihr Grün nie­mals einen Rasen­mä­her­traktor lassen würden, son­dern lieber per Hand mit einem spe­zi­ellen hand­ge­führten Rasen­mäher ans Werk gehen. Die Nagel­schere kommt aber wirk­lich höchs­tens noch auf dem Golf­platz zum Ein­satz.
 
Apropos Golf: Die DEULA bietet neben der Fußballplatz-Pflege“-Ausbildung auch pas­sende Lehr­gänge zur Golf­platz-Pflege an. Sind Golf und Fuß­ball in Sachen Rasen tat­säch­lich so nah bei­ein­ander?
Beim Rasen-Knowhow ja! Inzwi­schen sind wir in der Lage, auch spe­zi­elle staat­lich aner­kannte Green­keeper-Aus­bil­dungen für den Fuß­ball­platz anzu­bieten, bis vor wenigen Jahren mussten unsere Platz­warte auch ein Golf­platz-Prak­tikum absol­vieren, um den Green­keeper-Abschluß zu bekommen. Nun haben wir diese Qua­li­fi­zie­rung sowohl für Golf‑, als auch Sport­platz-Green­keeper auf ver­gleich­barem Niveau.
 
Letzte Fragen an den Rasen­ex­perten: Als Borussia Dort­mund vor knapp zehn Jahren die bis dahin freien Ecken im West­fa­len­sta­dion zubauen ließ – was ging Ihnen da durch den Kopf?
Ich habe wahr­schein­lich wie jeder andere Rasen­fach­mann gedacht: Hof­fent­lich wissen die, was sie da tun. Je mehr ein Platz zuge­baut wird, desto weniger Licht und Sau­er­stoff bekommt der Rasen ab. Fol­ge­richtig hatte dann auch die Borussia bald Pro­bleme mit der Beschaf­fen­heit des Rasens. Es ist leider so: Der Kom­fort in den Sta­dion wird immer besser, die Bedin­gungen für den Rasen nicht unbe­dingt.
 
Wo finden sich die besten Rasen­plätze der Fuß­ball-Welt?
Eng­land ist, was Rasen betrifft, noch immer das Mekka. Aber in Deutsch­land haben wir stark auf­ge­holt durch die Qua­li­fi­zie­rung der Green­keeper. Der Rasen wird bei den Eng­län­dern sicher noch immer mehr als Hei­ligtum betrachtet, so dass die Green­keeper der großen Klubs mit gut aus­ge­bil­deten Pfle­ge­teams noch mehr in den Rasen inves­tieren können, so dass man aus deut­scher Sicht nur nei­disch auf die Insel bli­cken darf.
 
Rolf Rüss­mann hat mal den legen­dären Satz fallen lassen: Wenn wir hier nicht gewinnen, treten wir ihnen wenigs­tens den Rasen kaputt!“ Lernen Ihre zukünf­tigen Green­keeper auch, wie man solche Dro­hungen nicht wahr werden lässt?
Selbst mit dem Wissen und den Saat­züch­tungen der Gegen­wart: Wer es unbe­dingt darauf anlegt, kann die Fetzen auf dem Platz beson­ders bei durch Regen auf­ge­weichtem Unter­grund immer noch fliegen lassen. Aber ein guter und robuster Rasen macht dies schwie­riger. Klubs wie der VfL Wolfs­burg oder die TSG Hof­fen­heim haben bereits Kunst­fa­sern im Wur­zel­ho­ri­zont ein­ge­mischt, um den Rasen noch wider­stands­fä­higer zu machen. Aber das ver­langt wie­derum eine andere Pfle­ge­sys­te­matik als wir sie in Deutsch­land bisher prak­ti­zieren. Diese Sys­teme müssen sich nun erst bewähren. Es ist, wie so oft beim Fuß­ball: Jede Medaille hat zwei Seiten.