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Flo­rian Jung­wirth, am Sonntag starten sie mit den San José Ear­th­quakes gegen Mont­real Impact in die Saison. Wie geht es Ihnen nach den harten Vor­be­rei­tungs­wo­chen?

Es ist erleich­ternd. End­lich bin ich wieder im Arbeits­rhythmus, denn unser letztes Pflicht­spiel war Ende Oktober.

Wieso ist eine lange Pause so her­aus­for­dernd?

Wir haben nur sechs Wochen Vor­be­rei­tung. Es ist wichtig, dass du davor viel Selbst­dis­zi­plin zeigst und vieles eigen­ständig machst, um weiter fit zu bleiben. Wir spielen die Saison durch, es gibt keine Halb­jah­res­pause wie in Deutsch­land. Was natür­lich durch die langen Reisen zwi­schen den Spiel­orten noch einmal dop­pelt stressig ist.

Sie spielen seit zwei Jahren in den USA. Wie viel ame­ri­ka­ni­scher ist Ihr Lebens­stil geworden?

Ich bin nicht mehr ganz so deutsch“, wie noch bei meiner Ankunft. In Kali­for­nien ist die Locker­heit im Lebens­alltag wichtig. Ein Bei­spiel: Als ich hier ankam, wurde es draußen immer wärmer, aber unsere Kli­ma­an­lage fiel aus, dabei sollte es am Wochen­ende 35 Grad heiß werden. Ich rief also am Dienstag bei der Instal­la­ti­ons­firma an und bat darum, dass die Anlage bis zum Wochen­ende wieder funk­tio­nieren sollte. Kein Pro­blem“ war die Ant­wort. Mitt­woch kam ein Hand­werker, der hatte aber sein Werk­zeug ver­gessen. Am Don­nerstag hatte er die Hälfte der Arbeit getan, meinte jedoch, er sei für den Rest nicht mehr zuständig, aber morgen über­nehme ein Kol­lege. Bis Freitag 14 Uhr kam nie­mand mehr, also rief ich beim Unter­nehmen an und wollte wissen, was denn nun los sei. Der Mann am Apparat schimpfte mir ent­gegen: Was ist dein Pro­blem? Es ist jetzt 14 Uhr und Wochen­ende.“

Und die Kli­ma­an­lage war immer noch kaputt?

Genau. Wenn man die deut­schen Tugenden, also Pünkt­lich­keit und Zuver­läs­sig­keit gewohnt ist, raubt es einem manchmal den Ver­stand. Früher habe ich dann schnell mal geme­ckert. Mitt­ler­weile habe ich mich da etwas kali­for­ni­siert“.

Sie albern auf Insta­gram gerne mal rum. Neu­lich haben Sie in einem Ihrer Posts als blut­ver­schmierter Boxer posiert. Hatte das irgendwas zu bedeuten?

Ach, das war nur ein biss­chen Foto­mon­tage mit Ket­chup. Es sollte sinn­bild­lich für die letzte Saison stehen.

Abge­schlagen mit zehn Punkten Rück­stand aufs nächste Team wurden Sie mit den San José Ear­th­quakes Letzter. Es war his­to­risch die schlech­teste Saison des Klubs. Wie war die Stim­mung in San José?

Es ist selten, dass man hier extrem kri­ti­siert wird. Wenn ich über­lege, was wir letztes Jahr für eine kata­stro­phale Saison hatten… Was da in Deutsch­land los­ge­wesen wäre! Liegst du 0:3 hinten, ist es hier­zu­lande eher leise im Sta­dion, wäh­rend du in der Bun­des­liga aus­ge­buht und beschimpft wirst.

Wieso ist das MLS-Publikum so gelassen?

Der Spieltag ist für die Men­schen hier wie ein Fami­li­en­event. Bei uns hin­term Sta­dion gibt es eine große Grün­fläche, dort machen die Zuschauer noch Pick­nick vor dem Spiel und stellen Hüpf­burgen auf. Es geht um das Event. Das ist wie bei den anderen ame­ri­ka­ni­schen Sport­arten. Gerade aus­wärts werden wir sehr freund­lich begrüßt, selten hörst du irgend­welche Hass­ti­raden, wie man es aus Deutsch­land gewöhnt ist. Als Spieler ist das eine ange­neh­mere Atmo­sphäre.

Fehlt dadurch nicht der Ner­ven­kitzel?

Wir haben meis­tens ein aus­ver­kauftes Haus mit 18.000 Zuschauern. Und schießen wir ein Tor, wird es richtig laut. Der große Unter­schied sind die nega­tiven Emo­tionen, die hier wei­test­ge­hend aus­bleiben. Es ist schön, wenn die Fans am Ende klat­schen und sagen: Ihr habt euer Bestes gegeben – die anderen waren halt ein­fach besser.“