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Tita, lange nichts von Ihnen gehört. Wo ste­cken Sie gerade?

Tita: Ich bin auf Hei­mat­ur­laub in Rio de Janeiro und spa­zierte eben noch mit meinem Kumpel Zico am Strand. Aktuell arbeite ich als Trainer vom Club León FC in Mexiko.



Zico? Der ehe­ma­lige Welt­klas­se­spieler?

Tita: Wir kennen uns schon Jahre. An der Seite von Zico fei­erte ich bei Fla­mengo Anfang der acht­ziger Jahre große Erfolge. Wir gewannen gemeinsam 1981 gegen Liver­pool den Welt­pokal. Es war eine gol­dene Ära für den Verein. Auch wegen dieses Erfolges begannen nach der WM 1982 die ersten Spieler das Land zu ver­lassen: Zico ging zu Udi­nese und Sócrates zum AC Flo­renz.

Der Foto­graf Hans Prell­witz soll Sie zu Bayer Lever­kusen ver­mit­telt haben.

Tita: Heinz Prell­witz fun­gierte nur als Dol­met­scher. Eigent­li­cher Ver­mittler war der in Rio de Janeiro ansäs­sige Bayer-Kon­zern, der 1987 meinen dama­ligen Klub Vasco da Gama kon­tak­tierte und meine Spie­ler­daten nach Deutsch­land wei­ter­lei­tete.

Hatten Sie sich vor Ihrem Wechsel über den deut­schen Fuß­ball infor­miert?

Tita: Nein. Bra­si­lia­ni­sche Fuß­baller wussten damals bei ihren Wech­seln ins Aus­land über­haupt nicht, worauf sie sich ein­ließen. Im Gegen­satz zu heute konnte man keine Spiele aus Deutsch­land, Ita­lien oder Eng­land im Fern­sehen ver­folgen. Bei meiner Ankunft hatte ich dann einen rich­tigen Kul­tur­schock.

Wieso?

Tita: Heute ist Bayer Lever­kusen für seine tolle Inte­gra­tion bra­si­lia­ni­scher Profis berühmt. Ich war jedoch 1987 der erste Bra­si­lianer im Verein über­haupt. Die Kälte machte mir zu schaffen, ich sprach kein Wort Deutsch und einen Dol­met­scher gab es nicht. Meine Ein­füh­rung in die Mann­schaft ver­lief schwierig. Mit meinem Zim­mer­nach­barn Falko Götz und ein paar Mit­spie­lern konnte ich mich auf Eng­lisch unter­halten. Aber mit Bum-Kun Cha bei­spiels­weise, unmög­lich. Wir ver­stän­digten uns also mit Händen und Füßen.

Ihre Leis­tungen in der Bun­des­liga schwankten zu Anfang der Saison 1987/88 sehr. Wann gelang Ihnen der Durch­bruch?

Tita: Bei einem Aus­wärts­spiel bei Waldhof Mann­heim am 18. Spieltag. In den Spielen zuvor hatte mich Trainer Erich Rib­beck stets ein­ge­wech­selt und als zweiten Stürmer gebracht. Er hatte im Trai­ning beob­achtet, dass ich viele Tore schoss. Des­wegen wollte er mich als Angreifer ein­setzen. Ich sah mich dagegen auf einer anderen Posi­tion.

Auf wel­cher?

Tita: Ich wollte als Spiel­ma­cher im Mit­tel­feld agieren. Dort genoss ich mehr Frei­heiten. Ich kannte die euro­päi­sche Gangart nicht und gegen die harten deut­schen Ver­tei­diger wie Klaus Augen­thaler sah ich im Sturm schlichtweg kein Land. Das sagte ich Rib­beck auch in einem Gespräch unter vier Augen.

Wie reagierte der Trainer?

Tita: Er sagte mir: Tita, auf Deiner Wunsch­po­si­tion spielt Andrzej Buncol, unser bester Mann. Den kann ich nicht mal eben auf die Bank setzten“.

Also blieben Sie Stürmer?

Tita: Nein, ich war­tete drei Monate lang auf meine Chance. Schließ­lich ver­letzte sich Andrzej Buncol vor der Partie bei Waldhof am Knö­chel und ich rückte erst­mals in die Startelf. Ich plau­derte mit meinem Zim­mer­nach­barn Falko Götz und ver­sprach: Falko, mein Freund, jetzt lernst du Tita kennen. Heute zeige ich mein wahres Gesicht.“

Lernte er ihn kennen?

Tita: Götz sagte mir, die aktu­elle Situa­tion wäre kri­tisch. Wir hatten bis dato kein Aus­wärts­spiel gewonnen und das Team hatte Streit mit Rib­beck. Da ich kein Wort Deutsch ver­stand, hatte ich von den angeb­li­chen Unruhen fast gar nichts mit­be­kommen. Ich spielte unbe­küm­mert auf, erzielte drei Treffer und war danach unter Rib­beck gesetzt.

Und der Erfolg kehrte ein.

Tita: Durch eines meiner schönsten Tore schlugen wir im Vier­tel­fi­nale des Uefa-Cups den großen FC Bar­ce­lona mit Andoni Zubi­zar­reta und Bernd Schuster im Camp Nou. Eine rie­sige Über­ra­schung. Und das Finale erst: Nach einer 0:3‑Niederlage im Hin­spiel gegen Espanyol Bar­ce­lona sprach Espanyol-Trainer Javier Cle­mente schon von einem 90-pro­zen­tigen Titel­ge­winn. Aber Falko Götz, Bum-Kun Cha und ich – scherz­haft nur als die drei Aus­länder im Team bezeichnet, da Götz aus dem Osten kam –, drehten den Spieß um. Wir siegten im Rück­spiel zu Hause tat­säch­lich noch im Elf­me­ter­schießen.

Trotz dieses Uefa-Cup Titels ver­ließen Sie Bayer Lever­kusen 1988 bereits nach einer Spiel­zeit.

Tita: Der Verein hatte vor der Saison 1987/1988 sieben Trans­fers getä­tigt. Ralf Fal­ken­mayer, der von Ein­tracht Frank­furt kam, kos­tete über zwei Mil­lionen. Ich war mit 500.000 DM das Schnäpp­chen unter den Neu­zu­gängen und ver­diente sehr wenig. Als Bayer Lever­kusen Rinus Michels als neuen Chef­trainer vor­stellte und meine Gehalts­er­hö­hung ablehnte, suchte ich mein Glück bei Pes­cara Calcio in Ita­lien. Dort gab man mir das Dop­pelte. Ich musste auch mich denken. Heute gehören bra­si­lia­ni­sche Spieler im Aus­land zu den Top­ver­die­nern, damals noch nicht. Die Zeiten haben sich geän­dert.


Ball­zauber in der Bun­des­liga – Die ersten Bra­si­lianer auf Deutsch­lands Plätzen in der Bil­der­strecke!