Sven Regener, hat uns Diegos Wechsel zu Juventus Turin davor bewahrt, dass Sarah Connor einen Werder Bremen-Song aufnimmt?
Sven Regener: Das wird Sarah Connor sicher noch tun.
Und Klaus und Klaus damit aus dem Weserstadion verdrängen.
Sven Regener: Klaus und Klaus kann man ja gar nicht verdrängen, das ist ein Lied für die Ewigkeit, das lieben die Leute zu sehr. Sie dürfen nicht vergessen, dass der Song ja eigentlich ein Traditional ist, „The Wild Rover“, ein irisches Party- und Sauflied mit deutschem Text – gar nicht mal so gutem, aber auch gar nicht mal so schlechtem Text (singt): „Die Fische im Wasser und selten an Land!“ Perfekt fürs Stadion. Aber wir haben ja auch „Werder Bremen, das ist unser Verein“ von den „Mimmi‚s“. Und wie heißt das andere Werder-Lied? (überlegt) „Deutscher Meister wird nur der SVW“ – auch von den „Mimmi‚s“. Bremen ist ja eine Fun-Punk-Hochburg – und in gewisser Weise sind auch Klaus und Klaus dieser Sparte zuzuordnen (lacht).
Wird man Sie jemals mit Klaus und Klaus im Studio sehen?
Sven Regener: Man sollte niemals „nie“ sagen. Aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering. Weder haben sich Klaus und Klaus bisher bei uns gemeldet, noch wir uns bei denen. Und es gibt auch keine Dritten, die da versuchen zu vermitteln.
Der kleine Klaus ist ja auch gar nicht mehr der echte kleine Klaus.
Sven Regener: Einer von den beiden ist doch der Sänger von Torfrock, oder nicht?
Ja, und ich glaube, der ist nicht mehr der Klaus bei Klaus und Klaus.
Sven Regener: Jetzt machen Sie mich aber traurig. Heißt denn der neue Klaus auch Klaus?
Wahrscheinlich war das die Vorraussetzung für den Job.
Sven Regener: Ich glaube, Klaus ist ja auch weniger Name als Schicksal. Wir müssen Klaus Allofs mal fragen, was der dazu meint (lacht).
Herr Regener, zum Wesentlichen: Seit wann sind Sie Fußball-Fan?
Sven Regener: Ich war früher immer gegen Fußball – weil alle dafür waren. Bei den großen Turnieren waren die ganzen Dödel, die man so kannte, durchweg für die deutsche Mannschaft. Ist ja auch eigentlich ganz logisch, wenn man in Bremen wohnt. Ich fand das damals aber unfair, das ist doch auch irgendwo parteiisch, so ein krudes Sportverständnis.
Es ist Ihnen also egal, wer gewinnt?
Sven Regener: Das Finale der Weltmeisterschaft 1974 war mir so egal, dass ich viel lieber der Frage nachgegangen bin, ob wohl irgendjemand während des Endspiels auf der Autobahn unterwegs sein würde. Ich bin also in Bremen-Ost mit dem Fahrrad auf die Autobahn gefahren, und nach zehn Minuten kam tatsächlich ein Auto vorbei – mit drei so alten Ommas drin (lacht). Irgendwann habe ich dann Rast gemacht bei einem Außer-Haus-Verkauf, wo natürlich auch Fußball lief, es war gerade Halbzeit. Da kam ein Typ rein, kaufte Bier und grummelte vor sich hin: „Jetzt muss aber mal was passieren! Was für eine Scheiße!“ Ich dachte nur, oh, geil, die Holländer gewinnen – und als ich dann wieder zu Hause ankam, waren die Deutschen Weltmeister.
Und 1990?
Sven Regener: Als wir 1990 Weltmeister geworden sind, dachte ich noch, mein Gott, dieser ganze Chauvinismus. Aber die Anderen sind doch genauso schlimm – es ist ja nicht so, dass die Argentinier, Holländer oder Italiener keine gnadenlos miesen Chauvinisten sind, wenn es um solche Sachen wie Fußball geht. Man muss da auch endlich mal mit sich selber ins Reine kommen: die Deutschen sind ja gar nicht böser als die Anderen.
Diese Einsicht kam wohl spätestens 2006 während des Sommermärchens.
Sven Regener: 2006 fand ich persönlich ganz okay. Das Problem ist ja: Erst wenn man da mitmachen muss, wird es unerträglich, wenn man das Gefühl hat, jetzt wird es bedrohlich – oder man kriegt auf die Schnauze, wenn man nicht dafür ist. Das ist eine Frage der persönlichen Neigung – und die meisten Fußballfans haben ja augenscheinlich ihren Spaß daran. Ich persönlich gehe aber nicht zu Fußballspielen ins Stadion. Wissen Sie, das würde ich nie machen, da sind mir viel zu viele Leute.
Moment mal! Sie gehen nicht ins Stadion?
Sven Regener: Ich war einmal bei Reinickendorfer Füchse gegen MSV Duisburg, ein Relegationsspiel um den Aufstieg in die 2. Liga, 1989. Wir haben damals im Stadion die Fotosession zu unserem Album „Jimmy“ gemacht. Und dann war ich noch einmal bei St. Pauli gegen Bielefeld. Und da muss ich ehrlich sagen, das brauche ich nicht, schön ist was anderes. Das hat mir damals für mein Leben gereicht.
Scheuen Sie Menschenmengen auch bei Konzerten?
Sven Regener: Das sollten weder die Fans in den Fußballstadion persönlich nehmen, noch die bei Konzerten. Ich stehe immer hinten – in der Nähe vom Notausgang. Wahrscheinlich eine leichte klaustrophobe Neurose, nichts Schlimmes, keine Panikattacken, einfach ein leichter Dachschaden, den ich habe.
Ist Ihre Rolle angesichts der vielen Menschen, die bei einem Konzert etwas von Ihnen erwarten, vergleichbar mit der eines Akteurs auf dem Spielfeld?
Sven Regener: Der wesentliche Unterschied ist: Wir können nicht verlieren. Beim Fußballspiel gehst du entweder als Gewinner oder Verlierer vom Platz. Wenn wir uns als Band nicht gerade total doof anstellen, kann uns eigentlich nicht viel passieren. Wir gewinnen immer – davon kann ein Uli Hoeneß nur träumen.
Hat es in Ihrer Jugend einen Schlüsselmoment gegeben, in dem Sie wussten: Fußball ist mein Sport, Fußball ist geil.
Sven Regener: Ich habe als Kind Judo gemacht. Als ich mit dem Gitarre spielen anfing, habe ich dann damit aufgehört. Ich wollte Fingernägel – und du kannst kein Judo machen mit langen Fingernägeln. Eigentlich komme ich aber aus einer Wassersportfamilie – und urplötzlich war ich das musikalische Kind in der Familie, mit dem keiner gerechnet hat.
Wann haben Sie zuletzt gegen einen Ball getreten?
Sven Regener: Ich war nie ein großer Fußballspieler. Ich habe zuletzt bei einer Thekenmannschaft mitgespielt, nur ein, zwei Mal, dann hat mich das schon genervt. Plötzlich erkannte ich meine Kumpels nicht mehr, die mutierten beim Fußballspielen zu totalen Arschlöchern, zu brüllenden Feldwebeln. Ich dachte nur, was sind das denn jetzt für Typen, wo kommen die denn her? Was haben die denn für Testosteronspritzen genommen?
Sie sind Individualsportler?
Sven Regener: Ich bin gar kein Sportler. Ich war beim Fußball immer nur im Tor. Und selbst davon habe ich schon extrem Muskelkater bekommen.
Vielleicht sollten Sie dann ein Traineramt übernehmen.
Sven Regener: Ja, das fände ich schon sehr reizvoll. Das ist ja auch die Seite am Fußball, die mich am meisten interessiert. Spieler, die Ladehemmung haben, ganze Mannschaften, die zusammenbrechen und wiederauferstehen aus unerkennbarem Anlass. In der Musik gibt es das ja auch, dass man als Produzent mit der Erfahrung, die man hat, den Leuten hilft, die Platten aufzunehmen, die künstlerische Betreuung übernimmt, Tipps gibt, wie das besser ginge, worauf sie achten sollen.
Wären Sie als Trainer eher Jürgen Klinsmann oder Thomas Schaaf?
Sven Regener: Hören Sie mir auf mit Klinsmann und seinem Motivationstrainersprech, diesem sciencetoligyartigen Gequatsche. „Haut sie durch die Wand“ und dieser ganze Scheiß. Und Christoph Daum mit seinen Glasscherben. Wissen Sie, so einen Kack nenne ich nicht Psychologie. Das waren die fiesen 90er, als diese ganzen Motivationstrainer aufkamen und ganze Kongresshallen mit Leuten füllten und einem erzählen wollten, wie man im Leben erfolgreicher ist. Dann lieber Thomas Schaaf oder Hans Meyer, die sagen: „So, passt mal auf, was wir hier besprechen, geht die da draußen nichts an!“ Trainer, die den Deckel draufhalten.
Der bärbeißige Thomas Schaaf gilt in der Öffentlichkeit ja mittlerweile als cool.
Sven Regener: Der Bremer an sich ist relativ maulfaul, das kann ich mal so von Haus aus sagen. Ich musste da deswegen auch weg, weil ich viel zu schnell und viel zu viel rede. Thomas Schaaf ist da aber erst einmal ganz gut aufgehoben. Er hat mit Klaus Allofs auch jemanden an seiner Seite, der sehr stark die hanseatischen Umgangsformen beherrscht, Maßanzug trägt, strenger Scheitel, wahnsinnig eloquent und sehr gescheit redet – da kann ein Trainer schon mal dahinter sitzen und sagen (verstellt die Stimme): „Ja, ja, weiß auch nicht, erzähl du mal.“ Und das ist natürlich klasse. Und wenn man das nur lange genug macht ohne totalen Scheiß zu bauen, wirkt man natürlich auch irgendwann extrem cool. Ich meine, gucken Sie sich uns an, man muss es nur lange genug machen. Das ist dann irgendwann die normative Kraft des Faktischen. Warum soll das nicht cool sein?
Aber Thomas Schaaf ist darüber hinaus auch ein recht erfolgreicher Trainer.
Sven Regener: Wenn das in der ganzen Zeit nicht so gut gelaufen wäre für Werder, und Schaaf auch nicht so ein guter Trainer gewesen wäre, dann wäre das alles auch überhaupt nicht cool. Dann wäre Thomas Schaaf einfach nur ein schlechter Trainer, der nicht einmal darüber redet (lacht).
Wie erklären Sie sich die sinusartigen Formschwankungen von Werder Bremen?
Sven Regener: Es ist nicht charakterbildend, Fan einer Mannschaft zu sein, die dauernd Meister wird. Das ist zwar eine tolle Sache und eine schöne Unterhaltung, aber es ist nicht gut für die Seele. Charakterbildend ist, wenn man diese ganzen Leidensphasen auch durchmachen muss. Und da hat der Werder-Fan einiges zu erzählen. Immer wenn man dachte, jetzt rollt es aber richtig, jetzt geht was, kam das nächste große Problem um die Ecke.
Welches aber auch immer wieder bewältigt werden konnte.
Sven Regener: Jede Mannschaft hat im Verlauf einer Saison ein bis zwei Krisen, das ist ganz normal. Wie in einem Wimbledon-Endspiel: Jeder der beiden Spieler hat im Verlauf einer längeren Partie irgendwann mal eine Delle, eine Krise. Die Frage ist nur, wie tief geht sie, wer kriegt sie zuerst, und wer kommt als Erstes wieder raus? Und das ist ja auch beim Fußball immer die große Aufregung: Huuuh, verspielen sie jetzt die Meisterschaft? Aber man weiß ganz genau, die anderen Mannschaften haben ihre Krise noch nicht gehabt, die kommt erst noch. Und von daher ist immer alles möglich. Interessant ist nur, wie die Leute mit dieser Aufregung umgehen. Fußball lebt davon, dass man sich aufregt.
Haben Sie manchmal Angst, dass Werder Bremen womöglich den Anschluss verliert in solchen Krisenzeiten?
Sven Regener: Man hat immer Angst, dass der Verein den Anschluss verliert. Wenn man jetzt ein paar Jahre nicht in der Champions League spielen würde, wäre man finanziell bald in der zweiten Reihe – und dann wird es schwer. Spieler, die in Bremen zu Superstars geworden sind, so wie Diego, waren natürlich relativ billig, aber nie superbillig. Das ist nicht wie früher, als man mal eben kurz Manni Burgsmüller einkaufte.
Billig in Relation zu solchen Summen, die jetzt in Spanien ausgeschüttet werden. Schockiert Sie das noch – 94 Millionen für Christiano Ronaldo?
Sven Regener: Man kann sich ja nicht einmal eine Million richtig vorstellen. Wahrscheinlich verkauft Real Madrid in dem Moment, in dem die den Wechsel bekannt geben und das Trikot rauskommt, zwei Millionen von diesen T‑Shirts. So ein Ding kostet dann meistens 50 Euro, und überlegen Sie mal – das sind 100 Millionen Euro Umsatz, 100 Millionen verdammte Scheiß-Euro Umsatz! Mit wahrscheinlich 20 Millionen Kosten fürs Handling, Versand und den ganzen Kram. (überlegt) Na ja, sagen wir mal 50 Millionen Kosten, scheiß der Hund drauf, so. Also haben die am ersten Tag, wenn klar ist, das Ronaldo kommt, 50 Millionen schon wieder drin. Da ist noch nicht ein einziges Mal der Ball berührt worden.
Komisches Geschäft, oder?
Sven Regener: Nein, das ist nicht komisch, das ist ein ganz normales Geschäft. Es gibt ja auch anderswo Riesen-Summen, wo man sich einfach nur wundert, wie die zustande kommen. Und andererseits: Es tut dem Verein gut, der das viele Geld bekommt. Werder Bremen zum Beispiel lebt schon seit ewigen Zeiten davon, die Spieler billiger einzukaufen als sie dann zu verkaufen. Das ist ein wichtiger Bestandteil von deren Budgetierung. Insofern ist es doch eigentlich ganz gut, das Geld bleibt ja auch irgendwo, das wird ja nicht verbrannt.
Darf man bei solchen horrenden Summen denn trotzdem mit der Moral kommen und sagen, das ist einfach zu viel Geld in Relation zu dem Arbeiter, der sich die Dauerkarte vom Mund absparen muss?
Sven Regener: Ich weiß noch, wie Maradona nach Neapel kam. Und wenn es irgendwo eine Gegend gibt in Italien, von der man sagt, da haben die Leute nun überhaupt kein Geld, dann ist es – Neapel! Da habe ich aber nicht einmal davon gehört, dass die Italiener gesagt haben, uh, mein Gott, ich lebe hier von 20.000 Lire im Monat und der Typ kriegt hier Milliarden. Die haben alle gesagt, ey geil, wir können uns Maradona leisten. Und das ist auch eine Möglichkeit, die Sache zu sehen.
In Deutschland würde das aber nicht funktionieren.
Sven Regener: Doch, das funktioniert auch in Deutschland. Bei Vereinen, die sich das leisten können, sagen die Leute doch auch, klasse, wir haben jetzt den und den. Die Klage über das viele Geld gehört zum Fußball, seit ich denken kann. Und es ist ja auch nicht so, dass der normale Sparkassenangestellte nur einen Pfennig mehr verdienen würde, wenn Olaf Thon einen Pfennig weniger verdient hätte. Von daher ist die ganze Aufregung auch einfach mal für die Katz.
Sie gehören also nicht zu der Sorte Fußballfan, der sich nach früher sehnt, die ehrlichen Typen vermisst und am liebsten wieder in der Betonschüssel Fußball gucken würde?
Sven Regener: Wenn man sagt, dass passt mir alles nicht mehr, ist das kein Problem: Auch in der 4., 5. und 6. Liga wird Fußball gespielt – kostet nichts. Ich wohne in der Nähe vom Jahnsportpark, da wird jeden Samstag Fußball gespielt, da wird noch geschwitzt und gebrüllt: „Ich haue dir auf die Schnauze, du Arschloch, gib doch mal ab!“ Das kannst du alles haben, wenn du auf so einen Scheiß stehst.
Hans Meyer sagte in einem Interview mit 11FREUNDE: „Wir brauchen niemanden, der uns den Fußball bunt macht. Was auf dem Platz passiert, ist bunt genug.“ Könnten Sie sich vorstellen, dass ein Trainer wie Hans Meyer mit seinen Fans einen Pakt schließt: Wir scheißen jetzt darauf, was der Boulevard schreibt, Borussia Mönchengladbach wird nie wieder Deutscher Meister, uns geht es nur um den Klassenerhalt – und wenn wir den erreicht haben, freuen wir uns alle gemeinsam?
Sven Regener: Als Trainer musst du eine Menge einstecken können, und wenn es scheiße läuft, dann bist du einfach schuld – dafür brauche ich auch nicht die „BILD“-Zeitung, das wissen die Leute auch so. Man darf als Ziel schon mal nur den Klassenerhalt ausgeben, aber das kann nicht der ganze Grund sein, warum man Fußball spielt. Man wird ja wohl noch träumen dürfen – einmal Deutscher Meister! In den Siebzigern haben die Fans im Weserstadion immer gesungen: „Werder Bremen Superstar, Deutscher Meister nächstes Jahr“ (lacht). Das war natürlich immer ein großer Witz, wenn man dann gerade zwischen dem 13. und 15. Platz pendelte und irgendwie versuchte, die Klasse zu halten. (schüttelt den Kopf) Am Ende ist man dann abgestiegen, Saison 1979/80, und das auch zurecht. Dann wurde der Verein erneuert, und man war plötzlich oben mit dabei, das war eine ganz komische Sache.
Worauf wollen Sie hinaus?
Sven Regener: Es ist im Fußball immer undurchdringlich, was letztendlich wirklich passiert. Die Motivation der Leute, die Gründe, warum man Fußball so faszinierend findet, sind letztendlich unerklärlich. Genauso unerklärlich, wie warum man das eine Lied toll findet und das andere doof, die eine Musik schön und die andere nicht. Und von zehn Leuten, die sagen, wir sind Fans von Werder Bremen, gibt es wahrscheinlich elf verschiedene Meinungen zu allen möglichen Themen. Deswegen würde ich sagen, man kann solche Absprachen zwar treffen, aber es wird nichts nützen. Und es wäre, glaube ich, letztendlich auch nicht gut. Es würde die Sache ziemlich fade machen. Ja, ja, von jetzt an bis in alle Ewigkeit spielen wir nur noch um den Klassenerhalt. Uuuh, wie spannend (lacht).
Ist es die Aufgabe des Fußballs, in einer pluralistischen Gesellschaft, in der es immer mehr Subkulturen gibt, ein Ort zu sein, an dem sich alle Menschen treffen können – in der Begeisterung, im Torschrei?
Sven Regener: Ich glaube zwar nicht, dass man bei einem Weltmeisterschaftsendspiel mit deutscher Beteiligung heute noch mit dem Fahrrad auf der Autobahn fahren könnte (lacht). Aber es stimmt schon, Sport an sich ist etwas – wie auch die Kunst –, das über das normale Leben hebt. Menschen, die werktags völlig unterschiedliche Situationen vorfinden, sind sich plötzlich alle einig: Wir jubeln jetzt diesem Verein zu, weil es unser Verein ist! Aber sagen Sie, was macht eigentlich Sepp Piontek? Lebt der noch?
Ja, der lebt noch. Wie kommen Sie jetzt auf den?
Sven Regener: Der war doch damals in der Meistermannschaft von Werder Bremen. Wann war das noch? 1965? Und Pico Schütz wohnte bei uns um die Ecke in der Vahr. „Mensch, Pico, wieder gut gespielt!“ – und so.
Ist das nicht doch die gute, alte Zeit – Pico Schütz am Gartenzaun?
Sven Regener: Es gab ja keinen Gartenzaun, das war im Neubauviertel. Wenn es wenigstens einen Gartenzaun gegeben hätte…
…dann wäre es die gute, alte Zeit gewesen.
Sven Regener (lacht): Ach, wissen Sie, das hatte auch alles seine Vor- und Nachteile. Ich hätte Pico Schütz schon gegönnt, dass er damals genug Geld verdient hätte. Aber man kann die Zahnpasta nicht in die Tube zurück stopfen. Das bringt einfach nichts.
Am 18. September veröffentlichen „Element Of Crime“ ihr neues Album „Immer da wo du bist bin ich nie“.