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Sou­leyman Sané, Ihre Geschwister leben in Paris, Ihre Eltern sind zurück in den Senegal gegangen. Sie blieben in Bochum-Wat­ten­scheid. Wieso?

Ich fühle mich hier sehr wohl, ich mag die Men­schen, zudem habe ich hier auch meine beruf­liche Basis: Ich ver­suche momentan ein eigenes Tex­til­un­ter­nehmen auf­zu­bauen und arbeite als Scout bei einer pri­vaten Spie­ler­ver­mitt­ler­firma. Wenn ich mir ein Bun­des­li­ga­spiel anschauen will, dann muss ich von Bochum maximal ein­ein­halb Stunden fahren – inso­fern ist Wat­ten­scheid ein per­fekter Wohnort. Ein anderer Grund für meinen Ver­bleib war meine Frau, die hier lange Zeit in der rhyth­mi­schen Gym­nastik tätig war und in der Tex­til­branche arbei­tete.

Haben Sie nie Heimweh gehabt?


Wissen Sie, ich lebe jetzt schon seit so vielen Jahren hier. Deutsch­land ist meine Heimat geworden. Natür­lich freue ich mich, wenn ich Bekannte und Ver­wandte in Paris oder im Senegal besuche. Aber Heimweh? Nein, das nicht.

Als Sie Mitte der 80er Jahre nach Deutsch­land kamen, wurden Sie aller­dings nicht gerade herz­lich emp­fangen.

Ich erlebte ein ganz anderes Niveau von Ras­sismus, als ich es gewohnt war. Das stimmt. Aber ich machte anfangs auch gute Erfah­rungen. Ich ging damals aus Paris für den Mili­tär­dienst nach Donau­eschingen und spielte nebenher in der Ver­bands­liga. Die Mann­schaft hat mich sehr unter­stützt – ich sprach zu der Zeit ja über­haupt kein Deutsch, konnte mich also nicht gegen die ras­sis­ti­schen Belei­di­gungen der Zuschauer wehren. Meine Mann­schafts­kol­legen sagten stets: Samy, hör nicht auf diese Leute! Die wissen, dass du gut bist und wollen dich des­halb ver­un­si­chern. Mach dein Spiel, und wenn wir gewinnen, dann hast du gewonnen!“

Fühlten Sie sich trotz der Belei­di­gungen wie ein Gewinner?

In gewisser Weise schon. Ich lernte wäh­rend meiner Mili­tär­zeit einen Berufs­sol­daten aus Frank­reich kennen, der schon länger in Deutsch­land lebte. Das war viel­leicht meine wich­tigste Begeg­nung zu der Zeit. Der Mann sagte mir eines Tages: Bleib hier und kämpfe! Weg­laufen bringt nichts!“ Er glaubte daran, dass ich eine Art Grund­stein im deut­schen Fuß­ball legen könnte.

Und Sie glaubten auch daran?

Ja. Ich war damals einer der ersten Schwarzen auf den Fuß­ball­plätzen in Deutsch­land. Ich war der festen Über­zeu­gung, dass ich Pio­nier­ar­beit leisten könnte. Und auch wenn ich in Frank­reich mehr Geld ver­dient hätte, wollte ich in Deutsch­land bleiben. Ich dachte immer: Samy, du kannst hier etwas bewegen!

Haben Sie etwas bewegt?

Ich glaube schon. Wir haben damals für die Akzep­tanz von schwarzen Spie­lern gekämpft. Und heute ist sie größ­ten­teils da. Zwar nicht immer, aber die Fans und Spieler haben gelernt, tole­ranter zu sein.

In den späten 80er Jahren waren viele Fans nicht sehr lern­willig. In Ham­burg oder auf Schalke pras­selten über Jahre hinweg Bananen und ras­sis­ti­sche Schmäh­rufe auf Sie ein. Haben Sie nie gedacht: Jetzt reicht es, ich gehe zurück nach Frank­reich?

Manchmal. In Frank­reich hatte ich solche Ras­sismen nie erlebt. Da war es voll­kommen normal, dass Men­schen unter­schied­li­cher Her­kunft, Haut­farbe und Kultur zusam­men­spielen. Die Hälfte der Mann­schaften bestand aus Aus­län­dern, aus Migranten. Sie hatten afri­ka­ni­sche Wur­zeln, ara­bi­sche oder ita­lie­ni­sche. Es war bunt durch­mischt. Und die fran­zö­si­schen Fans waren an diesen mul­ti­kul­tu­rellen Cha­rakter der Teams gewöhnt.

In Deutsch­land schien es fast so, als hätten die Men­schen Angst vor dem schwarzen Mann.

Ja, sie fürch­teten sich regel­recht. Es gab sei­ner­zeit sehr wenige Schwarze in Deutsch­land. In man­chen Dör­fern kannten die Bewohner dun­kel­häu­tige Men­schen nur aus dem Fern­sehen – sie hatten Afri­kaner noch nie zuvor in Natura gesehen. Für diese Leute war das ein rich­tiger Schock, als sie das erste Mal einen Afri­kaner an der Ampel sahen. Und in der Bun­des­liga waren Schwarze auch die Aus­nahme. Es gab die Stars Anthony Yeboah, Tony Baffoe und ein paar wenige andere.

Es klingt fast so, als ob Sie die Fans“, die Bananen und Orangen nach Ihnen warfen, ver­stehen können.


Nein, ver­stehen kann ich sie nicht. Aber so schlimm der Ras­sismus in den Sta­dien auch war, ich emp­finde heute keinen Hass gegen diese ver­meint­li­chen Fans. Das waren für mich unzu­frie­dene Men­schen. Denen ging es privat viel­leicht nicht gut, die hatten keine Arbeit, Pro­bleme in der Ehe oder ähn­li­ches. Und die sind dann ins Sta­dion gegangen und haben ihre Wut raus gelassen. Das war wie ein Ventil für die.

Fanden Sie es nicht erschre­ckend, wie eine kleine Gruppe eine ganze Kurve zum kol­lek­tiven Affen­ge­schrei ani­mieren konnte?

Sicher. Aber wie Sie sagen: Es war immer eine kleine Gruppe, das waren ein paar Wenige. Diese Mas­sen­wir­kung konnte sich nur dann ent­falten, wenn ihre Mann­schaft zurücklag. Dann dachte auch der Rest: Jetzt ver­wirren wir den Gegner, und wir fangen beim besten Mann an.“ Ich glaube, viele von denen machten das ganz unbe­wusst. Die waren ja nicht alle Ras­sisten.

Viele würden Ihnen per Defi­ni­tion wider­spre­chen. Fehlten in den späten 80er Jahren viel­leicht auch Auf­klä­rungs­kam­pa­gnen, die dar­über infor­mierten, wann Ras­sismus anfängt?

Viel­leicht. De facto gab es damals kaum Dis­kus­sionen über dieses Thema. Anthony Yeboah, Tony Baffoe und ich schrieben des­halb einen öffent­li­chen Brief an alle Fuß­ball­fans. Danach grün­deten sich einige Orga­ni­sa­tionen, die über Ras­sismus in Fuß­ball­sta­dien infor­mierten, und auch die Ver­eine begannen, sich mit der The­matik zu beschäf­tigen.

Wie sieht gute Auf­klä­rungs­ar­beit für Sie aus?

Ich denke, dass die schon zu Hause anfangen muss. Die Eltern müssen ihren Kin­dern erklären, warum die Men­schen unter­schied­liche Haut­farben haben, warum sie unter­schied­liche Spra­chen spre­chen und unter­schied­liche Gewohn­heiten pflegen. Und sie müssen ihnen bei­bringen, mit jedem Men­schen respekt­voll umzu­gehen, egal wel­cher Her­kunft er ist. Sie müssen ihnen aus der Geschichte Deutsch­lands erzählen, dar­über berichten, dass vor 40 oder 50 Jahren Ita­liener und Türken nach Deutsch­land geholt wurden, um dieses Land auf­zu­bauen. Und man muss den Kin­dern ver­deut­li­chen, dass alle von­ein­ander lernen können, und dass man nie­mals pau­scha­li­sieren soll. Natür­lich gibt es schlechte Schwarze, es gibt genauso gut auch schlechte Deut­sche, Polen, Fran­zosen. Was mich immer sehr auf­ge­regt hat, war dieses stän­dige Ver­all­ge­mei­nern.

Sie wurden in einem DFB-Pokal-Spiel gegen den HSV im Volks­park­sta­dion 90 Minuten lang mit Neger-raus-Rufen beschimpft. Sie gewannen mit Wat­ten­scheid 2:1 und erzielten selbst ein Tor. Danach sagten Sie: Nix Neger raus, der HSV ist raus!“. Waren Spiele wie diese eine beson­dere Moti­va­tion für Sie?

Manchmal. Wie ich schon sagte: Am Anfang habe ich die Leute nicht ver­standen. Ich wusste, dass sie mich beschimpfen, aber ich ver­stand nicht, was sie sagten. Und ich konnte mich verbal nicht ver­tei­digen. Ich war also anfangs voll­kommen machtlos. Ich ver­suchte die Sprüche zu igno­rieren oder sie als Moti­va­tion zu sehen. Ich wollte diesen Ras­sisten die Stirn bieten.

Tony Baffoe begeg­nete dem Ras­sismus sehr offensiv. Einem Fan, der ihn ras­sis­tisch belei­digte, ent­geg­nete er: Du kannst auf meiner Plan­tage arbeiten!“ War dieser iro­ni­sche Umgang mit Ras­sismus für Sie eine Option?

(lacht) Der Tony war immer so. Und er beherrschte die deut­sche Sprache per­fekt. Er sprach besser Deutsch als manch Deut­scher. Dann kann man das natür­lich machen. Dann kann man den Ras­sisten mit Ironie bloß­stellen. Aber für mich war das schwierig – eben auf­grund der Sprach­bar­riere. Ich konnte nur über Tore und gute Spiele die Ras­sisten mundtot machen. Immer wenn diese Affen­rufe los­gingen, dachte ich: Gleich schieße ich ein Tor, und dann seid Ihr stumm!

Es war auch Tony Baffoe, der sagte: Ein Afri­kaner muss mehr Leis­tung bringen als ein Deut­scher.“ Sind Sie der­selben Mei­nung?

Das gilt nicht nur für Afri­kaner, das gilt gene­rell für Aus­länder. Und das hat auch nichts damit zu tun, dass der Aus­länder per se benach­tei­ligt wird, son­dern das liegt ein­fach an dem Fakt, dass der Spieler extra aus dem Aus­land geholt wurde. Das ganze Umfeld – also Presse, Fans und auch Mit­spieler – fragt sich doch: Warum holt man den Spieler aus dem Aus­land? Der muss etwas Beson­deres können. Und die wissen auch, dass wir Afri­kaner die Sportart ganz gut beherr­schen. Die Erwar­tungs­hal­tung ist also sofort hoch. Und ähn­lich ist es ja auch, wenn ein Bra­si­lianer ver­pflichtet wird oder wenn ein Deut­scher nach Afrika geht.

Nicht nur die Fans beschimpften Sie, auch die Spieler. Der Kölner Paul Steiner pöbelte mal: Scheiß Nigger, hau ab! Was willst du in Deutsch­land?“ Hat er sich jemals dafür ent­schul­digt?

Ach, das ist fast 20 Jahre her, und ich habe das längst ver­gessen. Ein Spruch im Eifer des Gefechts. Viel­leicht war das damals auch sein Mittel, um mich aus­zu­schalten. Andere ziehen, spu­cken oder foulen. Er belei­digte mich. Er wusste wahr­schein­lich selbst, dass das nicht kor­rekt war. Er denkt heute bestimmt auch anders. Wir sind ja erwachsen geworden.

Wie sind die Fans mit Ihnen abseits des Sta­dions umge­gangen?


Da habe ich erstaun­li­cher­weise nie Pro­bleme mit Fans gehabt. Wenn mich Leute auf der Straße gesehen haben, grüßten sie mich, fragten nach einem Auto­gramm oder schauten schüch­tern weg. Oft scherzten die auch mit mir: Guck, da kommt der Samy, der trifft das Tor aus zwei Metern nicht.“ Selbst in Ham­burg waren die Leute immer freund­lich. Meine Frau kommt aus Winsen an der Luhe, das liegt süd­lich von Ham­burg. Ich hatte dort nie Pro­bleme. Es schien fast so, als ob die Fan­kurven die Men­schen irgendwie ver­wan­delten.

Vor einigen Monaten warf Gerald Asa­moah dem Dort­munder Roman Wei­den­feller vor, er habe ihn ras­sis­tisch belei­digt. Glauben Sie, dass der Ras­sismus in der Bun­des­liga immer noch trau­riger Alltag ist?

Klar, das ist immer noch ein aktu­elles Thema. Viel­leicht ist der Ras­sismus nicht mehr so stark wie früher, er ist viel­leicht auch etwas sub­tiler geworden. Doch es gibt heute immer noch Spieler, die Vor­ur­teile gegen Aus­länder haben. Und wenn Wei­den­feller den Gerald Asa­moah wirk­lich ras­sis­tisch belei­digt hat, dann ist das ganz bitter, denn das macht viel Auf­klä­rungs­ar­beit kaputt. Gerade als Profi ist man immer auch ein Vor­bild. Und da darf dir so etwas nicht pas­sieren. Man kann sagen: Du bist ein Arsch­loch!“ Das ist okay. Wir spielen ja Fuß­ball und da kochen die Emo­tionen mal hoch. Aber ras­sis­ti­sche Belei­di­gungen dürfen einem Bun­des­li­ga­spieler nicht pas­sieren. Kinder achten ja genau darauf, was ihre Stars machen – auch meine Kinder. Die schauen sich den Ronald­inho an und imi­tieren ihn dann, sagen Dinge, die er sagt und gucken so, wie er guckt.

Ihre Söhne spielen auch Fuß­ball. Was würden Sie ihnen raten, wenn heute ein Bun­des­li­ga­verein anfragen würde?

Schaut nicht aufs Geld! Das ist das große Pro­blem in unserer Gesell­schaft, alle schauen zuerst aufs Geld. Natür­lich braucht man Geld, ohne Geld kann man nicht leben. Doch man soll erstmal kleine Bröt­chen backen. Wenn du wirk­lich etwas gezeigt hast, dann kannst du mehr Geld ver­langen – und meis­tens kommt das Geld dann ganz auto­ma­tisch. Doch heute muss alles schnell gehen. Die jungen Talente machen vier oder fünf gute Spiele und denken, sie sind Top­stars. Oft sind sie ja nach einer halben Saison schon Natio­nal­spieler. Früher musste man drei oder vier Jahre kon­stant gut spielen, bis man für die Natio­nal­mann­schaft spielen durfte. Man musste sich über Jahre beweisen.

Fehlt heute auch der Respekt vor der älteren Spie­ler­ge­nera­tion?


Ja, absolut. Früher mussten die jungen Spieler immer die Taschen der Älteren tragen. Es war ganz normal, dass die Stars aus dem Mann­schaftsbus stiegen und gera­de­wegs in die Umklei­de­ka­bine gingen. Die Jung­spunde mussten dann die Koffer und Taschen hin­terher tragen. Wenn heute ein älterer Spieler von einem jungen Spieler for­dert, dass er seine Tasche tragen soll, wird der Junge ant­worten: Trag sie doch selber!“

Waren Sie anders?


Ich glaube schon. Ich habe seit meiner Kind­heit davon geträumt, Fuß­ball­profi zu werden. Und des­halb habe ich es anfangs auch akzep­tiert, dass ich weniger ver­dient habe als die erfah­renen Spieler. Ich habe teil­weise für umge­rechnet 100 Euro gespielt. Ab und zu gab es noch eine kleine Beloh­nung, ein Bonbon.

Müssen sich die jungen den erfah­renen Spie­lern anpassen?


Man darf die Indi­vi­dua­lität natür­lich nicht kom­plett über Bord werfen. Aber man sollte kritik- und lern­fähig sein. Ich war zu Beginn meiner Kar­riere ein sehr ball­ver­liebter Spieler. Als ich nach Frei­burg kam, war dort ein Jugo­slawe Trainer, der sehr auf Dis­zi­plin ach­tete. Ich wurde wegen meinem Spiel­stil auf die Tri­büne ver­bannt. Der Trainer sagte: Samy, so lange du nicht ein­fach spielst, bleibst du dort sitzen!“ Und ich ver­suchte mein Spiel umzu­stellen. Das dau­erte bestimmt ein halbes Jahr. In Frank­reich war ich diese Ball­kunst gewöhnt, da zählte es oft­mals mehr, wenn du drei oder vier Spieler aus­steigen lässt, als wenn du ein Tor erzielst.

Doch Sie konnten Ihr Spiel letzt­end­lich umstellen.

Ja. Das ist im Grunde eine ganz ein­fache Rech­nung: In Eins-zu-eins-Situa­tionen gehst du alleine und suchst das Dribb­ling, in Zwei-zu-eins-Situa­tionen gibst du ab (lacht).

Wer waren die Vor­bilder Ihrer Kind­heit?

Becken­bauer, Breitner, Pele, Zico und Cruyff. Und natür­lich Pla­tini und Tigana. In der Schule und auf dem Bolz­platz haben wir Kinder uns jeden Tag einen anderen Namen gegeben.

Und Ihr Lieb­lings­verein?

Von den deut­schen Klubs fand ich Bayern Mün­chen, den 1. FC Köln und Borussia Mön­chen­glad­bach toll. In Frank­reich liebte ich Olym­pique Mar­seille, Tou­louse, St. Eti­enne, Girondis Bor­deaux und Paris St. Ger­main.

Acht Lieb­lings­ver­eine?

(lacht) Ach, Sie wissen doch, wie das ist. Als kleines Kind wech­selt man die Lieb­lings­ver­eine einmal pro Woche. Und man sucht sich immer die stärkste Mann­schaft, das Team, das die meisten Stars und Natio­nal­spieler hat. Im Ruhr­pott sind fast alle Kinder BVB- oder Schalke-Fans. Die anderen mögen Bayern.

Von Girondis Bor­deaux erhielten Sie vor ihrem Wechsel zu Wat­ten­scheid sogar ein attrak­tives Angebot?

Ja, das stimmt. Ich bekam auch welche vom HSV und vom FC St. Pauli. Auch Uer­dingen und Düs­sel­dorf haben mal ange­fragt. Doch ich ent­schied mich für Wat­ten­scheid.

Der Kon­takt nach Frank­reich brach den­noch nie ab. Als Sie in Frei­burg spielten, wollte der fran­zö­si­sche Ver­band Sie als Natio­nal­spieler haben. Sie ent­schieden sich aber für den Senegal.


Damals war Michel Pla­tini Trainer der Natio­nal­mann­schaft. Er ist sogar nach Nürn­berg gekommen. Ich war mit ihm essen, und er hat ver­sucht, mich zu über­reden, für Frank­reich zu spielen. Ich war natür­lich sehr begeis­tert. Doch dann kam dieser Trainer… der, der schon überall war. Wie heißt der noch mal?

Otto Pfister?

Genau. Der war vorher Trainer im Senegal gewesen. Er gab dem sene­ga­le­si­schen Fuß­ball­ver­band einen Tipp. Die Leute im Ver­band wussten bis dato nicht, dass ich einen sene­ga­le­si­schen Pass besitze. Auf­grund meines Spitz­na­mens Samy dachten die, dass ich eine andere Natio­na­lität habe. Zwei Wochen vor meinem ersten Spiel für Frank­reich haben die meinen Vater ange­rufen und ihm richtig ins Gewissen geredet. Er war dann Feuer und Flamme und for­derte von mir, dass ich für den Senegal spiele. Eigent­lich tat ich immer das Gegen­teil von dem, was mein Vater sagte (lacht).

Doch dieses Mal gaben Sie nach.

Ja. Es war meinem Vater ein­fach sehr wichtig, dass ich für unser Hei­mat­land spiele. Und auch wenn ich nie bei einer Welt­meis­ter­schaft teil­nahm, habe ich es nicht bereut.

Sie machten 55 Län­der­spiele. Kurz nach Ihrem Rück­tritt qua­li­fi­zierte sich der Senegal für die WM in Süd­korea und Japan. War das nicht frus­trie­rend?

Es war einer­seits schade, ande­rer­seits habe ich mich riesig gefreut.

Wo haben Sie den Sieg der sene­ga­le­si­schen Natio­nal­mann­schaft im Eröff­nungs­spiel gegen Frank­reich gesehen?

Am Strand. Ich war damals mit der Mann­schaft der Wat­ten­scheider Lan­des­li­ga­mann­schaft Leithe im Urlaub auf Mal­lorca. Und das Spiel war der abso­lute Wahn­sinn. Ich erin­nere mich noch an die Worte des Prä­si­denten: Ihr seid Welt­meister, ihr könnt nach Hause kommen!“ Und es war ja wirk­lich so. Wir fühlten uns wie die Welt­meister.

Ähn­lich wie nach Siegen mit Wat­ten­scheid gegen den FC Bayern?

(lacht) Der Sieg vom Senegal über Frank­reich war schon toller. Obwohl die Siege gegen Bayern auch phä­no­menal waren. Da hatten wir über Wochen einen Frei­fahrts­schein. Die Leute in Bochum-Wat­ten­scheid sagten dann: Jetzt könnt ihr auch absteigen, ihr habt ja die Bayern geschlagen.“

Wäre es ein Traum für Sie, Natio­nal­trainer vom Senegal zu werden?

Es ist mein größter Traum. Aber leider sitzen im Ver­band sehr eng­stir­nige und kon­ser­va­tive Leute, die auf ihren Plätzen kleben. Viele ehe­ma­lige Spieler würden gerne Funk­tionen im Ver­band oder im Trai­ner­stab über­nehmen, und ich denke auch, dass wir den jungen Spie­lern helfen könnten. Wir haben ja eine ganz andere Ver­bin­dung zu denen, wir sind auf einer Wel­len­länge mit den Spie­lern. Aber diese alten Männer wollen ihre Posten nicht auf­geben. Das ist so eine Art Mafia.

Warum werden Sie nicht Trainer in Deutsch­land?


Es gibt ja unglaub­lich viele Trainer hier. Und momentan gibt es auch viele Top­trainer, die arbeitslos sind und die auf einen Job warten. Von daher ist es gar nicht so ein­fach, wie man viel­leicht denkt. Auch wenn man ein ehe­ma­liger Bun­des­li­ga­spieler ist (über­legt). Obwohl… eigent­lich ist das eine super Idee: Samy Sané, der erste schwarze Trainer der Bun­des­liga (lacht).


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