Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Rainer Bonhof, Franz Roth, als Spieler trafen Sie das erste Mal am 14. April 1971 auf dem Bökel­berg auf­ein­ander. Borussia Mön­chen­glad­bach gewann 3:1 gegen den FC Bayern.
Franz Roth: Das gibt es doch gar nicht (lacht).

Rainer Bonhof, Sie wurden in der 69. Minute für Jupp Heyn­ckes ein­ge­wech­selt.
Rainer Bonhof: Da war ich also noch Stürmer, aber mit Bulle habe ich im Spiel prak­tisch nie zu tun gehabt. 
Franz Roth: Meine Auf­gabe bestand meist darin, den Günter (Netzer, d. Red.) in Mann­de­ckung zu nehmen …
Rainer Bonhof: … und wir haben dir dann den Hacki (Wimmer) auf die Füße gestellt. 
Franz Roth: Seltsam, den wollte Weis­weiler immer gegen mich. Und so standen wir dann stets irgendwo zu dritt auf dem Platz rum. 

Rainer Bonhof, welche Auf­gabe hatte Trainer Hennes Weis­weiler ihnen zuge­dacht?

Rainer Bonhof: Ich küm­merte mich Anfang der Sieb­ziger um Gustl Starek, und als der weg­ging, spielte ich fast immer gegen den Uli (Hoeneß)

Das können Sie so genau sagen?
Rainer Bonhof: Es waren über­schau­bare Zeiten, Trans­fers selten. Ich wusste oft ein Jahr vorher, wer beim Spiel gegen Bayern mein Gegen­spieler sein würde. Das hatte einen Vor­teil: Wenn der sich im Hin­spiel etwas geleistet hatte, wurde die Rech­nung im Rück­spiel begli­chen. Man dachte: Nächsten Monat habe ich wieder den Uli, packen wir das Paket doch noch mal an …“ 

Betrachtet man die Jahre 1970 bis 1979, stehen neun Siege der Bayern sechs Siegen der Glad­ba­cher gegen­über. Fünfmal spielten Ihre Teams unent­schieden in der Bun­des­liga.
Rainer Bonhof: In Mün­chen haben wir fast immer schlecht aus­ge­sehen.
Franz Roth: Stimmt, wir hatten komi­scher­weise viel mehr Pro­bleme mit Werder Bremen und dem 1. FC Kai­sers­lau­tern.
Rainer Bonhof: Aller­dings ist die Sta­tistik doch relativ aus­ge­wogen. Unsere Pro­blem­klubs hießen eher Hertha BSC und Ein­tracht Braun­schweig.

Ein­tracht Braun­schweig?
Rainer Bonhof: Ja, das war eine furcht­bare Mann­schaft. Die Spieler waren alle 1,90 Meter groß und extrem kantig. Das lag uns ein­fach nicht. Eine andere Erklä­rung gibt es nicht. 

In Mün­chen haben Sie in den kom­pletten Sieb­zi­gern kein Mal gewonnen. Gibt es dafür denn eine Erklä­rung?
Rainer Bonhof: Das spielte sich in der Birne ab. Die Bayern hatten so viel Selbst­ver­trauen zuhause und standen so gut, dass wir schon vorher wussten, wie schwer es wird. 1977 haben wir in Mün­chen am letzten Spieltag einmal mit 2:0 geführt – dann macht der Dicke (Gerd Müller) den Anschluss­treffer, und in der letzten Minute schießt Hans-Jürgen Witt­kamp ein Eigentor. 
Franz Roth: Sie müssen bedenken, dass wir damals in Mün­chen vier­ein­halb Jahre lang unge­schlagen waren. Vielen Geg­nern merkte man schon beim Auf­laufen an, dass sie nicht davon aus­gingen, hier irgendwas zu gewinnen. 

Gab es eigent­lich eine Art von Initi­al­zün­dung für die beson­dere Bedeu­tung des Duells zwi­schen Glad­bach und Bayern?
Rainer Bonhof: Der Auf­stieg beider Klubs im Jahre 1965. Denn beide Ver­eine setzten sich bald in den vor­deren Tabel­len­rängen fest, inso­fern war von Anfang an eine beson­dere Riva­lität vor­handen. 
Franz Roth: Wobei man sagen muss, dass wir von Anfang an immer ein biss­chen weiter vorne lagen (lacht). Wir wurden schon 1969 Deut­scher Meister. 
Rainer Bonhof: Und wir dann 1970 und 1971. 
Franz Roth: Danach wir gleich dreimal in Folge. 
Rainer Bonhof: Was wir dann von 1975 bis 1977 wie­der­holten. 
Franz Roth: Unsere beiden Klubs haben prak­tisch zehn Jahre die Bun­des­liga beherrscht. 
Rainer Bonhof: Ich habe mich später mal mit Hennes Weis­weiler dar­über unter­halten. Da hat er zuge­geben, dass es ihn wirk­lich gefuchst hat, dass beide Klubs gemeinsam auf­stiegen, aber die Bayern früher Meister wurden. 

Wurde dieses Duell auch von den Fans gelebt?
Franz Roth: Im Rahmen. Glad­bach war bei unseren Fans kein ver­hasster Verein. Wir sind auch gern zum Bökel­berg gefahren, da war eine tolle Stim­mung, wenn der Manolo trom­melte. 

Worin unter­schied sich die Stim­mung von anderen Gast­spielen?
Franz Roth: In Kai­sers­lau­tern spürte man den Hass. Wenn man da zu nah am Zaun stand, konnte es pas­sieren, dass ein Zuschauer einen mit dem Schirm durch die Absper­rung stach. Heute fahren die Teams im Bus ins Sta­dion, aber damals mussten wir vorm Spiel mit den Kof­fern durch die Menge. In Lau­tern wurde einem Angst und Bange, dass die einen abste­chen. 

Für die Fans waren Spiele zwi­schen Glad­bach und Bayern High­lights. Wie war es für die Spieler?
Rainer Bonhof: Natür­lich waren es Sai­son­hö­he­punkte. Schließ­lich spielte da immer der Erste gegen den Zweiten oder maximal Dritten. Da ging es um die Wurst.
Franz Roth: Zumal es auch spie­le­risch zwei­fellos die besten Bun­des­li­ga­spiele in dieser Ära waren.

Was machte diese Spiele aus?
Rainer Bonhof: Zunächst einmal, dass bei uns acht Spieler aus dem west­deut­schen Raum in der Startelf standen – und bei denen acht aus Bayern. 

Wie war das mög­lich?

Franz Roth: Unser Manager Robert Schwan legte viel Wert darauf, Spieler aus der Region zu ver­pflichten: Franz (Becken­bauer, d. Red) und Sepp (Maier) kamen aus Mün­chen, Gerd (Müller) aus Nörd­lingen, Uli (Hoeneß) aus Ulm, Paul (Breitner) aus Frei­las­sing, Bernd Dürn­berger aus Kirch­ans­chö­ring, dazu ich aus Kauf­beuren. Heute gibt es bei Bayern fünf Dol­met­scher. 
Rainer Bonhof: Wir hatten mit Ulrik Le Fevre und später auch mit dem Alan Simonsen gerade mal einen Dänen in unserem Team. 
Franz Roth: Bei uns spielte der Öster­rei­cher Gustl Starek, aber der sprach gut deutsch. Den Ein­zigen, den man bei uns schwer ver­stand, war ab 1973 der Rhein­länder Jupp Kapell­mann. 

Wenn Sie die Spieler der dama­ligen Bayern-Elf auf­zählen, klingt es rück­bli­ckend fast wie eine Welt­aus­wahl.
Rainer Bonhof: Kein Klub könnte sich heute so ein Team zusammen kaufen. Allein Gerd Müller würde eine Mil­li­arde Euro Ablöse kosten, Paul Breitner 500 Mil­lionen, Kat­sche Schwar­zen­beck wäre der teu­erste Abwehr­spieler der Welt. Und was müsste man wohl für den Franz bezahlen …

Warum waren die Regionen in Sachen Fuß­ball so fruchtbar?
Franz Roth: Meines Erach­tens lag es daran, dass wir uns voll mit dem Klub iden­ti­fi­zierten. Wenn Branko Zebec nachts um ein Uhr gesagt hätte: Wir trai­nieren jetzt“, wären wir dage­wesen. Wir waren eine ver­schwo­rene Gemein­schaft. Wenn wir sams­tags vom Spiel in Glad­bach zurück­flogen, war es normal, dass wir gemeinsam ins Take Five“ in Schwa­bing gingen. 
Rainer Bonhof: Wie oft haben wir uns abends ver­ab­redet, um am nächsten Tag vorm offi­zi­ellen Trai­ning vier gegen zwei zu spielen.
Franz Roth: Wenn das Trai­ning um halb vier anfing, waren wir um halb drei auf dem Platz, stellten den Sepp in die Kiste und hauten ihm ohne Auf­wärmen eine Stunde lang die Dinger drauf. 

Lernte man auch fuß­bal­le­risch in Ihren Duellen noch dazu?
Rainer Bonhof: Als junger Spieler war es ein Traum. Wir gewannen unsere Spiele mit 5:4 und die Bayern mit 1:0, aber beide Sys­teme waren sehr inter­es­sant. 
Franz Roth: Udo Lattek hatte bei uns den Ergeb­nis­fuß­ball von Branko Zebec über­nommen. 
Rainer Bonhof: Und als er 1975 zu uns kam, ver­suchte er dieses System auch bei uns ein­zu­führen. 

Das ging so ein­fach?
Rainer Bonhof: Natür­lich nicht. Wir waren es schließ­lich gewohnt, mit Mann und Maus zu stürmen. Solange der Günter bei uns spielte, sind wir immer mit min­des­tens fünf Spie­lern nach vorne gerannt. Meis­tens hat der Hacki den Günter, noch wäh­rend der mit dem Ball nach vorne lief, über­holt. Kurzum: Wir haben viel auf­wän­diger gespielt als die Bayern. Denn wenn unser Angriff abge­schlossen war, mussten alle Mann ja wieder zurück. 

Wie lief das bei den Bayern?
Rainer Bonhof: Bei denen hat der Bulle, Bernd Dürn­berger oder Rainer Zobel den Ball nach vorne getrieben, dann wurde im Dop­pel­pass über die Flügel gespielt, und solange der Dicke vorne drin stand, gab es fast immer einen Abschluss. 
Franz Roth: Da brauchten wir uns keine Sorgen zu machen. Der Dicke machte fast immer sein Ding, auch wenn er mit Berti (Vogts, d. Red.) einen gehö­rigen Waden­beißer gegen sich hatte.

Von diesem Duell hing ver­mut­lich viel ab?
Rainer Bonhof: Absolut. Wobei man sagen muss, dass der Gerd in Mön­chen­glad­bach des Öfteren als Abwehr­spieler auf­lief.

Gerd Müller in der Abwehr?
Rainer Bonhof: Naja, ich habe jeden­falls mal mit­be­kommen, wie der Gerd einmal in der Abwehr auf­tauchte und der Franz ihm zurief: Was willst du denn hier? Geh’ nach vorne.“ Darauf ant­wor­tete der Dicke: Ich mag nicht mehr. Geh’ du doch nach vorne und spiel’ gegen den Berti …“

Konnte man Gerd Müller über­haupt aus­schalten?
Rainer Bonhof: Im Prinzip nicht. Wir mussten bei den Spielen gegen Bayern des­halb immer wieder umstellen. Mal spielte ich gemeinsam in der Dop­pel­achse als Innen­ver­tei­diger gegen ihn. Oder ich spielte im defen­siven Mit­tel­feld, und Berti über­nahm ihn hinten. Beim Gerd blieb einem sowieso nichts anderes übrig, als pau­senlos an ihm dran zu bleiben und die Bälle abzu­blo­cken. Aber das war bei einem wie ihm über 90 Minuten fast unmög­lich. Und das Schlimmste war, wenn der Franz von hinten kam und mit dem Außen­rist den Dop­pel­pass suchte. 

Gab es ein Rezept dagegen?
Rainer Bonhof: Es gab nur zwei Mög­lich­keiten. Ent­weder ich war früh genug da, um den Pass vorm Gerd abzu­fangen, oder ich ging ein Stück weg von ihm, ließ ihn seine berühmte Dre­hung machen und grätschte dann in den Ball. 
Franz Roth: Der Dicke rieb die Gegner auf. Berti Vogts hatte kein Pro­blem damit, der wollte eh keine Tore schießen. Aber der Rainer sollte sich zwi­schen­durch ja auch mal ins Angriffs­spiel ein­schalten, aber das war unmög­lich, denn den Dicken durfte man nicht eine Sekunde aus den Augen lassen.

Stellten die Bayern auch um, wenn es gegen Glad­bach ging?
Franz Roth: Nein, wir haben immer das­selbe System gespielt.

Daran konnten auch unter­schied­liche Trainer nichts ändern?
Franz Roth: Kaum. Ende der Sech­ziger hatte Branko Zebec das System geprägt und es zog sich in meiner Zeit weit­ge­hend durch – bis zu Pal Csernai. Udo Lattek war schlau genug zu erkennen, dass das System Erfolg hatte. Dettmar Cramer wollte es ver­än­dern, aber das gelang ihm nicht. Franz hinten, der Dicke vorne. Und dann spielten wir Dop­pel­pässe. Das war ein­fach drin.

Die Mann­schaft stellte sich quasi von selbst auf
Franz Roth: Würde ich so sagen. 

Würden Sie zustimmen, wenn wir behaup­teten, dass die Bayern in ihrer großen Zeit Sicher­heits­fuß­ball spielten?
Franz Roth: Mehr als die Glad­ba­cher jeden­falls. Unser System beruhte auf Ball­si­cher­heit. Bei uns wurde kein Ball blind nach vorne gedro­schen. Sepp war es prak­tisch ver­boten, einen langen Abschlag zu machen. Wenn ein Ver­tei­diger nach vorne mar­schierte, nahm sofort ein Mit­tel­feld­spieler dessen Posi­tion ein. Ging Franz mit, blieb immer einer zurück, so dass wir in der Abwehr in Über­zahl waren. Das machte Spiele gegen Glad­bach so beson­ders: Denn da konnte es vor­kommen, dass wir trotz Fünfen in der Abwehr plötz­lich gegen sechs Stürmer spielten.

Waren Sie nei­disch auf den offen­siven Fuß­ball der Foh­lenelf?

Franz Roth: Nicht nei­disch. Wir haben uns ein­fach schöne Duelle mit vielen Toren gelie­fert. Davon haben beide Teams pro­fi­tiert. Oder haben Sie irgendein Spiel gefunden, dass 0:0 aus­ge­gangen ist?

In den Sieb­zi­gern kein ein­ziges. Im Mai 1974 haben Sie sogar mal 5:0 in Glad­bach am letzten Spieltag ver­loren.
Rainer Bonhof: Ich erin­nere mich. Da hatten die am Tag zuvor im Wie­der­ho­lungs­spiel gegen Atle­tico Madrid das erste Mal den Lan­des­meis­tercup gewonnen. Die standen zudem als Meister fest, da konnte nichts mehr pas­sieren, also hatten sie nachts nicht allzu viel geschlafen und auch gehörig gefeiert.
Franz Roth: Wir gas­tierten in einem Hotel direkt neben dem Bökel­berg­sta­dion. Und vor dem Spiel haben wir uns dort auf der Wiese in der Sonne gelegt und gedöst.

Eine leichte Beute also.
Rainer Bonhof: Nor­ma­ler­weise wäre es ein solides Unent­schieden geworden, es lag ja nicht in unserer Absicht, den neuen Meister vor­zu­führen. Die Bayern sollten den Titel bei uns feiern. Doch dann leis­tete sich Sepp Maier nach einem Eck­ball den Spaß, unserem Stürmer Bernd Rupp, der zwei Köpfe kleiner war als er, den Ball kurz mal auf den Kopf zu tippen. So was ging ja nun gar nicht. Also haben wir die 5:0 weg­ge­fa­ckelt. 

Ab wann war der FC Bayern eigent­lich der inter­na­tio­nale Spit­zen­klub, als der er heute gilt?
Rainer Bonhof: Am Anfang über­haupt nicht. Die Spiele an der Grün­walder Straße waren von der Kulisse auch nicht anders als auf dem Bökel­berg. Die Geburts­stunde des FC Bayern als großer Verein war der Umzug ins Olym­pia­sta­dion 1972. Sie müssen bedenken, dass sich der Etat eines Bun­des­li­ga­klubs damals zu achtzig Pro­zent aus den Ticket­ver­käufen zusam­men­setzte. Mit einem Schlag hatten die Münchner mehr als dop­pelt soviel Zuschau­er­plätze wie wir. 

Wie hoch war zu dieser Zeit der Etat von Borussia?
Rainer Bonhof: Wir fingen bei etwa sechs Mil­lionen Mark an und lan­deten später bei viel­leicht 15 Mil­lionen. Da hatten die Bayern schon einen Jah­res­etat von 35 Mil­lionen Mark.
Franz Roth: Damals hatten wir fast 80.000 Zuschauer im Olym­pia­sta­dion und im Euro­pacup kos­teten schon damals die besten Plätze bis zu 80 Mark.

Die finan­zi­elle Schere öff­nete sich.
Franz Roth: Wie sollte es auch anders sein. Bei Spit­zen­spielen wichen wir ab und an ins Rhein­sta­dion nach Düs­sel­dorf aus. Aber wenn die mal wieder zu viel Sta­di­onmiete ver­langten, spielten wir im Euro­pacup eben vor 34.000 auf dem Bökel­berg. Stellen Sie sich nur mal vor: Das 7:1 gegen Inter Mai­land im Lan­des­meis­tercup im Oktober 1971 wurde nicht im Fern­sehen über­tragen, weil das Fern­sehen nicht die 6000 Mark bezahlen wollte, die unser Manager Helmut Gras­hoff noch zusätz­lich für die Über­tra­gung gegen das Top-Team haben wollte. Und weil die bei der ARD davon aus­gingen, dass wir gegen Inter eh keine Chance hätten, fiel das Spiel im Fern­sehen eben aus. Das hätte Bayern-Manager Robert Schwan nie ris­kiert. Was inter­es­sierten den die paar Mark zusätz­lich vom Fern­sehen, wenn das Olym­pia­sta­dion voll war? Aber wir waren auf das Geld ange­wiesen. 

Wenn heute ein Spieler wie Bonhof in Glad­bach spielen würde, stünde er garan­tiert auf der Ein­kaufs­liste von Uli Hoeneß …
Franz Roth: … und für den würde der Uli auch einiges hin­blät­tern. Da bin ich mir absolut sicher.

Damals waren solche Wechsel aber noch nicht üblich.
Franz Roth: Über­haupt nicht. Erst der Uli hat den Bann gebro­chen, als er 1984 Lothar Mat­thäus holte. Aller­dings bekam ich 1975 einmal einen Anruf von Dettmar Cramer, der fragte, ob ich nicht Lust hätte, nach Mün­chen zu wech­seln.

Und Sie sagten ab.
Rainer Bonhof: Ich sagte: Herr Cramer, warum sollte ich? Unsere Teams machen doch seit Jahren die Meis­ter­schaft unter sich aus. Da bleibe ich doch hier.“ 

Dettmar Cramer hat seine Anfrage sicher auch mit ein paar wirt­schaft­li­chen Argu­menten unter­füt­tert.

Rainer Bonhof: Geld spielte damals ein­fach nicht die ent­schei­dende Rolle. Von mir aus, viel­leicht hätte ich beim FC Bayern 100.000 Mark mehr ver­dient, aber ich war nun mal Glad­ba­cher. 
Franz Roth: Und ich war Münchner. Als ich ein Angebot aus Mai­land hatte, bin ich zum Schwan gegangen und habe gefragt, ob er mein Gehalt ein biss­chen anpassen würde. Auch wenn es nachher nicht so viel wie in Ita­lien war, unter­schrieb ich für wei­tere drei Jahre. 

Udo Lat­teks Credo lau­tete, bei Pro­blemen in der Mann­schaft einen zünf­tigen Team­a­bend mit reich­lich Alkohol abzu­halten, damit sich die Ver­hält­nisse wieder sor­tierten.
Rainer Bonhof: Solche Rituale habe ich eher bei Weis­weiler erlebt. Der kam schon mal Mitt­woch nach einem Aus­wärts­spiel an und sagte: Kommt Jungs, wir trinken einen zusammen“. Udo machte es etwas anders: Als wir mal eine gute Hin­serie gespielt hatten, ver­ord­nete er uns einen Gran Canaria Urlaub. Da hatten wir dann alle zwei Tage Trai­ning und haben es uns den Rest der Zeit gut­gehen lassen.

Und wie lange wurde mit Weis­weiler gezecht?

Rainer Bonhof: Das über­legte sich jeder Spieler zweimal. Denn wenn wir Don­ners­tag­mor­gens zurück­flogen, ging es vom Flug­hafen direkt zum Trai­ning. Und dort nahm Weis­weiler auf keinen Rück­sicht – das wussten wir. 

Wie gingen Trainer wie Hennes Weis­weiler, Udo Lattek oder Branko Zebec mit Miss­erfolg um?

Rainer Bonhof: Wenn es bei uns nicht lief, hat es bei Weis­weiler nach köl­scher Art richtig im Karton gerap­pelt. Lattek war rhe­to­risch etwas geschlif­fener, der ging es etwas ruhiger an. 

Franz Roth: Zebec hat sich kom­plett zurück­ge­zogen. Der sagte Sachen einmal und das war’s. Bei Lattek wussten wir nie so recht, wo wir dran sind: Hatten wir am Samstag super gespielt, ließ er mon­tags trai­nieren wie ein Ver­rückter. Gingen wir gna­denlos unter, gab er uns trai­nings­frei. Je nach Lust und Laune. 

Wel­cher Mit­spieler in Ihren jewei­ligen Traum­teams wird, ver­gli­chen mit anderen, aus heu­tiger Sicht eher ver­kannt?
Franz Roth: Der Kat­sche Schwar­zen­beck. Zu seiner Zeit war er einer der besten Vor­stopper der Welt, ganz wichtig für unser System. 
Rainer Bonhof: Bei uns war es Jürgen Witt­kamp. Der war viel­leicht nicht der Schnellste, aber der konnte ein Spiel lesen und stand immer schon da, wenn etwas pas­sierte. Der war Welt­klasse. Schade, dass er völlig in Ver­ges­sen­heit geraten ist. Der hätte auch einen Platz in der Natio­nalelf ver­dient gehabt, aber da spielte damals eben der Kat­sche.

Rainer Bonhof, Bulle Roth, gab es einen Spieler auf geg­ne­ri­scher Seite, der Ihnen beson­ders impo­niert hat? 
Franz Roth: Der Bonhof (lacht). Wir hatten beide ein ähn­li­ches Durch­set­zungs­ver­mögen, eine gute Kon­di­tion und eine gesunde Härte.
Rainer Bonhof: Ich fand Bulle auch immer klasse. Der hat sich nie beschwert. Wir spielten beide unter der Vor­aus­set­zung: Du hast den Ball und ich will den haben. Und wenn du den anderen dabei mal getroffen hast, dann war das eben so …