Mit Dynamo Dresden kehrt Patrick Ebert im DFB-Pokal zu Hertha BSC zurück – nach Jahren voller Trubel und Turbulenzen. Der Berliner über seine Jugend in Kreuzberg, die Freundschaft zu den Boatengs und seine Ziele mit Dynamo.
Dieses Interview mit Patrick Ebert erschien erstmals in unserem Bundesliga-Sonderheft im Juli 2018. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhältlich.
Patrick Ebert, Sie sind 1987 in Potsdam geboren, nach der Wende aber mit Ihrer Mutter nach Berlin-Kreuzberg gezogen. Waren Sie dort als Kind aus dem Osten ein Außenseiter?
Der Anfang war hart, vor allem der erste Nachmittag. Ich war zehn Jahre alt und wollte Fußball spielen gehen. Bei mir im Viertel gab es überall Käfige, diese Art von Plätzen kannte ich davor noch nicht, deswegen war ich total neugierig. Also bin ich alleine mit meinem Ball unterm Arm losgezogen. Als kleiner blonder Junge mitten im Kreuzberg der Neunziger, wo sonst fast nur Jungs mit türkischen Wurzeln herumhingen, ein kleines Abenteuer. Ich kam im Käfig an, und die anderen Jungs schossen mir sofort den Ball weg. Ich holte ihn wieder und ging zurück auf den Platz. Also schossen sie ihn wieder über den Zaun. Das ging eine Woche lang so, jeden Tag, immer hin und her. Bis ich all meinen Mut zusammennahm und sagte: „Ich will jetzt mitspielen.“ Sie ließen mich mitspielen – und ich dribbelte ihnen Knoten in die Beine. Ab diesem Moment gehörte ich dazu.
War Ihre Herkunft ein Thema?
Nein, wichtig waren in den Kreisen, in denen ich aufgewachsen bin, nur zwei Dinge: Dass man standhaft blieb. Und dass man sich nicht verarschen ließ.
Die Wende war für ostdeutsche Familien ein tiefer Einschnitt. Was hat sie für Ihre bedeutet?
Neue Probleme. Für meine Mutter gab es davon schon vor der Wende genug, sie hatte eine bewegte und schwierige Jugend. In Potsdam war sie vor dem Mauerfall als Hausbesetzerin aktiv, was in der DDR zwangsläufig zu Problemen führte. Ich war noch zu jung, um die Zusammenhänge zu kapieren, aber natürlich hat mich das geprägt. Sie hat mich und meine Schwester alleine großgezogen, nach 1989 musste sie dann unser komplettes Leben neu ordnen, einen Job finden, mehrfach umziehen.
Nach fast 30 Jahren hat der Fußball Sie zurück nach Ostdeutschland geführt. Was wussten Sie über Dynamo Dresden, bevor Sie dort einen Vertrag unterschrieben haben?
Dynamo steht für leidenschaftliche Fans, die die Mannschaft pushen. Die aber auch mal stinkig sein können, wenn es nicht so gut läuft. Wenn das Stadion voll ist, brennt hier die Hütte. Und, wie soll ich das formulieren? Mich macht es schon geil, wenn mir 30 000 Fans zuschauen. Das bringt mehr Spaß beim Zocken. Bisher war ich außerdem immer anerkannt bei den Fans. Durch meine Einstellung, durch meinen Kampfgeist, durch meine Emotionen. Ich denke, dass die Leute in Dresden genau diese Art Spielertyp auch sehen wollen.
Es wäre das Happy End einer schwierigen Zeit. Im Sommer 2017 haben Sie plötzlich keinen Verein mehr gefunden.
Moment. Ich habe nur zu viele Sachen abgesagt. Das war ein Fehler meinerseits, ich habe meine Chancen falsch eingeschätzt. Ich wusste nicht, dass man als 30-Jähriger schon so zu kämpfen hat am Markt. Irgendwann kamen keine Angebote mehr. Die Kader waren voll und ich stand dumm da. Keine leichte Situation.
Im Winter landeten Sie beim FC Ingolstadt. Dort kamen Sie aber nur zu vier Einsätzen.
Dass ich kaum gespielt habe, lag nicht an mir.
Sondern?
Der Trainer fand einen anderen Spieler besser und hat mir keine Chance gegeben. Ich habe wirklich alles gemacht, was ich hätte tun können. Morgens war ich 90 Minuten vor den anderen in der Kabine, da haben die noch geschlafen. Abends blieb ich eine Stunde länger da. Ich konnte fünf Wochen am Stück überragend trainieren, es hat nichts verändert.