Kickers Offenbach wurde in der vergangenen Saison souverän Meister – und stieg dennoch nicht auf. Geschäftsführer David Fischer und Trainer Rico Schmitt sprechen über einen turbulenten Sommer.
David Fischer und Rico Schmitt, Kickers Offenbach ist in der vergangenen Saison mit zehn Punkten Vorsprung Meister in der Regionalliga geworden. Dennoch sind Sie nach zwei verlorenen Relegationsspielen gegen Magdeburg nicht aufgestiegen. Wie sind Sie mit dieser Enttäuschung umgegangen?
Rico Schmitt: Da gab es schon das eine oder andere Frustbier oder Glas Wein. Auch wenn ich sicherlich nicht so viel getrunken habe, wie es Dirk Schuster in Darmstadt gemacht haben dürfte (lacht).
David Fischer: Ich bin eigentlich recht nüchtern bei der Beurteilung, aber der Schock war natürlich da. Man ist gerädert. Dennoch geht man am nächsten Tag ganz normal ins Büro und packt die Dinge wieder an. Es geht weiter und muss weiter gehen, so schwer es auch fällt.
Schmitt: Wir hatten am Montag ein gemeinsames Essen, dabei habe ich mit Herrn Fischer über die neue Saison gesprochen, wir haben vereinbart, das Geschehene erst einmal kurz sacken zu lassen.
Sie haben überlegt, als Trainer aufzuhören.
Schmitt: Ich bin drei Tage mit der Familie weggefahren, habe mit vielen Leuten gesprochen. Einige Freunde haben mir gesagt: „Hör auf, das Ganze ist vorgeprägt, es wird nicht besser. Im September sagen sie dir, dass du die Mannschaft nicht erreichst oder kein Feuer mehr hast.“ Andere Vereine wie Lotte, Neustrelitz oder Kassel sind im Jahr nach dem verpassten Aufstieg auch ins Straucheln geraten – deren Trainer wurden alle entlassen.
Wann fiel Ihre Entscheidung, doch weiterzumachen?
Schmitt: Wir haben uns eine Frist gesetzt bis zum Ende jener Woche nach dem Spiel. Das ist dann leider in den Medien anders kommuniziert worden. Ich habe mich aus ganzem Herzen entschlossen, die Herausforderung anzunehmen, schließlich hatte ich genau deshalb erst im letzten Dezember meinen Vertrag verlängert. Am Donnerstag nach dem Relegationsspiel habe ich mich also mit Herrn Fischer verständigt: Es geht weiter!
Neben der ungewissen Situation um den Trainer hatte der Verein ein anderes Problem: Nur acht Spieler hatten einen Vertrag für die Regionalliga.
Fischer: Mit den Spielern muss man fair umgehen. Sie haben nur eine gewisse Zeit, Geld zu verdienen und eine sportliche Perspektive zu haben. Wir haben im Frühjahr mit allen gesprochen, positive Signale gesendet und uns gemeinsam mit den Spielern darauf verständigt, dass wir die Verträge erst nach den Relegationsspielen angehen. Sie können nicht blind 20 Spielerverträge unterschreiben, ohne die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig von der Ligazugehörigkeit zu kennen. Gerade bei der Historie, die Kickers mit dem Insolvenzverfahren vor zwei Jahren hat, muss man in dieser Hinsicht gewissenhaft und wirtschaftlich bedacht vorgehen.
Kam Ihnen die Situation trotz des Meistertitels wie die Stunde Null vor?
Fischer: Wir standen ja nicht im luftleeren Raum, hatten vorgeplant und auch von vielen Spielern früh positive Signale erhalten. Im Endeffekt konnten wir viele Leistungsträger halten, dennoch eine Bluttransfusion mit jungen, gierigen und talentierten Spielern durchführen. Jetzt haben wir eine gefestigte Truppe mit viel Fantasie, dazu den Rückhalt der Fans, dokumentiert durch über 3300 verkaufte Dauerkarten.
Der Führungsstreit bei den Kickers trat aber öffentlich zutage. Das Präsidium des Vereins plädierte für Ihre Ablösung, Herr Fischer. Ihnen wurde zudem vorgeworfen, beinahe die Anmeldung der Mannschaft verpasst zu haben.
Fischer: Die entsprechenden Verbände werden sicherlich bestätigen, dass die jeweiligen Zulassungsunterlagen pünktlich eingereicht wurden. Die finale Anmeldung kann nur erfolgen, wenn man weiß, in welcher Liga man spielt. Dafür mussten wir die Relegationsspiele abwarten.
Schmitt: Wenn man immer wieder in Frage gestellt wird, ist dies eine schwierige Situation. Man entwickelt das Gefühl mehr geduldet als erwünscht zu sein. Magdeburg hat es uns vorgemacht, wie ein Verein geschlossen auftritt – von der Spitze bis zum Sanitäter. Diese Gemeinsamkeiten auch in den Gremien müssen gegeben sein, um erfolgreich zu arbeiten.
Der Aufsichtsrat kam der Forderung des Präsidiums nicht nach. Doch wie arbeiten Sie jetzt mit Personen zusammen, die Sie loswerden wollten?
Fischer: Wir arbeiten professionell und sind weiter handlungsfähig. Der Aufsichtsrat hat sich klar positioniert, was meine Person angeht. Ich gehe davon aus, dass wir unseren Platz hier gefunden haben. Wir alle sollten nun wieder Ruhe einkehren lassen und Vertrauen in die handelnden Personen zeigen.