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Max Eberl, Sie haben hier in Ihrem Büro eine Flip­chart, die offen­sicht­lich eine Über­sicht der Jahre gibt, seit Sie 2008 Sport­di­rektor von Borussia Mön­chen­glad­bach geworden sind. Was heißen die Kürzel HM, MF und LF?
Hans Meyer, Michael Front­zeck, Lucien Favre. Bei den Halb­se­rien stehen immer die Punkte, die wir geholt haben, um Ten­denzen zu erkennen.

2010/11 haben Sie einen Blitz ein­ge­zeichnet?
Genau, das war dieses Loch, wo wir nach zehn Punkten in der Hin­runde Michael Front­zeck ent­lassen haben müssen.

Damals haben Sie Lucien Favre ver­pflichtet. Wie sind Sie auf ihn gekommen?
Ich haben ihn 2008 noch als Jugend­di­rektor der Borussia ken­nen­ge­lernt. Ich wollte damals wissen, wie die Schweizer Nach­wuchs­aus­bil­dung orga­ni­siert ist, denn es ist bemer­kens­wert, dass ein so kleines Land bis heute einen guten Spieler nach dem anderen her­aus­bringt. Ich durfte Lucien zuhause besu­chen und wir haben uns drei­ein­halb Stunden auf seiner Veranda, den Mont Blanc im Hin­ter­grund, über Fuß­ball unter­halten. Das war stress­frei, weil weder er mir was ver­kaufen wollte noch anders­herum. Dabei habe ich ihm auch unsere Kon­zep­tion gezeigt, und er fand sie gut. Als ich weg­ge­fahren bin, hatte ich ein biss­chen den Plan im Kopf: Wenn du irgend­wann mal was machen dürf­test, wäre das ein Trainer, wo es gut passen könnte.

Es musste auch passen, denn Glad­bach stand nicht nur im Abstiegs­kampf, son­dern zugleich gab es die Bemü­hungen der Initia­tive Borussia“ den Klub grund­le­gend zu ver­än­dern und das gesamte Füh­rungs­per­sonal aus­zu­tau­schen. Wie haben Sie die Zeit erlebt?
Ich glaube bis heute, und das ist keine Wort­hülse, dass die Fans ganz ent­schei­dend dazu bei­getragen haben, dass wir die Liga gehalten haben. Sie haben ab der 60. Minute im Rele­ga­ti­ons­spiel gegen Bochum nicht gepfiffen – was normal wäre, wenn es gegen einen Zweit­li­gisten 0:0 steht. Wir haben das 1:0 nur des­halb geschossen, weil wir bis zur 94. Minute daran geglaubt haben.

Oder weil eben die Zuschauer dran geglaubt haben.
Genau, weil sie das Gefühl hatten, da ist was mög­lich. Das hat uns allen viel Kraft gegeben, auch für die anschlie­ßende poli­ti­sche Ent­schei­dung auf der Jah­res­haupt­ver­samm­lung. Ich durfte dort fest­stellen, dass die Glad­bach-Anhänger nicht nur Anhänger eines Ver­eins sind, son­dern sich auch mit der Sache beschäf­tigen. Wir hatten nur mit Hängen und Würgen die Klasse gehalten, und uns gegen­über stand eine Oppo­si­tion von Heroen aus Mön­chen­glad­bach wie Stefan Effen­berg oder Horst Köppel. Trotzdem haben die Leute gesagt: Wir ver­trauen denen, auch wenn wir in diesem Jahr vor allem frus­triert worden sind. Das war für mich ein ganz ent­schei­dender Punkt seit 1999, als bei Borussia die heu­tige Füh­rung mit der Arbeit begonnen hat.

Seither zeigt die Kurve auf ihrer Flip­chart auf­wärts. Trotzdem gehört es inzwi­schen zur Bun­des­liga-Folk­lore, dass Lucien Favre immer sehr unent­schlossen ist, ob er einen Spieler haben will oder nicht. Wie gehen Sie damit um?
Ich glaube, dass diese angeb­liche Unent­schlos­sen­heit daher kommt, dass er ver­sucht, alle Even­tua­li­täten zu klären, alles zu kennen.

Wie oft sind Sie denn kopf­schüt­telnd aus Dis­kus­sionen mit ihm gegangen?
Wir sind schon ein paar mal aus­ein­an­der­ge­gangen, wo man gedacht hat Mann, Mann, Mann…“ Aber das ist Teil eines Pro­zesses gewesen, den wir beide durch­laufen haben.

Ist der abge­schlossen?
Ja, absolut. Mit Lucien und mir sind zwei Men­schen auf­ein­an­der­ge­troffen, die sich gerne aus­tau­schen und um die Sache dis­ku­tieren. Lucien ist 57 Jahre alt, ich bin gerade mal 41, er hat also auch unglaub­lich viel Lebens­er­fah­rung. Da wäre es auch ver­messen zu sagen: Ich weiß, wie es geht!“

Aber es hat offen­sicht­lich einige Zeit gedauert, bis sie sich beide zusam­men­ge­rauft haben.
Natür­lich. Lucien musste Borussia erst ken­nen­lernen. Er hat gesehen, dass bei uns Trans­fers nicht ein­fach mal so aus dem Ärmel geschüt­telt werden, son­dern mit Bedacht gear­beitet wird. Ich glaube, es ist normal, dass ein Trainer sich an einen Verein und seine Per­sonen gewöhnen muss, und genauso gilt es andersrum. Aber dieser Pro­zess wurde immer ver­trau­ens­voller und hat nie sta­gniert. Anfangs hieß es: Eberl und Favre können nicht mit­ein­ander. Das aber war immer Quatsch, und inzwi­schen bin ich der Mei­nung: Lucien Favre passt per­fekt zu Borussia Mön­chen­glad­bach, aber Glad­bach passt auch per­fekt zu Lucien Favre. Und diese Behaup­tung ist mitt­ler­weile mit Leben und mit Ver­gan­gen­heit gefüllt.