Herr Bode, in einem erfolg­rei­chen Modell­pro­jekt haben Sie im Land Bremen Schach als Grund­schul­fach ein­ge­führt. Nach der Aus­wer­tung sind Lehrer und Schulen zufrieden und wollen ver­län­gern. Warum zwingen Sie 1.500 Erst­klässler in Bremen zum Schach?
Marco Bode: Es ist nicht ver­pflich­tend. Wir haben allen Grund­schulen im Land Bremen ange­boten, mit­zu­ma­chen. Ich war total über­rascht, wie groß die Reso­nanz war. Wir wollen mit unserem Pro­jekt Schach macht schlau“ schu­li­sche Leis­tungen ver­bes­sern oder ein­fach gesagt: Bil­dung för­dern. Wenn man sich mit Schach beschäf­tigt, lernt man, auf­merksam zu sein, Regeln zu begreifen und ein­zu­halten. Man ver­sucht zu gewinnen, aber lernt auch zu ver­lieren. Man muss vor­aus­schauend denken – lernt also lauter Dinge die offen­sicht­lich auch für die Schule hilf­reich sein können. Und viel­leicht finden wir nebenbei für Wer­ders Schach-Abtei­lung noch ein paar Talente.

Sie haben selbst als Kind in der Schule Schach gelernt. Wie kam es dazu?
Eigent­lich bin ich nur zur Schach-AG gegangen, weil die Fuß­ball-AG voll war. Aber ich habe es sofort geliebt und es im nächsten Schul­jahr wieder gewählt. Seitdem bin ich Schach-Fan. Ich habe auch kurz im Verein gespielt, aber das hat sich nicht mit Fuß­ball und anderen Sport­arten ver­ein­baren lassen – es ist ein schönes Hobby geblieben.

Inwie­fern hat es Sie in Ihrer Ent­wick­lung beein­flusst?
Ich glaube schon, dass Schach mir in der Schule geholfen hat. Aber das war nicht der Ansatz für unser Pro­jekt. Der Anlass war ein Lehrer hier in Bremen, der mit allen Erst­kläss­lern Schach gespielt hat. Er merkte: Die Kinder lernen viel besser, wenn ich Ihnen das bei­bringe. Es gibt auch Stu­dien, die diese Thesen stützen. Und so sind wir auf die Idee gekommen, Schach in den Unter­richt ein­zu­führen. Glück­li­cher­weise haben wir eine sehr mutige Bil­dungs­se­na­torin mit Claudia Bogedan (SPD), die das Pro­jekt mit­trägt. Schach wird natür­lich im Unter­richt gespielt – eine Stunde pro Woche ist Pflicht – und etwas anderes fällt dafür weg.

Und sind die Bremer Kinder jetzt schlauer?
Wir über­prüfen natür­lich, ob es wirksam ist. Wenn es nichts bringt, kann man es auch sein lassen. Dann kann man die Stunde auch für Mathe oder Deutsch nutzen. Aber die These ist schon, dass man nach­weisbar schu­li­sche Leis­tungen ver­bes­sern kann. Das erste Feed­back ist jeden­falls sehr positiv.

Gibt es Fair­play auch beim Schach und würden Sie sich als fairen Spieler bezeichnen?
Es gibt Fair­play, weil man beim Schach mogeln kann. In der Schach-Bun­des­liga müssen alle Spieler ihre Handys abgeben, bevor das Spiel los­geht – weil es wohl Fälle gab, wo geschum­melt wurde. Die Begeg­nungen werden ja zum Teil live im Internet über­tragen. Jemand kann von draußen die Par­tien nach­rechnen lassen und von Com­pu­tern den nächsten Zug machen lassen. Und ja, ich würde schon sagen, dass ich fair spiele.

Aber braucht man beim Schach nicht dre­ckige Tricks und fiese Stra­te­gien, um zu gewinnen?
Ja, auf dem Brett natür­lich. Wobei ich das nicht als dre­ckige Tricks bezeichnen würden, son­dern als tolle Stra­tegie oder gute Kom­bi­na­tion. Es geht um die intel­lek­tu­elle Fähig­keit, einen bes­seren Plan zu ent­werfen als das Gegen­über. Natür­lich ist Schach, wenn man das Bild­hafte betrachtet, ein krie­ge­ri­scher Sport. Und im Übrigen auch unde­mo­kra­tisch: Es geht um wich­tige Könige, die über­leben müssen, und unbe­deu­tende Bauern, die man opfern kann. Warum ich mich im Schach enga­giere, hat aber natür­lich andere Gründe. Ich glaube, dass man im Schach vieles lernen kann: Unter anderem auch Fair­play. Es ist ein faires Spiel mit klaren Regeln – alles findet offen­sicht­lich auf dem Brett statt, nichts ist im Ver­bor­genen.

Bräuchten Schwalben-Könige in der Bun­des­liga und vor allem im DFB-Pokal aus Ihrer Sicht auch mal eine Schach­stunde?
Ich finde, man könnte auch im Fuß­ball mal wieder über Sport­lich­keit und Fair­play reden. Unab­hängig von ein­zelnen Fehl­ent­schei­dungen nerven mich bestimmte Klei­nig­keiten wie das ewige Rekla­mieren – etwa wenn der Ball ins Sei­tenaus geht und vier Spieler Ein­wurf haben wollen. Mich nerven Schwalben und meine Mei­nung zum Video-Assis­tenten habe ich auch schon oft gesagt. Es sind nicht die Fehl­ent­schei­dungen, die dem Fuß­ball Pro­bleme machen, son­dern man­gelndes Fair­play. Ich wün­sche mir, dass es gelingt, in die Rich­tung von anderen Sport­arten wie Hand­ball, Hockey oder Rugby zu kommen: Mit weniger Dis­kus­sionen, Meckern und Bedrängen des Schiris auf dem Platz.