Marco Bode ist Werder-Legende, Europameister und der fairste Spieler der Bundesligageschichte. Heute wird er 50 Jahre alt! Im Interview erzählt er, warum er Grundschüler zum Schach-Spielen zwingt und was das Besondere an Florian Kohfeldt ist.
Herr Bode, in einem erfolgreichen Modellprojekt haben Sie im Land Bremen Schach als Grundschulfach eingeführt. Nach der Auswertung sind Lehrer und Schulen zufrieden und wollen verlängern. Warum zwingen Sie 1.500 Erstklässler in Bremen zum Schach?
Marco Bode: Es ist nicht verpflichtend. Wir haben allen Grundschulen im Land Bremen angeboten, mitzumachen. Ich war total überrascht, wie groß die Resonanz war. Wir wollen mit unserem Projekt „Schach macht schlau“ schulische Leistungen verbessern oder einfach gesagt: Bildung fördern. Wenn man sich mit Schach beschäftigt, lernt man, aufmerksam zu sein, Regeln zu begreifen und einzuhalten. Man versucht zu gewinnen, aber lernt auch zu verlieren. Man muss vorausschauend denken – lernt also lauter Dinge die offensichtlich auch für die Schule hilfreich sein können. Und vielleicht finden wir nebenbei für Werders Schach-Abteilung noch ein paar Talente.
Sie haben selbst als Kind in der Schule Schach gelernt. Wie kam es dazu?
Eigentlich bin ich nur zur Schach-AG gegangen, weil die Fußball-AG voll war. Aber ich habe es sofort geliebt und es im nächsten Schuljahr wieder gewählt. Seitdem bin ich Schach-Fan. Ich habe auch kurz im Verein gespielt, aber das hat sich nicht mit Fußball und anderen Sportarten vereinbaren lassen – es ist ein schönes Hobby geblieben.
Inwiefern hat es Sie in Ihrer Entwicklung beeinflusst?
Ich glaube schon, dass Schach mir in der Schule geholfen hat. Aber das war nicht der Ansatz für unser Projekt. Der Anlass war ein Lehrer hier in Bremen, der mit allen Erstklässlern Schach gespielt hat. Er merkte: Die Kinder lernen viel besser, wenn ich Ihnen das beibringe. Es gibt auch Studien, die diese Thesen stützen. Und so sind wir auf die Idee gekommen, Schach in den Unterricht einzuführen. Glücklicherweise haben wir eine sehr mutige Bildungssenatorin mit Claudia Bogedan (SPD), die das Projekt mitträgt. Schach wird natürlich im Unterricht gespielt – eine Stunde pro Woche ist Pflicht – und etwas anderes fällt dafür weg.
Und sind die Bremer Kinder jetzt schlauer?
Wir überprüfen natürlich, ob es wirksam ist. Wenn es nichts bringt, kann man es auch sein lassen. Dann kann man die Stunde auch für Mathe oder Deutsch nutzen. Aber die These ist schon, dass man nachweisbar schulische Leistungen verbessern kann. Das erste Feedback ist jedenfalls sehr positiv.
Gibt es Fairplay auch beim Schach und würden Sie sich als fairen Spieler bezeichnen?
Es gibt Fairplay, weil man beim Schach mogeln kann. In der Schach-Bundesliga müssen alle Spieler ihre Handys abgeben, bevor das Spiel losgeht – weil es wohl Fälle gab, wo geschummelt wurde. Die Begegnungen werden ja zum Teil live im Internet übertragen. Jemand kann von draußen die Partien nachrechnen lassen und von Computern den nächsten Zug machen lassen. Und ja, ich würde schon sagen, dass ich fair spiele.
Aber braucht man beim Schach nicht dreckige Tricks und fiese Strategien, um zu gewinnen?
Ja, auf dem Brett natürlich. Wobei ich das nicht als dreckige Tricks bezeichnen würden, sondern als tolle Strategie oder gute Kombination. Es geht um die intellektuelle Fähigkeit, einen besseren Plan zu entwerfen als das Gegenüber. Natürlich ist Schach, wenn man das Bildhafte betrachtet, ein kriegerischer Sport. Und im Übrigen auch undemokratisch: Es geht um wichtige Könige, die überleben müssen, und unbedeutende Bauern, die man opfern kann. Warum ich mich im Schach engagiere, hat aber natürlich andere Gründe. Ich glaube, dass man im Schach vieles lernen kann: Unter anderem auch Fairplay. Es ist ein faires Spiel mit klaren Regeln – alles findet offensichtlich auf dem Brett statt, nichts ist im Verborgenen.
Bräuchten Schwalben-Könige in der Bundesliga und vor allem im DFB-Pokal aus Ihrer Sicht auch mal eine Schachstunde?
Ich finde, man könnte auch im Fußball mal wieder über Sportlichkeit und Fairplay reden. Unabhängig von einzelnen Fehlentscheidungen nerven mich bestimmte Kleinigkeiten wie das ewige Reklamieren – etwa wenn der Ball ins Seitenaus geht und vier Spieler Einwurf haben wollen. Mich nerven Schwalben und meine Meinung zum Video-Assistenten habe ich auch schon oft gesagt. Es sind nicht die Fehlentscheidungen, die dem Fußball Probleme machen, sondern mangelndes Fairplay. Ich wünsche mir, dass es gelingt, in die Richtung von anderen Sportarten wie Handball, Hockey oder Rugby zu kommen: Mit weniger Diskussionen, Meckern und Bedrängen des Schiris auf dem Platz.