Stefan Kießling biegt auf die Zielgerade seiner Karriere ein, in vier Wochen ist für die Sturmlegende Schluss. Im Interview spricht er über seine Verbundenheit zu Leverkusen, geldgierige Kollegen und sein letztes Gespräch mit Joachim Löw.
Stefan Kießling, wie geht es Ihrer Hüfte?
Ist Ihnen an meinem Gang nichts aufgefallen?
Sie humpeln.
Ich habe im Hüftgelenk einen Knorpelschaden und Arthrose.
Nicht die optimalen Voraussetzungen für einen Fußballprofi.
Ich habe täglich meine Probleme und brauche längere Pausen als die anderen Jungs. Wir hatten in diesem Jahr drei Testspiele, bei denen ich jeweils 90 Minuten auf dem Platz stand. Die Tage danach waren übel.
Wie fühlen Sie sich dann?
Sagen wir es so: Links kann ich mir an solchen Tagen problemlos den Schuh zubinden. (Lacht.)
Und rechts?
Trifft irgendwann Knochen auf Knochen und ich komme nicht weiter runter. Was die Sache mit den Schuhen relativ kompliziert macht. Fakt ist: Der Knorpel wächst bei mir an dieser Stelle im Hüftgelenk nicht mehr nach. Der ist einfach weg – und das tut dann eben weh.
Wann hatten Sie das erste Mal Probleme?
Im Wintertrainingslager 2016, zunächst wirkte es allerdings harmlos. Im Spiel gegen Benfica Lissabon prallte ich dann mit meinem Gegenspieler zusammen und stürzte auf die Hüfte. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich täglich extreme Schmerzen. Egal ob auf der Couch, beim Laufen oder im Training.
Trotzdem spielten Sie bis zur Sommerpause durch. Warum?
Weil ich sonst Spiele verpasst hätte. Ich blendete die Probleme aus und rettete mich mit Schmerzmitteln in die Sommerpause.
Was sagten die Ärzte?
Nach der Saison hieß es, dass sich der Befund so verschlechtert habe, dass ich wohl nicht mehr würde spielen können. Die Spezialisten waren sich sicher, dass es das für mich gewesen sei. Doch ich dachte nicht ans Aufhören, nicht eine Sekunde. Es fühlte sich eher an wie: „Jetzt erst recht!“
War das Ihrem Körper gegenüber verantwortungslos?
Dass ich mir nach der Karriere Gedanken über eine künstliche Hüfte machen muss, ist vollkommen klar. Aber ich höre im Sommer auf, meine Karriere ist in einem Monat vorbei. Insofern ist es, so hart das klingen mag, mittlerweile auch egal.
Haben Sie Angst vor dem, was ab Juli auf Sie wartet?
Nein. Weil ich im Kopf darauf vorbereitet bin, dass ich den Fußball vermissen werde. Das Gequatsche in der Kabine, die gemeinsamen Erlebnisse, das Gefühl nach einem Tor – das alles liebe ich. Aber Lebensabschnitte gehen zu Ende, andere fangen dafür an. Und langsam freue ich mich auf neue Aufgaben. Zumal ich dem Klub, für den ich brenne, in anderer Funktion erhalten bleibe.
Sie wechseln in eine administrative Abteilung von Bayer 04. Im letzten Jahr haben Sie ein Fernstudium absolviert und sind jetzt zertifizierter Sportmanager. Hat Ihnen das Lernen Spaß gemacht?
Nun ja, wer lernt schon gerne? Als die Ordner mit dem Stoff per Post kamen, war ich eher ein wenig geschockt. Das waren nicht ein oder zwei Ordner, sondern fünf – und die waren richtig dick! (Lacht.) Da dachte ich: „Wie soll ich mir das bloß alles in den Schädel hämmern?“ Nach einer disziplinierten Anfangsphase habe ich die Nummer dann so lange verschleppt, bis ich unter Zeitdruck richtig büffeln musste. Aber: Es hat geklappt!