Fortuna Düsseldorf kehrt in dieser Saison in die Bundesliga zurück – nach 15 Jahren Abstinenz, denn zuletzt waren die Fortunen von 1995 bis 1997 dabei. Georg Koch hütete damals das Tor. Im Interview erinnert er sich über Trainingslager in Garmisch-Partenkirchen, Aleksandar Ristic und Champagner von Uli Hoeneß.
Georg Koch, wo haben Sie den vom Platzsturm begleiteten Aufstieg von Fortuna Düsseldorf in der Relegation gegen Hertha BSC verfolgt?
Zu Hause vor dem Fernseher mit ein paar Freunden. Ich wäre auch gerne live im Stadion dabei gewesen, hatte aber am nächsten Tag einen privaten Termin, für den ich mich schonen wollte. Deshalb bin ich nicht hingefahren. Letztlich eine gute Entscheidung – wer weiß, wie lange ich gebraucht hätte, um aus dem Stadion zu kommen. (lacht)
Düsseldorf war Ihre erste Profistation. Welche Beziehung haben Sie denn noch zur Fortuna?
Ich bin Trauzeuge von Alexander Spengler, der bereits als Zeugwart bei der Fortuna gearbeitet hat, als ich dort aktiv war. Damit wäre die Verbundenheit eigentlich schon erklärt. Ich bin immer informiert und versuche, so viele Spiele wie möglich live zu sehen.
Sie haben von 1995 bis 1997 die bis dato letzte Bundesliga-Ära der Fortuna miterlebt. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?
Wir hatten uns von der Oberliga bis in die Bundesliga gekämpft, in diesem Punkt kann man die damalige Situation mit der von heute sogar vergleichen. Wir hatten eigentlich nicht die finanziellen Mittel, um oben mitzumischen. In der Hinrunde der Saison 1995/96 haben wir nur zwei Siege geholt, jeder hatte uns abgeschrieben. Das hat uns zusammengeschweißt. Als wir in der Winterpause ins Trainingslager fuhren, ging es nicht in den warmen Süden, sondern nach Garmisch-Partenkirchen! Statt Sonne zu tanken, stürzten wir uns 14 Tage lang in den Schnee! Wir haben in dieser Zeit keinen Ball gesehen.
Und dafür voll auf die Karte Fitness gesetzt.
Nicht auf die Fitness, sondern auf Aleksandar Ristic! (lacht) Er hatte als Trainer einen großen Anteil daran, dass wir als Team zusammengewachsen sind. Wir wussten alle, wie wir ihn und seine Methoden zu nehmen hatten. Er hat das richtige Mittelmaß gefunden, uns auch mal in den Arsch getreten, wenn es nötig war. Außerdem hat er es geschafft, uns in dieser Vorbereitung physisch so auf Vordermann zu bringen, dass wir nicht abgestiegen sind. Mich hat er, gemeinsam mit dem Torwarttrainer Enver Maric, besonders geschliffen. Ohne die beiden wäre ich vielleicht kein Profi geworden. Auch wenn ich Ristics Methoden damals als junger Kerl nicht immer verstanden habe.
Wie meinen Sie das?
Aleksander Ristic hat viele Nebenkriegsschauplätze aufgemacht. Mir wurde erst später klar, was er damit bezwecken wollte: Die Mannschaft sollte in Ruhe arbeiten können, die Aufmerksamkeit deswegen ihm alleine gehören. In Düsseldorf gibt es ja auch Boulevardblätter, mit denen sich die Fortuna auseinandersetzen muss. Dazu nur ein Beispiel: Als ich in der zweiten Liga einmal ein überragendes Spiel gezeigt hatte, stürzten sich die Medien auf mich und wollten eine Woche lang Geschichten mit mir machen. Doch Ristic bremste sie ein, indem er sagte: „Wenn Georg in der Woche im Training nicht noch besser hält, spielt nächste ein anderer. Ganz einfach.“ So diskutierten die Medien wieder über Ristics schroffe Art – und ich war fein raus.
Ristic galt als streitbar. Als die Fortuna-Verantwortlichen Frank Mill 1996 zum Sportdirektor machen wollten, drohte er, seinem ehemaligen Spieler das Leben in der neuen Rolle schwer machen zu wollen.
Das war damals nicht gegen Frank persönlich gerichtet. Ristic wollte einfach die sportlichen Zügel in seiner Hand halten und sich nicht reinreden lassen. So lange man ihm die Fäden überließ, ist es bei uns ja auch gut gelaufen.
Die Saison 1995/96 endete für die Fortuna kurios: Im Spiel beim FC Bayern wechselte Münchens Interimstrainer Klaus Augenthaler unerlaubterweise vier Spieler ein – ein Novum in der Bundesliga-Geschichte.
Ein ganz kurioses Spiel. Die Bayern hatten sich in der Vorwoche den UEFA-Cup geschnappt und wir bereits den Klassenerhalt unter Dach und Fach gebracht. Die Münchner kamen in Partystimmung auf den Platz und fingen sich gegen uns schnell zwei Tore ein. Warum Augenthaler dann viermal wechselte? Keine Ahnung. Es war uns letztlich auch egal. Das Spiel endete noch 2:2 und wir hätten Protest einlegen können, haben aber darauf verzichtet.
Habt ihr denn wenigstens noch ein bisschen mit den Bayern gefeiert?
Uli Hoeneß stand nach der Kabine plötzlich mit einer riesigen Flasche Champagner in unserer Kabine und hat uns zum Anstoßen eingeladen. Da ging auf jeden Fall noch etwas, doch an jedes Detail kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern. (lacht)
So fröhlich die erste Saison endete, so enttäuschend verlief die zweite. Warum stieg die Fortuna 1997 wieder in die zweite Liga ab?
Wir mussten immer am Limit spielen, um in der Bundesliga zu bestehen. Das ist uns im zweiten Jahr nicht mehr so gut gelungen. Hinzu kam, dass die Verantwortlichen plötzlich internationale Neuzugänge verpflichteten, die nicht zu uns passten.
Die russischen Nationalspieler Sergei Juran und Igor Dobrowolski.
Das haben wir damals in der Mannschaft nicht verstanden. Uns wurde vorgepredigt, dass der Verein kein Geld habe und sparen müsse, und dann kommen plötzlich zwei nicht gerade billige Altstars. Da fragt man sich natürlich, wofür man die ganze Vorarbeit eigentlich geleistet hat. Im Nachhinein muss man sagen, dass mit diesen Transfers versucht wurde, die finanziellen Probleme, die die Fortuna hatte, zu kaschieren. Es gab aber mehrere Gründe für den Abstieg. Ristic wurde noch vor der Winterpause entlassen, ich verletzte mich nach der Winterpause schwer – es kam viel zusammen.
Kam der Aufstieg eingedenk der finanziellen Probleme, die Düsseldorf noch später verfolgten, zu früh?
Ein Aufstieg kommt nie zu früh! Man muss aber auf die richtigen Charaktere setzen. Das ist in der ersten Bundesliga-Saison gelungen, in der zweiten war es schwieriger. Dazu gab es immer wieder Grabenkämpfe im Vorstand, jeder wollte mitreden. Das schadete der Fortuna zusätzlich.
Warum wird es die Fortuna jetzt besser machen?
Sie hat in Peter Frymuth einen ruhigen Präsidenten, der den Kraftakt, von der Oberliga bis in die Bundesliga aufzusteigen, mit kontinuierlicher Arbeit gemeistert hat. Man muss so etwas ja immer im Ganzen sehen: Es ist ein neues Stadion entstanden, der Verein verkauft 20.000 Dauerkarten, ist im Nachwuchs gut aufgestellt, hat eine U23, die in der Regionalliga spielt – das alles sind Faktoren, die sich im Vergleich zu früher verbessert haben. Wir hatten damals ja nicht einmal die Möglichkeit, einen Spieler aus der zweiten Mannschaft hochzuziehen, der in der Lage gewesen wäre, uns zu helfen.