Florian Kohfeldt hat den SV Werder wieder auf Kurs gebracht. Der DFB kürt den Bremer Coach deshalb zum „Trainer des Jahres 2018“. Im Gespräch mit 11FREUNDE spricht er über seine Startschwierigkeiten und darüber, wie er sich seitdem mehr und mehr Respekt erarbeitet hat.
Der Text stammt usprünglich aus der 11Freunde #208. Das Heft gibt es überall im Handel und direkt bei uns im Shop.
Florian Kohfeldt, als Sie 13 Jahre alt waren, wechselte Otto Rehhagel nach einer Ewigkeit als Werder-Trainer zum FC Bayern…
und Sie können sich vorstellen, dass seine Entscheidung viele Fragezeichen bei mir als Werder-Fan hinterlassen hat. Seit Ihrer Geburt hatten Sie keinen anderen Coach in Bremen erlebt.
Wie nahmen Sie wahr, dass nun eine jahrelange Kontinuität aufbrach?
Mir wurde erst unter den Folgetrainern bewusst, dass die Erfolgsgeschichte zu bröckeln begann. Dass Werder für Kontinuität steht, wurde mir dann erst richtig in der Ära Thomas Schaaf klar.
Auch nach Schaafs Abgang 2013 tat sich der Klub schwer, den geeigneten Trainer zu finden. Sie waren der vierte Chefcoach in gut vier Jahren. Haben Sie sich je gefragt, was Kontinuität in diesem Klub bedingt?
Erfolg ist stets ein Zusammenspiel verschiedener Parameter. Auch bei Werder ist nicht nur heile Welt. Und ein elementarer Faktor in Erfolgszeiten war stets, wenn Manager und Trainer ein konstruktives, enges Verhältnis zueinander pflegten. Das war sowohl bei Rehhagel und Lemke als auch bei Allofs und Schaaf der Fall.
Ihre Inthronisierung durch Frank Baumann verlief eher holprig. Anfangs waren Sie nur als Interimstrainer vorgesehen.
Das mediale Echo zeigte nur, wie fundamental sich Innen- und Außensicht unterscheiden. Denn ich war mir immer bewusst, dass Frank Baumann überhaupt keinen Zweifel hat, dass ich zum Cheftrainer tauge. Zumal er auch persönlich einiges aufs Spiel setzte als er mich holte.
Weil Sie der dritte Trainer in Folge waren, der aus dem eigenen Nachwuchs kam?
Ich will gar nicht spekulieren, was passiert wäre, wenn das schiefgegangen wäre.
Ihre Vorgänger Viktor Skripnik und Alexander Nouri retteten den SV Werder vor dem Abstieg, gerieten dann aber in eine Negativschleife. Fürchteten Sie im Herbst 2018, als Sie fünf Mal in Folge in der Bundesliga nicht gewannen, dass es Ihnen ähnlich ergehen könne?
Wirklich ins Grübeln gekommen bin ich nicht. Wenn ich je einen Anflug von Zweifel hatte, dann nach der Heimniederlage gegen den FC Bayern. Als Sie Anfangs Dezember knapp mit 1:2 unterlagen. Ich könnte es mir leichtmachen und sagen: 1:2 gegen Bayern verloren, ein Spiel, das bis zum Ende offen war – kann jedem passieren. Aber in dem Match hatte ich das erste und einzige Mal das Gefühl, seit ich mit der Mannschaft arbeite, dass wir nicht unseren Fußball spielen. Dass wir uns für den Sicherheitsball entschieden, statt nach vorne zu spielen, dass wir beim Verteidigen nicht aggressiv waren, weil wir den Blick nach hinten hatten.
Dass Teams bei Aufeinandertreffen mit dem FC Bayern der Mut verlässt, ist aber kein reines Werder-Problem.
Mag sein, aber ich glaube fest daran, dass eine bestimmte Art von gutem Fußball sich auf Dauer positiv in Ergebnissen widerspiegelt. Aber nach dem Bayern-Spiel kam ich nach Hause und habe mir gedacht: „Jetzt müssen wir sehr aufpassen!“
Sie sind auch laut in der Kabine geworden.
Weil ich wusste, wenn wir diesen Weg weitergehen, wird das, was wir uns in einem Jahr mühsam aufgebaut haben, kaputtgehen. Im Februar 2017 hatten wir in München mit 4:2 verloren, aber da stimmte die Haltung. Doch bei der Niederlage im Dezember konnte ich nicht mehr vollständig erkennen, wofür wir stehen. Es gibt immer Spiele, die von Faktoren entschieden werden, gegen die ein Team machtlos ist. Wichtig aber ist, dass man nie seine Haltung verliert.