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Sein Name ist untrennbar mit dem kom­mer­zi­ellen Erfolg vom FC Bayern Mün­chen ver­bunden: Fritz Scherer, 1940 geboren, spielte in der Jugend beim BC Augs­burg, 1979 wurde er Schatz­meister beim FC Bayern und blieb in dieser Funk­tion bis 1985. Anschlie­ßend wurde er Prä­si­dent des FCB, erst 1994 löste ihn Franz Becken­bauer ab. Heute ist der emi­rierte Pro­fessor für Betrieb­wirt­schafts­lehre Vize-Prä­si­dent und Mit­glied im Auf­sichtsrat des FC Bayern, sowie im Steuer- und Wirt­schafts­aus­schuss des DFB.

Pro­fessor Dr. Fritz Scherer, Mia san Mia“ – was bedeutet das für Sie?

Fritz Scherer: Das wurde zu den Spie­ler­zeiten von Paul Breitner und Karl-Heinz Rum­me­nigge geprägt. Es steht dafür, dass der Klub unbe­irrbar seinen Weg geht und sich die han­delnden Per­sonen nicht aus­ein­ander divi­dieren lassen.

»> Fritz Scherer beim FC Bayern: Die Bil­der­ga­lerie!

Wie viel hat es heute noch mit der Rea­lität gemein?

Fritz Scherer: Es ist Rea­lität. Schauen Sie, unsere große innere Stärke ist doch, dass hier in allen Berei­chen seit vielen Jahre Men­schen arbeiten, die in diesem Klub groß geworden sind: Dremmler im Scou­ting, Pflügler im Mer­chan­di­sing, Aumann als Fan­be­auf­ragter, Breitner, Rum­me­nigge, Ner­linger. Und oben drüber steht Uli Hoeneß.

Sie wurden 1979 Schatz­meister bei einem Klub, der acht Mil­lionen Mark Schulden hatte. Der neue Manager dieses Klubs war eben jener Uli Hoeneß.

Fritz Scherer: Wir passten gut zusammen, er ist Schwabe, ich halber Schwabe. Und wir haben uns geschworen, nie wieder Schulden mit dem FC Bayern zu machen.

So ein Anliegen haben viele Ver­eine, den­noch schaffen es nur sehr wenige ohne fremdes Geld, solche Erfolge zu erzielen wie der FC Bayern seitdem.

Fritz Scherer: Wir hatten über lange Jahre das Glück, viele gute Spieler aus dem Jugend­be­reich zu bekommen, die sich mit dem Klub iden­ti­fi­zierten und den jewei­ligen Trai­nern auch geför­dert wurden und sich her­vor­ra­gend ent­wi­ckelt haben.

Wie hoch war der Klub-Etat, als Sie 1979 anfingen?

Fritz Scherer: Unser Umsatz belief sich im Spiel­jahr 1979/80 auf zwölf Mil­lionen DM, davon kamen 90 Pro­zent aus den Ticket­ver­käufen. Heute sind es ca. 350 Mil­lionen Euro. Unvor­stellbar zum dama­ligen Zeit­punkt! Von den Spon­soren nahmen wir 600.000 DM, vom Fern­sehen 400.000 DM, von der Ban­den­wer­bung 40.000 DM und von den Fan­ar­ti­keln 100.000 DM als Lizenz­ge­bühr ein. Wir hatten ca. 6.500 Mit­glieder. Heute haben wir 168.000 Mit­glieder. An der Säbener Straße in Mün­chen hatten wir ein Gelände mit drei Fuß­ball­plätzen und einem Gebäude für unsere Mann­schaften und für die Ver­wal­tung. Diese Anlagen wurden dann 1990 und 2008 erheb­lich erwei­tert.

Was emp­finden Sie bei dem Gedanken, dass Ihr Klub heute in nur einer Som­mer­pause 44 Mil­lionen Euro für Ablö­se­summen aus­gibt?

Fritz Scherer: Früher wäre so etwas undenkbar gewesen, aber heute sind wir in der kom­for­ta­blen Situa­tion, dass wir es uns leisten können, weil auch per­spek­ti­visch genug Geld ein­ge­nommen wird. Auch wenn der FC Bayern so viel aus­gibt, können Sie sicher sein, dass die Ver­ant­wort­li­chen die Trans­fers ein­ge­hend dis­ku­tiert haben. Und dass bei einer Ent­schei­dung berück­sich­tigt wurde, dass auch nam­hafte Spieler Zeit brau­chen, um sich bei uns zu Recht zu finden.

Wie hat sich die Phi­lo­so­phie beim FC Bayern seit 1979 ver­än­dert?

Fritz Scherer: Damals mussten wir überall sparen. Heute sagt man sich, wir haben das Geld und wollen uns sport­lich ver­stärken. Denn zwi­schen dem sport­li­chen und wirt­schaft­li­chen Erfolg besteht eine gegen­sei­tige Abhän­gig­keit. Der sport­liche Erfolg zum Bei­spiel, die Teil­nahme an der Cham­pions League, bringt zusätz­lich Mehr­ein­nahmen. Damit wird es mög­lich, starke und attrak­tive Spieler zu ver­pflichten und somit die Attrak­ti­vität für Fans und Spon­soren zu stei­gern.

Welche Trans­fers waren aus dieser Per­spek­tive Quan­ten­sprünge für den FC Bayern?

Fritz Scherer: Beim FC Bayern wurde nie ein Spieler allein wegen des Namens geholt. Es ging immer darum, was er für uns sport­lich bringen kann und ob er zu uns passt. Und es gab natür­lich ein finan­zi­elles Limit. Wenn man von einem Quan­ten­sprung spre­chen kann, war es zu dieser Zeit der Transfer von Sören Lerby von zwei Mil­lionen DM. 

Ein Bayern-Spieler muss über Ellen­bogen ver­fügen, um sich durch­zu­setzen. Können Sie sich erin­nern, einen Spieler nicht ver­pflichtet zu haben, weil er Ihnen zu exzen­trisch vorkam?

Fritz Scherer: Nein, gene­rell waren wir hier immer der Über­zeu­gung, wenn einer sport­lich ins Gefüge passt, kommen wir beim FC Bayern auch mensch­lich mit ihm zurecht.

Haben Sie als ehe­ma­liger Schatz­meister mit­unter mora­li­sche Bedenken, was die heu­tigen Spie­ler­ge­hälter anbe­trifft?

Nein, solange wir die Gehälter finan­zieren können, habe ich keine Bedenken. Hohe Gehälter können nur mit hohem Ein­kommen bezahlt werden. Und die hohen Erlöse bringen die Spieler, und daraus ergibt sich die Rela­tion zu den Gehäl­tern anderer Arbeit­nehmer.

Karl-Heinz Rum­me­nigge lässt kaum eine Gele­gen­heit aus, anzu­pran­gern, dass viele inter­na­tio­nale Ver­eine ihren Erfolg über Schulden finan­zieren. Schwingt da unter­schwellig ein Min­der­wer­tig­keits­kom­plex mit?

Fritz Scherer: Nein, das ist schlicht der Ärger über einen ver­zerrten Wett­be­werb. Wir haben keine Mäzene wie Silvio Ber­lus­coni oder Roman Abra­mo­witsch, die am Ende die Ver­luste aus­glei­chen. Und wir sind auch Teil des Soli­dar­prin­zips Bun­des­liga und kas­sieren statt weit über 100 Mil­lionen Euro wie die spa­ni­schen und eng­li­schen Top-Klubs nur 30 Mil­lionen TV-Geld. Wir sind der Verein, der die Attrak­ti­vität der Liga nach­haltig stei­gert und bekommen dafür nur einen Bruch­teil mehr als andere. Ist doch ver­ständ­lich, dass Rum­me­nigge sich da ab und an mal Luft machen muss.

Sie haben mit Audi und Adidas zwei Share­holder, die gemeinsam rund ein Fünftel am Klub halten. Was bringt so eine Betei­li­gung dem Verein?

Fritz Scherer: Mit der Betei­li­gung von adidas und Audi wurde eine finan­zi­elle Basis geschaffen, vor allem im Hin­blick auf die Errich­tung der Allianz Arena. Wei­terhin arbeiten wir mit diesen Unter­nehmen im meh­reren Berei­chen sehr intensiv zusammen.

Der Klub hat 2005 mit dem neuen Sta­dion eine enorme Belas­tung auf­ge­nommen. Nun ist die Arena offenbar schon 2018 abbe­zahlt, sieben Jahre früher als erwartet. Dann ist sie voll­ständig im Besitz des Ver­eins.

Fritz Scherer: Und was haben wir gekämpft, um die Finan­zie­rung für das Sta­dion hin­zu­be­kommen. Einigen Banken war damals das Risiko zu groß! Trotz des jah­re­zehnten langen Wachs­tums des Ver­eins, den Sicher­heiten über unsere Spon­soren, den heu­tigen Namens­geber der Arena und den vor­sichtig kal­ku­lierten Zuschauer-Erlösen. Im Olym­pia­sta­dion hatten wir einen Zuschau­er­schnitt zwi­schen 40.000 und 50.000. Wir kal­ku­lierten für die Allianz Arena mit einem Durch­schnitts­be­such von 55.000 Zuschauern bei höheren Ein­nahmen wegen der Logen- und Busi­ness-Seats. Unsere Arena ist seit sechs Jahren fast durch­ge­hend aus­ver­kauft. So wurde eine höhere Liqui­dität zur Rück­zah­lung der Dar­lehen geschaffen als wir kal­ku­liert hatten. 

Beim FC Bayern ist Hoch­kon­junktur. Inzwi­schen werden sogar Freund­schafts­spiele beim Audi-Cup zur besten Sen­de­zeit live im öffent­lich-recht­li­chen TV über­tragen.

Fritz Scherer: Das ist sen­sa­tio­nell! Früher mussten wir um Über­tra­gungen feil­schen, weil das Fern­sehen kaum etwas bezahlen wollte.

Wann ist die Grenze der Kom­mer­zia­li­sie­rung für den FC Bayern erreicht?

Fritz Scherer: Ehr­lich gesagt, haben Uli Hoeneß und ich schon in den Acht­zi­gern immer damit gerechnet, dass das Inter­esse am Fuß­ball irgend­wann sein erschöpft wird. Aber bis­lang ist es immer noch mehr geworden. In sechs Jahren gehört uns das Sta­dion, die UEFA führt das Finan­cial Fair­play ein. Ich glaube, der FC Bayern schaut in eine posi­tive Zukunft.

Was könnte den FC Bayern den­noch vor die Zer­reiß­probe stellen?

Fritz Scherer: So ein Sze­nario kann ich mir nicht vor­stellen. Seit Uli Hoeneß hier wirkt, wird alles sehr gut dis­ku­tiert, und viele Experten sind an den Ent­schei­dungs­pro­zessen betei­ligt. 

Wenn es einer weiß, dann Sie, Pro­fessor Scherer: Wie kal­ku­liert sind eigent­lich die wie­der­keh­renden Aus­brüche des Uli Hoeneß in den Medien?

Fritz Scherer: Er pro­vo­ziert natür­lich gerne, aber er ist durch und durch Bauch­mensch. Und wenn ihm etwas nicht passt, sagt er das auch, ohne vorher abzu­wägen.

Kann er jetzt als Prä­si­dent über­haupt vom Tages­ge­schäft los­lassen?

Fritz Scherer: Ich denke, durch den grö­ßeren Abstand zu den Dingen ist er einer­seits ent­spannter geworden, ande­rer­seits kann er ziel­ge­rich­teter Dinge anstoßen als früher. Das hilft auch dem FC Bayern.

Wie ver­steht sich der FC Bayern im Ver­gleich zu anderen Bun­des­li­gisten? Als Primus inter Pares oder als Platz­hirsch?

Fritz Scherer: Wir möchten aner­kannt werden für das, was wir geleistet haben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.