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Am 20. April 1994 tat sich in Bie­le­feld-Jöl­len­beck Selt­sames. Zahl­reiche Reporter und Kame­ra­teams fielen in den beschau­li­chen Vorort ein und ver­sam­melten sich in den Aus­stel­lungs­räumen eines Küchen­her­stel­lers. Am Ende waren es hand­ge­zählte 53 Medi­en­ver­treter, die erfahren wollten, was der Ober­li­gist Arminia Bie­le­feld einer inter­es­sierten Öffent­lich­keit mit­zu­teilen habe.



Gerüchte hatte es seit einiger Zeit gegeben, dass der in den Nie­de­rungen der dritten Liga ver­schwun­dene Tra­di­ti­ons­verein an einem großen Trans­fer­coup bas­telte. Unter anderem war der Name Thomas von Heesen durch­ge­si­ckert. Dem lang­jäh­rigen Mit­tel­feld­re­gis­seur des HSV, der mit den Ham­bur­gern 1983 den Euro­pa­pokal der Lan­des­meister gewonnen hatte, war dort nur noch ein Ein­jah­res­ver­trag ange­boten worden; außerdem kam der mitt­ler­weile 32-Jäh­rige aus der Nähe von Pader­born und hatte somit ost­west­fä­li­sche Wur­zeln. Ande­rer­seits war von Heesen beim Ham­burger SV nach wie vor ein abso­luter Stamm­spieler und zudem einer der besten Tor­schützen. Und so einer sollte nach Bie­le­feld kommen, auf die bau­fäl­lige Alm, deren trau­rige Gestalt nur noch blass an bes­sere Bun­des­li­ga­tage erin­nerte?

Ein kleiner Mann mit Schnurr­bart

Was dann tat­säch­lich zwi­schen Kühl­schränken, Elek­tro­herden und Ein­bau­schränken im Haupt­quar­tier des Arminia-Spon­sors Küchen-Pohl“ geschah, sprengte alle Erwar­tungen. Wäh­rend die Jour­na­listen am Ort des Gesche­hens ein­trafen, lan­dete auf dem kleinen Bie­le­felder Flug­hafen Win­dels­bleiche eine Sport­ma­schine, der ein kleiner Mann mit Schnurr­bart ent­stieg, der zwei Jahre zuvor mit dem VfB Stutt­gart Meister geworden war und die Tor­jä­ger­ka­none der Bun­des­liga gewonnen hatte. Der kleine Mann wurde eilig in ein Auto gesetzt und quer durch die Stadt nach Jöl­len­beck chauf­fiert. Dort war inzwi­schen nicht nur Thomas von Heesen als Bie­le­felder Neu­zu­gang vor­ge­stellt worden, son­dern auch sein Ham­burger Kol­lege Armin Eck.

Als dann Fritz Walter das Podium betrat, ein wenig unsi­cher und lin­ki­scher, als es sich für einen großen Tor­jäger in diesem kuriosen Umfeld gebührte, schüt­telten manche der anwe­senden Reporter ungläubig die Köpfe. Es war also wirk­lich wahr. Kom­plet­tiert wurde die Riege der Neuen durch Jörg Bode, eben­falls HSV. Der Dritt­li­gist Arminia Bie­le­feld hatte vier gestan­dene Bun­des­li­ga­spieler ver­pflichtet, dar­unter zwei echte Stars. So etwas hatte es im deut­schen Fuß­ball noch nie gegeben.

Erfolg ist planbar“

Ver­ant­wort­lich für die spek­ta­ku­läre Insze­nie­rung war Klub­ma­nager Rüdiger Lamm. 16 Jahre später sagt er: Meines Erach­tens ist in der dritten Liga der Erfolg für einen so starken Tra­di­ti­ons­verein wie Arminia Bie­le­feld planbar. Du musst dazu nur die Spieler holen, die dir diesen Erfolg garan­tieren. Das ist ein biss­chen wie Mathe­matik.“ Geübt hatte der eins­tige Tisch­tennis-Bun­des­li­ga­spieler beim Ping­pong-Klub Spiel­ver­ei­ni­gung Stein­hagen aus der Bie­le­felder Peri­pherie, wo er einen Etat orga­ni­sierte, der natio­nale und inter­na­tio­nale Titel in Serie garan­tierte. Par­allel hatte der dyna­mi­sche, gele­gent­lich bär­bei­ßige Lamm seit Ende der Acht­ziger auf Hono­rar­basis Spon­soren für Arminia Bie­le­feld rekru­tiert.

Als ihm die Tisch­ten­nis­welt zu klein wurde, trat er Anfang 1994 den Mana­ger­posten beim dar­nie­der­lie­genden Ober­li­gisten an. Ich habe über­legt, wie ich Spieler aus der Bun­des­liga hierher bekomme“, berichtet Lamm. Bei Jena, Sand­hausen oder Hei­den­heim hätte ich mir die Umset­zung eines sol­chen Kon­zeptes nicht zuge­traut, bei Arminia Bie­le­feld, Rot-Weiss Essen, Preußen Münster oder For­tuna Düs­sel­dorf schon – überall dort, wo der sport­liche Erfolg garan­tiert, dass ich Spon­soren gewinne und die Zuschau­er­zahlen nach oben gehen.“

Von der Fuß­ball­welt in West­fa­lens Schlecht­wet­ter­me­tro­pole

Was aber sollte Leute wie Thomas von Heesen und Fritz Walter dazu bewegen, in die alte Schlecht­wet­ter­me­tro­pole am Teu­to­burger Wald zu wech­seln? Und woher nahm ein Quer­ein­steiger wie Lamm über­haupt die Ideen, um eine auf­stiegs­taug­liche Mann­schaft zu kom­po­nieren? Wenn man den eins­tigen Arminia-Manager heute davon erzählen hört, erhält man einen Ein­blick in die Gedan­ken­welt eines Mannes, der ein­fach los­legte, ohne Rück­sicht auf Ver­luste und ohne Angst vor dem Schei­tern. Als erstes habe ich an Jörg Bode gedacht, weil der ein Ex-Bie­le­felder war. Der war in der ersten Liga ver­letzt und unglück­lich, denn keiner spricht mehr mit Spie­lern, die nicht spielen. Zu dem bin ich gegangen und habe gesagt: Könn­test du dir das vor­stellen?“ Bode konnte.

Von Heesen war der Nächste


Als nächstes pirschte sich Lamm an von Heesen ran, nachdem er von dessen Dif­fe­renzen mit HSV-Manager Heri­bert Bruch­hagen Kenntnis erlangt hatte. Beide begannen sich regel­mäßig zu treffen, in Ham­burg, in Bie­le­feld und auf Auto­bahn­rast­stätten dazwi­schen. Lamm köderte von Heesen damit, dass er im Ver­gleich zu seinem Ham­burger Gehalt – damals etwa 800 000 Mark im Jahr – keine Abstriche machen müsste, wenn ihm mit Arminia der Auf­stieg gelänge. Und er ver­sprach dem in die Jahre gekom­menen Spiel­ma­cher, dass er ihn nach Ablauf seines Drei­jah­res­ver­trages als Manager beerben dürfe.

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