Mit dem FC Zürich spielt dieses Jahr ein Zweitligist in der Europa League mit. Nicht das erste unterklassige Team, das international für Furore sorgen will.
Hallescher FC (1991)
Jubel beim Halleschen FC nach der letzten DDR-Oberligasaison 1990/91: Als Tabellenvierter qualifizierte sich die Mannschaft um Dariusz Wosz und René Tretschok für den UEFA-Cup. Europapokal! Die große Chance, endlich mal was von der (westlichen) Welt zu sehen! Doch die Losfee ist manchmal eine fiese Hexe: Die Hallenser bekamen doch tatsächlich Torpedo Moskau zugelost. Immerhin: Das Hinspiel im Kurt-Wabbel-Stadion entschied der FC mit 2:1 für sich, im Rückspiel gab es dann 0:3 auf die Nase. Die Tore für Torpedo schossen Agaschkow, Tschugainow und Tischkow. Nur für die Statistik.
Birmingham City (2011)
Wirklich viel gelang Obafemi Martins nicht während seines dreimonatigen Gastspiels bei Birmingham City. In der Premier League brachte er es auf vier Spiele und null Tore. Danach verletzte er sich – und das war’s eigentlich auch schon. Wäre da nicht dieses sensationelle League-Cup-Finale im Februar 2011 gewesen. Birmingham City, das knietief im Abstiegskampf steckte, traf damals auf den FC Arsenal, und vor dem Anpfiff redeten die Buchmacher und Fans eigentlich nur über die Höhe der Niederlage. Aber es kam ganz anders – dank Obafemi Martins.
Der Nigerianer kam in der 83. Minute ins Spiel und schoss in der 89. Minute den Treffer zum entscheidenden 2:1. Für Birmingham bedeutete der Sieg auch die Europa-League-Teilnahme, an der City in der darauffolgenden Saison als Zweitligist teilnahm. Und auch dort lief es nicht schlecht: In den Play-offs setzte sich das Team gegen die Portugiesen von Nacional Funchal durch, in der Gruppenphase holte City zehn Punkte in sechs Spielen. In den meisten Gruppen hätte die drei Siege für ein Weiterkommen gereicht, in Gruppe H nicht – City wurde nur Dritter.
Hannover 96 (1992)
Man stelle sich das vor: Da erreicht man als Zweitligist das DFB-Pokalfinale, unter anderem durch einen dramatischen Halbfinal-Sieg gegen die damalige Spitzenmannschaft Werder Bremen, lässt dabei gar seinen eigenen Keeper zum Elfmeterschießen antreten, gewinnt dann auch noch gegen Borussia Mönchengladbach und stürzt eine ganze Stadt in den Siegestaumel.
Kaum ist der Pokalkater verflogen, freut man sich wie Bolle auf die Auslosung der ersten Runde im Europapokal der Pokalsieger, weil man weiß, dass man auf diese Mannschaften treffen kann: FC Liverpool, Atlético Madrid, Feyenoord Rotterdam, AC Parma oder Boavista Porto. Dann wird der Gegner für die erste Runde gezogen: Werder Bremen. Eine Europapokal-Auswärtsfahrt, die knapp anderthalb Stunden dauert und de facto keine ist. Man verliert 1:3, gewinnt 2:1 – und ist trotzdem raus. Klingt alles viel zu unfair, um wahr zu sein? Fragen Sie doch mal nach bei den Beteiligten von Hannover 96 anno 1992.
Angeberwissen I
Zwei Klubs, die als Zweitligisten zweimal am Europapokal teilnahmen:
Borac Banja Luka (Jugoslawien): 1975/76, 2. Runde; 1988/89, 1. Runde
Randers Freja (Dänemark): 1967/68, 1. Runde, 1968/69, Viertelfinale
Cardiff City (1967)
Ein Zweitligist im Europapokal-Halbfinale? Das wäre heute so wahrscheinlich wie Mario Basler als Trainer des FC Bayern – oder wie Pep Guardiola als Teilnehmer bei „Big Brother“. Aber 1967/68 musste man sich nur dreimal umdrehen, schon stand man im Halbfinale.
Cardiff City spielte damals in der englischen Second Division, nahm aber zugleich am walisischen Cup-Wettbewerb teil, den die Mannschaft in Serie gewann – zwischen 1964 und 1976 gleich zehnmal. Auch 1967 durfte Cardiff international ran und legte dort einen ungeahnten Lauf hin.
Und natürlich, es hatte schon härtere Gegner im Europapokal der Pokalsieger gegeben: auf Cardiff warteten die Shamrock Rovers, NAC Breda und Torpedo Moskau. Und dann kam im Halbfinale der HSV. Wider Erwarten hielten die Waliser prächtig mit. In Hamburg trennten sich die Mannschaften 1:1, in Cardiff wiederum führte der Underdog zwischenzeitlich mit 2:1, aber Charly Dörfel, Uwe Seeler und Co. drehten das Spiel. Am Ende siegten die Hambuger 4:3. Dennoch: Der Halbfinaleinzug ist der größte internationale Erfolg in Cardiffs Vereinsgeschichte. Zumal es nur einem anderen Zweitligisten gelang, in ein Europapokal-Halbfinale einzuziehen: Atalanta Bergamo.
Atalanta Bergamo (1988)
Atalanta Bergamo spielte damals in der Serie B und war 1987 ins italienische Pokalfinale eingezogen. Dort verlor Atalanta zwar gegen den SSC Neapel, weil dieser aber die Meisterschaft gewann, qualifizierte sich Bergamo direkt für den Pokalsieger-Cup. Auch hier meinte es die Losfee zunächst gut mit den Italienern: In Runde eins setzte sich Atalanta gegen Merthyr Tydfil FC aus Wales durch, in der zweiten Runde gegen OFI Kreta.
Im Viertelfinale wartete schließlich Sporting Lissabon, aber auch die Portugiesen mussten sich dem Zweitligisten geschlagen geben. Im Hablfinale war dann gegen den späteren Sieger KV Mechelen Schluss. Atalanta verlor zweimal 1:2.
Angeberwissen II
Unterklassige Vereine, die ein Europapokal-Viertelfinale erreichten:
1964/65 Cardiff City (Wales/England, 2. Liga)
1968/69 Randers Freja (Dänemark, 2. Liga)
1970/71 Cardiff City (Wales; England 2. Liga)
1975/76 Wrexham (Wales/England, 3. Liga)
1976/77 Southampton (England, 2. Liga)
1980/81 Newport County (Wales, 3. Liga)
1980/81 West Ham United (England, 2. Liga)
Alemannia Aachen (2004)
Erik Meijer war nicht mehr zu halten: „Heute gibt es Alkoholinfusionen die ganze Nacht!“ Neben ihm lächelte beseelt und besoffen Sergio Pinto mit Kippe im Mundwinkel, irgendwo im Hintergrund stimmte mal wieder jemand „Griechischer Wein“ von Udo Jürgens an. Mit einem 2:0‑Sieg am letzten Spieltag der UEFA-Cup-Zwischenrunde gegen den AEK Athen hatte Zweitligist Aachen soeben das Ticket für die dritte Runde gebucht und damit den bedeutendsten Sieg der Vereinsgeschichte eingetütet. Zwar scheiterte die Alemannia dort schließlich am AZ Alkmaar (0:0, 1:2), den erfolgreichsten Europapokal-Auftritt einer deutschen Mannschaft konnte der Alemannia da aber schon keiner mehr nehmen.
Besonders in Erinnerung blieb dabei der 1:0‑Heimsieg am ersten Spieltag der Gruppenphase gegen den OSC Lille vor 20 000 Fans im Ausweichstadion zu Köln. Vor allem aufgrund der Volldampf-Taktik von Trainer Dieter Hecking. Der durfte damals ungeniert tönen: „Mainz und Aachen verkörpern den Spaß, der in Deutschland vielleicht etwas verlorengegangen ist!“ Andere Zeiten.