Ob Gladbach oder Stuttgart, Schalke, Wolfsburg oder Berlin, die vielen Trainerwechsel weisen auf ein grundsätzliches Problem hin. Doch es gibt eine Lösung dafür.
Es ist inzwischen schon fast fünf Jahre her, dass Markus Weinzierl von der 11FREUNDE-Jury zum „Trainer der Saison“ gewählt wurde. Er war damals Coach beim FC Augsburg und hatte die Spielzeit sensationell als Achter beendet, in der Saison darauf wurde er sogar Fünfter. Nachdem Weinzierl vorher schon mit Jahn Regensburg in die Zweite Bundesliga aufgestiegen war, galt er nun als Kandidat für große Klubs. Christian Heidel bezahlte sogar erstmals in der Geschichte der Bundesliga eine Ablösesumme für einen Trainer, um ihn nach Schalke zu holen. Doch die Zusammenarbeit wurde nach nur einer Saison und einem enttäuschenden zehnten Platz genauso vorzeitig beendet wie an diesem Wochenende in Stuttgart.
Weinzierls Entlassung fällt in eine Zeit, in der sich auf den Trainerbänken der Bundesliga seltsame Dinge tun. Borussia Mönchengladbach hat Dieter Hecking zum Saisonende gekündigt und Marco Rose von RB Salzburg verpflichtet, der VfL Wolfsburg lässt den Vertrag von Bruno Labbadia auslaufen, und Hertha BSC wird nach viereinhalb Jahren nicht mit Pal Dardai in die nächste Saison gehen. In keinem der drei Fälle befanden sich die Klubs in einer dramatischen Krise. Doch Herthas Sportvorstand Michael Preetz war schon länger nicht müde geworden, eine „Weiterentwicklung“ der Mannschaft einzufordern, die er letztlich nicht sah. Genau darum ging es, wenn auch weniger offen formuliert in Gladbach und Wolfsburg ebenfalls.
Bundesliga? Konter-Liga!
Die Laudatio für Markus Weinzierl, den „Trainer der Saison“, hielt 2014 Stefan Krämer, die beiden hatten gemeinsam die Ausbildung zum Fußballlehrer absolviert. Er beschrieb darin auch die Grundstruktur von Weinzierls Spielidee, die es so schon zu Regensburger Zeiten gegeben hatte: „Ein Mittelfeld-Pressing, bei dem jeder Spieler genau wusste, was er zu tun hatte, um bei Balleroberung ganz schnell umzuschalten und fast überfallartig nach vorne zu stürmen.“ Dieses Konzept habe Weinzierl dann weiterentwickelt, es passe aber auch nach Augsburg, weil der Klub ähnlich wie Jahn „von der individuellen Qualität und den finanziellen Möglichkeiten einen kleinen Nachteil im Wettbewerb“ habe.
„Die Bundesliga ist eine Konter-Liga“, stellte Pep Guardiola fest, nachdem er 2013 die Bayern übernommen hatte, und er hätte Weinzierls Augsburger Team als Musterbeispiel nennen können. Das war damals keine Kritik von Guardiola, sondern eine Feststellung. Inzwischen jedoch ist es eine Kritik. Denn die Idee des Konter- oder Umschaltfußballs ist an ihre Grenze gekommen, besonders bei Mannschaften mit größeren Ambitionen, aber nicht nur dort, wie Stuttgart zeigte.
Umschalten reicht nicht
Wer nur auf das Umschalten wartet, um aus dem Moment der Balleroberung heraus zum Torschuss zu kommen, hat letztlich eine begrenzte Spielauffassung und wird mittelfristig nicht mehr erfolgreich sein. Ein Spezialfall wie RB Leipzig ist da nur die Ausnahme von der Regel.
Das ist inzwischen sogar eine Frage des Vertrauens in die Trainer. Die meisten Bundesligaprofis sind heute höchst anspruchsvoll und bestens vernetzt. Viele von ihnen wissen aus eigener Erfahrung oder von Kollegen, wie Julian Nagelsmann, Lucien Favre, Christian Streich, Florian Kohfeldt und Sandro Schwarz arbeiten. Oder Pep Guardiola und Thomas Tuchel. Trainer also, die großen Aufwand damit betreiben, ihren Spielern für jede Partie passende Lösungen anzubieten. Die den nächsten Gegner genau in seinen Stärken und Schwächen analysieren, daraus passende Strategien entwickeln und diese auf dem Trainingsplatz auch noch vermitteln können – was besonders schwierig ist.