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Der Tod ist sein stän­diger Begleiter gewesen — und kommt dann doch uner­wartet. Es beginnt mit Nasen­bluten. So heftig, dass er den Not­arzt ruft. Seit er die neue Lunge hat, ist er schnell besorgt. Aber die Sani­täter beru­higen ihn, nichts Ernstes. Auf der Fahrt ins Kran­ken­haus macht er bereits wieder Scherze über die Tam­pons“ in seiner Nase. Kaum ange­kommen, bricht er zusammen. Keine Stunde später ist Michael Tön­nies tot. Lun­gen­em­bolie, mit 57.

Als er eine Woche später bei­gesetzt wird, begleiten rund 800 Men­schen seine Urne. Die Trauer und Anteil­nahme ist auch des­halb so groß, weil mit ihm nicht nur einer der wenigen Duis­burger Helden gestorben, son­dern zugleich ein Duis­burger Mär­chen zu Ende gegangen ist. Das Mär­chen vom Micha. Er war nicht nur Spieler, Sta­di­on­spre­cher und Ver­eins­le­gende des MSV. Er war auch der lebende Beweis dafür, wozu Fans und der Fuß­ball imstande sein können.

Ein hilf­loser Held

So werde ich keine 60 mehr“, stellte er im Sommer 2011 fest. Er sagte das in einem Inter­view anläss­lich des 20. Jah­res­tags jenes Spiels, das ihn bun­des­weit berühmt gemacht hatte. Beim 6:2‑Sieg des MSV Duis­burg gegen den Karls­ruher SC im August 1991 hatte er fünf Tore erzielt, die ersten drei in nur fünf Minuten. Fast ein Vier­tel­jahr­hun­dert sollte es der schnellste Hat­trick der Bun­des­liga bleiben.

20 Jahre lang hatten ihn die Fans so in Erin­ne­rung gehalten, den Tor­nado“, den Dicken“, der sie mit seinen Toren von der Ama­teur-Ober­liga zurück in die Bun­des­liga geschossen und ihnen die Hoff­nung auf bes­sere Zeiten gegeben hatte. Nun mussten sie jedoch erkennen, dass ihr eins­tiger Held sich nicht mal mehr selbst helfen konnte.

Ohne euch wäre ich nicht mehr hier“

Nach dem Ende seiner Kar­riere war er abge­stürzt, hatte sich mit einer eigenen Kneipe wirt­schaft­lich rui­niert, seine Ehe und am Ende auch bei­nahe sich selbst zer­stört. 80 Ziga­retten hatte er täg­lich geraucht. Die Krank­heit, die ihn zuneh­mend ans Bett fes­selte und sich anfühlte, als atme er nur noch durch einen Stroh­halm, hatte längst einen Namen bekommen – Lun­gen­em­physem. Nur noch eine Lun­gen­trans­plan­ta­tion könnte ihm helfen. Doch er hatte längst die Hoff­nung auf­ge­geben. Kämpfen war ohnehin nie seine Sache gewesen.

Einige Anhänger fassten dar­aufhin einen Ent­schluss. Sie wollten nicht tatenlos zusehen, wie er vor die Hunde geht. Sie wollten ihm Mut zuspre­chen und gestal­teten des­halb ein Album. Viele schlossen sich an, schrieben darin von ihren Erin­ne­rungen an ihn, vom Auf­stieg, vom Hat­trick. Davon, dass sie als Kinder so sein wollten wie er.

Diese geballten Emo­tionen zeigten Tön­nies, wie vielen Men­schen er noch immer etwas bedeu­tete, und ließen ihn umdenken. End­lich war er bereit, sich dem Wagnis Organ­trans­plan­ta­tion zu stellen, end­lich fing er an, um sein Leben zu kämpfen. Nach drei Fehl­ver­su­chen erwachte er schließ­lich im April 2013 aus der Nar­kose.