Es gibt viele Dinge, die man mit 20 Jahren machen kann. Work-and-travel in Aus­tra­lien zum Bei­spiel, das erste eigene Auto kaufen (gebrauchter Renault Twingo Bau­jahr 1999), von zu Hause aus­ziehen, den ganzen Tag kif­fend in der WG-Küche rum­hängen. Oder einen Bun­des­li­gisten aus der Krise schießen, so wie Weston McKennie.

Mit seinen beiden Tref­fern gegen Loko­mo­tive Moskau und For­tuna Düs­sel­dorf hatte der junge US-Ame­ri­kaner maß­geb­li­chen Anteil am Schalker Auf­schwung, der mitt­ler­weile drei Pflicht­spiel­siege in Folge umfasst und Königs­blau von den Abstiegs­rängen geführt hat. 

Sein Weg zum Bun­des­liga-Hoff­nungs­träger begann aller­dings 14 Jahre vorher – und 230 Kilo­meter süd­lich.

So lange er bei uns war, haben wir kein Spiel ver­loren“

Von der Arena Auf Schalke sind es rund drei­ein­halb Stunden Auto­fahrt bis zum Ver­eins­heim des FC Phönix Otter­bach in der Nähe von Kai­sers­lau­tern. Hier, am Orts­rand der 4.000-Einwohner-Gemeinde im Schatten des Schloss­bergs, begann McKennie 2004 damit, wovon er wenige Wochen zuvor nicht mal wusste, dass es ein Sport war“: Fuß­ball.

Kurz zuvor war die Familie McKennie wegen des Vaters, der bei der US-Army beschäf­tigt war, nach Deutsch­land umge­sie­delt. Weston und sein neun Jahre älterer Bruder John kickten hin und wieder mit einigen Jungs aus dem Ort in der lokalen Sport­halle, unter anderem David Müller, der gerade als Jugend­trainer beim FC Phönix ange­fangen hatte. Müller lud Weston zum Trai­ning ein. In seinem ersten Spiel schoss er acht Tore. Also ließen wir ihn zwei Jahr­gänge weiter oben mit­spielen. So lange er bei uns war, haben wir kein ein­ziges Spiel ver­loren“, sagt Müller in einer Kurz-Doku des US Fuß­ball­ver­bands.

Als die Familie 2009 in die USA nach Texas zurück­kehrte, schloss sich McKennie der Aka­demie des FC Dallas an, der wohl besten des Landes, war Stamm­spieler in allen Alters­klassen und gewann einige Nach­wuchs­titel. Er hätte mit vollem Sti­pen­dium an die Uni­ver­sity of Vir­ginia gehen oder einen Anschluss­ver­trag in Dallas unter­zeichnen können. Doch als der FC Schalke anrief, zögerte McKennie nicht, nach Deutsch­land zurück­zu­kehren. Denn: In Europa Fuß­ball zu spielen, ist wie Bas­ket­ball in den USA.“

Schalkes bester Feld­spieler

Trotz guter Leis­tungen in der Knap­pen­schmiede unter Nor­bert Elgert war die Umstel­lung nicht leicht. Als schwie­rige Zeit“ bezeichnet er das Jahr in der U19 heute. Ich fühlte mich manchmal über­for­dert, dazu kamen Zweifel auf, ob meine Ent­schei­dung wirk­lich richtig war. Schließ­lich hatte ich viel in den USA zurück­ge­lassen bezie­hungs­weise auf­ge­geben – meine Familie, das Col­lege, meine gute Per­spek­tive beim FC Dallas.“ 

Ein Jahr später machte er 22 Bun­des­li­ga­spiele und trug seinen Teil zur könig­blauen Vize­meis­ter­schaft bei. Ein wei­teres Jahr später ist er – Stand jetzt – Schalkes bester Feld­spieler.