Wie sieht Österreich den einstigen Wunderknaben Marko Arnautovic?
Er kann dein Leben kaufen
Der Österreicher Marko Arnautovic hat sich in Deutschland den Ruf eines arroganten Vorzeige-Prolls hart erarbeitet. Wie steht sein Heimatland zu ihm? Radoslaw Zak vom Magazin »ballesterer« gibt Auskunft.
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Ein Urlaubsfoto kann viel erzählen. Früher, liebe Spätgeborenen, mussten Fotos nach der Urlaubsreise noch entwickelt und selektiert werden. Erst dann bekam der Familien- oder Freundeskreis zu sehen, wie üppig das Essensbuffet, wie blau das Poolwasser und wie gepflegt die Hotelanlage war. In der Sommerpause ist auch Marko Arnautovic verreist. Mit einigen seiner Hawara (Kumpels, d. Red.) ging es ans Meer und der 24-Jährige stellte wie jeder moderne Urlauber ein Foto ins Internet. Es zeigt ihn lässig in der Mitte von anderen tätowierten Männern auf einer Yacht liegend. Es ist anzunehmen, dass Arnautovic mit dem Schnappschuss niemals im Sinn hatte, seine neue modische Frisur zur Schau zu stellen oder gar dekadent zu wirken, aber eben jene Assoziationen wurden aber bei den Fans seiner Seite geweckt. Party und auf dicke Hose machen könne er, wenn er endlich anfange vernünftig Fußball zu spielen. Das der Grundtenor der österreichischen Fußballfans.
Sie warten auf das Einlösen des Versprechens, das ihnen Arnautovics attestiertes Talent einst gab. Doch statt durch Leistungen auf sich aufmerksam zu machen, liefert er dem Boulevard Geschichten über seinen Lebensstil, nächtliche Rasereien und Polizeikontrollen, die angeblich mit Sätzen wie »Ich kann dein Leben kaufen« enden. Die an ihn gestellte Erwartungshaltung hat Arnautovic noch immer nicht erfüllt.
Aus dem Genie wird eine Zielscheibe
Wenn der Wiener mit serbischen Wurzeln Tore schießt, erntet er mediale Lobeshymnen, in Rekordzeit wird ihm die Aura eines Superstars verliehen. Der österreichische Fußball lechzt nach Vorzeigefußballern. Doch so schnell wie er himmelhoch gelobt wird, landet er immer wieder auf dem harten Boden der Tatsachen. Wenn die Erfolgserlebnisse ausbleiben oder ein Discobesuch auffliegt, wird aus dem extrovertierten Genie eine polarisierende Zielscheibe. - Wann zeigt er endlich, was er drauf hat?
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Genügend Angriffsfläche bietet er ja, schon ein oberflächlicher Blick auf seine Leistungsbilanz zeugt von einer eher durchwachsenen Karriere. Über lediglich drei Kurzeinsätze kam der damalige Twente-Leihspieler bei Inter Mailand 2009 nicht hinaus, ein Jahr später wurde dem schwierig geltenden Akteur eine strahlende Zukunft bei Werder Bremen prophezeit. In 72 Bundesliga-Spielen brachte es der für rund sechs Millionen Euro geholte Hoffnungsträger auf 14 Tore. Mittlerweile ist er nur noch 2,35 Millionen wert. Von der landesweiten Popularität eines David Alabas ist er weit entfernt. Der schüchterne Bayern-Spieler ist die Antithese zum exzessiven Arnautovic.
Hohn und Spott für den neuen Arbeitgeber
Für seinen neuen Arbeitgeber hat Arnautovic jetzt Hohn und Spott aus der Heimat geerntet. Waren während der Sommerpause noch Namen wie Valencia, London, Glasgow oder Kiew gehandelt worden, landetet der Angreifer schließlich in Stoke-on-Trent, einer triste 350.000- Einwohner-Stadt in den rauen englischen Midlands, die außer einem Töpfermuseum kaum Sehenswürdigkeiten bietet. Anspruch und Realität divergieren. Um es mal vorsichtig zu formulieren.
Immerhin: Den Glauben an ihr Talent haben die Österreicher nicht aufgegeben. Ein neuer Klub, eine neue Chance, aus dem Exzentriker einen hart arbeitenden Fußballer zu machen, der seine Fähigkeiten endlich zum Wohle der eigenen Nationalmannschaft ausspielt. Vielleicht wird sich der hochbegabte Schüler auf der Insel für bessere Zensuren entscheiden und nicht mehr den Klassenclown spielen. Den Fokus auf seine Laufbahn legen und herausfinden, dass unweit von Stoke mit Birmingham, Liverpool und Manchester nicht unbedingt schönere Städte, aber glamourösere Klubs auf ihn warten. Wenn er endlich mal zeigt, was er so drauf hat.