Diese Woche hat der AFC Wimbledon in der League One erneut den Klassenerhalt geschafft. Noch heute ist der Londoner Stadtteilklub im Besitz der Anhänger. Aber was ist vom Traum geblieben, die Fußballwelt zu verändern?
14 Jahre! 14 verdammte Jahre hatten die Fans des AFC Wimbledon auf diesen Tag gewartet. Und als es am 9. Oktober 2016 um 14.03 Uhr endlich so weit war, gab es kein Halten mehr. Aus allen Ecken Englands schickten Fußballfans Glückwünsche nach London. Selbst die Presse konnte ihre klammheimliche Freude nicht verbergen. Der „Guardian“ schrieb von einem „historischen Meilenstein“, und es war keine Übertreibung. Denn an diesem Sonntagnachmittag hatte Wimbledon nicht nur ein Spiel in der League One gewonnen. An diesem Tag, so sahen es die meisten Fans, hatte das Gute über das Böse gesiegt. Der AFC stand nach einem Sieg gegen Oxford United zum ersten Mal seit seiner Gründung vor Milton Keynes Dons. Diesem Retortenklub, den die Wimbledon-Anhänger Franchise FC nennen – wenn sie keine Schimpfwörter benutzen möchten.
„Ältere Typen, mit normalen Jobs“
Die Feierstimmung im Oktober hielt noch ein paar Tage an. Auch der amerikanische Bestsellerautor und AFC-Edelfan John Green meldete sich und wiederholte seine Idee, das Wunder von Wimbledon bald zu verfilmen. „Das ist die größte Außenseiterstory, von der man bisher nichts gehört hat“, sagte er. „Eine Geschichte über ein paar etwas ältere Typen mit normalen Jobs, die keine Ahnung davon hatten, wie man einen Sportverein führt.“ Eine Geschichte, daran gibt es wirklich keinen Zweifel, die eines der größten Märchen im modernen Fußball erzählt.
Auch dieser Text wird von Helden und Legenden handeln. Von Fußballfans, denen im Sommer 2002 alles genommen wurde. Von Funktionären, die damals meinten: „Fans können keinen Fußballverein führen.“ Aber 15 Jahre nach der Gründung des AFC Wimbledon ist es ebenso Zeit für einen Blick auf den Status quo. Denn was passiert eigentlich, wenn ein von Fans gegründeter Fußballverein im Profigeschäft mithalten will? Wenn es nicht nur ein paar von diesen casual guys mit casual jobs gibt, sondern die feinen Männer mit dem Geldkoffer kommen? Kurzum: Ist der AFC Wimbledon immer noch derselbe Verein wie 2002?
Was für ein Scheißtag!
Ein halbes Jahr nach dem Sieg in Oxford, an einem Donnerstagabend im April, sitzt einer dieser etwas älteren Typen in einem Café nahe der Underground-Station Wimbledon. Er heißt Kris Stewart, ist 50 Jahre alt und ein gemütlicher Mann mit Bauch und Sieben-Tage-Bart. Er hat den AFC mit ein paar Freunden gegründet, und auch seine Geschichte liest sich erst mal wie ein Märchen.
Es begann mit seiner Entlassung am Morgen des 28. Mai 2002. Stewart, der als Finanzberater arbeitete, kam gerade aus dem Urlaub, als ihm sein Chef gegen elf Uhr eröffnete, dass er seine Dienste nicht mehr benötige. Am Nachmittag erfuhr Stewart, dass sein geliebter und von finanziellen Nöten geplagter FC Wimbledon ins 100 Kilometer westlich von London gelegene Milton Keynes umziehen würde. In diese New Town, die in den sechziger Jahren aus dem Boden gestampft wurde und den Charme eines Bezirksamts versprüht. Und das alles, weil ein paar Funktionäre glaubten, dass nur so ein wirtschaftliches Überleben gesichert sei. Was für ein Scheißtag!