Wie kann man Ultras zur Ruhe bringen?
Jonglierende Elefanten und Howard Carpendale
Matthias Waldraff von der CDU Hannover möchte, dass Spielmannszüge die Ultras in Hannover ersetzen. Eine tolle Idee. Jedoch nicht so großartig wie unsere Vorschläge.
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Das Leben von Matthias Waldraff sieht ziemlich schön aus. Auf den zufällig geschossenen Fotos seiner Webseite zeigt er sich mit seiner Mutter (lachend) beim Kaffeekränzchen, mit seiner Frau (lachend) im Park, mit seinem Sohn (lachend) beim Fahrradfahren, mit einer Passantin (interessiert) auf der Straße, mit einer asiatischen Konditorin (gut integriert) beim, richtig, Konditor. Er trägt Jeans, Hemd und einen blauen Filzparka. Er ist ein Typ von nebenan. Ein CDU-Politiker zum Anfassen.
Doch weil das Politikerbild heutzutage niemals komplett ist ohne ein Bekenntnis zum Fußball, gibt es auch ein Foto aus dem Niedersachsenstadion. Wer glaubt, Hannovers Oberbürgermeisterkandidat tue das nur, weil es Stimmen bringen könnte, der irrt. Waldraff ist Fachmann, er ist Fußballfan. Waldraff hat einen 96-Schal um den Hals gebunden, und er weiß, wie eine moderne Viererkette spielt, warum Steven Cherundolo immer noch wichtig für die Roten ist und wie Schatzschneider mit Vornamen heißt.
Wie behebt man das Ultra-Problem?
Vor allem aber weiß er, wer die Störenfriede im modernen Fußball sind: die Ultras. Das haben Marijke Amado und Johannes B. Kerner in den vergangenen Monaten und Jahren ja bereits plausibel erklärt.
Waldraff wäre aber nicht Politiker geworden, wenn er keine Ideen hätte, dieses Problem zu beheben. Jüngst hat er zur Ultra-Causa vorgeschlagen, dass Spielmannszüge und Feuerwehr-Kapellen vor und während des Spiels musizieren. Sie würden die Ultras einfach übertönen und ganz nebenbei, so Waldraff, eine Gegenkultur zu den Ultras schaffen.
Stefan Mross, Oliver Geissen und Howard Carpendale
Das ist eine ziemlich großartige Idee. Sie geht einher mit einem 11FREUNDE-Strategiepapier »Sicheres Stadionerlebnis 2.0«, das demnächst an die DFL übergeben werden soll. Darin fordern wir: Jonglierende Elefanten in der Halbzeitpause, eine Truckstop-Coverband bei Eckbällen, eine Torfrock-Coverband bei Einwürfen, ein Gedicht von Toni Polster bei Verletzungspausen und natürlich eine brasilianische Congaschlange beim Einlaufen. Dazu noch Howard Carpendale als Linienrichter und Oliver Geissen als Maskottchen, das per Fallschirmsprung den Ball zum Anstoß bringt, während Stefan Mross die deutsche Nationalhymne trompetet. - Planen die Ultras einen Gegenschlag?
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Und falls das alles nicht genug von dem unbändigen Lärm und dem Bürgerkrieg auf den Tribünen ablenkt, dann spielt einfach Manowar, die lauteste Band der Welt, 90 Minuten lang »Warriors of the world«. Joey DeMaio soll übrigens auch auf Marschmusik stehen. Hat mal einer erzählt. Irgendwo. Irgendwann.
Wir werden Waldraff dieses Papier zuschicken, wenngleich er momentan vermutlich sehr beschäftigt ist, ein paar neue Wahlkampfthemen auf den Plan zu bringen, etwa die Rolltreppe vom Maschsee direkt in den Himmel, Latein als Amtssprache in Niedersachsen und eine Klaus-Meine-Statue am Rathaus.
»Danke, dass es euch gibt!«
Auch eine Reaktion der Hannoveraner Ultras steht noch aus. Vermutlich planen die Taliban der Fans momentan an einer Gegengegenkultur zu Waldraff und schießen Bilder im großelterlichen Wohnzimmer, mit Platzdeckchen und Meissen-Porzellan, bei zufälligen Gesprächen auf der Straße, mit zufällig hochgezogenen Mundwinkeln, mit zufällig dankbar dreinblickenden und örtlichen Konditorinnen (gut integriert), die zu sagen scheinen: »Danke, dass es euch gibt!«
Doch lassen Sie sich davon nicht täuschen, Herr Waldraff, denn das ist alles nur gestellt!