Viereinhalb Jahre reitet der 1. FC Köln auf der Erfolgswelle. Dann bricht das Chaos los. Die Vereinsführung löst sich auf, der Klub steigt in die zweite Liga ab. Wie kam es dazu?
Als die Pressekonferenz schon fast vorüber ist, lässt Peter Stöger noch einen Blick in sein Gefühlsleben zu: „Ich bin froh, dass dieses Spiel vorbei ist.“ Borussia Dortmund hat ein umkämpftes Match in Köln mit 3:2 gewonnen. Viereinhalb Jahre hat Stöger als Coach in der Domstadt gewirkt. Vor zwei Monaten ist er entlassen worden und hat nur eine Woche später beim BVB angeheuert.
Nun kehrt er an einem kalten Februartag für ein Spiel an seine alte Wirkungsstätte zurück – und der Empfang seiner ehemaligen Mitstreiter könnte kaum frostiger sein. Einige Offizielle des 1. FC Köln übersehen Stöger geflissentlich, andere verweigern ihm sogar den Handschlag.Wenn Menschen aus dem Profifußball erklären, warum es in ihrem Geschäft oft so unberechenbar läuft, sagen sie gern: „So ist der Fußball.“
Die Floskel, aus der auch Unverständnis spricht, fasst zusammen, wie viele unglaubliche Geschichten und Personalrochaden das emotionale Gewerbe produziert, in dem Entscheidungen oft rasant und rein affektgetrieben fallen. Dennoch ist selbst für intime Kenner der Szene schwer nachvollziehbar, wieso in den zurückliegenden Monaten das Chaos über den 1. FC Köln hereinbrach – und das gute Binnenverhältnis der Verantwortlichen fundamental beschädigte.
Ein beispielloses Fiasko
Das Tempo des Absturzes nach viereinhalb Jahren auf der Erfolgswelle bricht alle Geschwindigkeitsrekorde der Bundesligahistorie. Ab 2013 war es dem Präsidium um Werner Spinner, Vize Toni Schumacher und Finanzgeschäftsführer Alexander Wehrle mit Manager Jörg Schmadtke und Trainer Peter Stöger gelungen, den zum Fahrstuhlklub verkommenen FC zu befrieden, zu entschulden und wieder in der Bundesliga zu etablieren.
Am letzten Spieltag der Saison 2016/17 erreichten die Kölner erstmals seit 25 Jahren wieder einen internationalen Wettbewerb. Endlich, so dachten viele, war der FC wieder dort, wo er seinem Selbstverständnis entsprechend hingehört. Doch dann geriet die neue Spielzeit zum beispiellosen Fiasko. Drei Punkte aus den ersten 16 Spielen – das hatte selbst Tasmania Berlin in der Saison 1965/66 nicht geschafft.
Der gemeinsame Kaffee wird schwierig
Es ist nicht allzu lange her, dass 11 FREUNDE Jörg Schmadtke zum „Manager des Jahres“ gekürt hat. Gewählt von einer Jury, der Sachverständige wie Bundestrainer Joachim Löw angehören. Wir trafen den Sportdirektor dazu Anfang Juni am Kölner Rudolfplatz. Der Manager aß ein Bauernfrühstück und freute sich deutlich spürbar, mit uns die erfolgreiche Saison nachzubereiten. Gerade war er von einem feucht-fröhlichen Partywochenende mit dem Trainerteam in London zurückgekehrt.
Am Ende des Gesprächs fragten wir den Manager, der gerade vorzeitig seinen Vertrag um drei Jahre bis 2023 verlängert hatte, was wäre, wenn er Peter Stöger irgendwann entlassen müsse. Schmadtke antwortete glaubhaft: „Vielleicht gelingt es uns ja, einen Trainervertrag auch mal auslaufen zu lassen. Und wenn nicht, würde ich mir wünschen, dass der Zeitpunkt noch in weiter Ferne liegt und wir auch danach noch zusammen Kaffee trinken gehen.“
Stand heute lässt sich sagen: Das mit dem gemeinsamen Kaffee könnte schwierig werden. Denn nach ihrem Ausflug in die britische Metropole setzte ein Entfremdungsprozess zwischen den beiden ein. „Irgendetwas hat sich im Sommer zwischen uns verändert“, sagt Jörg Schmadtke, „die Kommunikation war nicht mehr so wie zuvor.“ Es ist Winter geworden. Der Manager sitzt an einem eisigen Tag in einem Café am Rhein in seiner Heimatstadt Düsseldorf. Seine Zeit beim FC ist Geschichte.