DFB-Pokal, das bedeutet auch immer: Flutlichtatmosphäre. Eine Atmosphäre, die ohne einen britischen Schuhmacher namens John Tasker nicht möglich gewesen wäre. Denn es war ein langer und steiniger Weg, bis das Flutlicht deutsche Fußballplätze erhellte.
Wohin man dieser Tage auch hört, meistens beklagt jemand die immer schneller voranschreitende Kommerzialisierung des Fußballs. Montagsspiele in der Bundesliga. Eine Champions League, in der nach den jüngsten Reformen die Großen und Reichen bald völlig unter sich sind. Eine WM in Katar und vier Jahre später eine mit gleich 48 Mannschaften, vielleicht in Kanada. Da ist es an der Zeit, daran zu erinnern, dass derjenige, der an dem ganzen Schlamassel schuld ist, in diesem Jahr einen runden Geburtstag feiert – das Flutlicht.
Natürlich kann man das, was die FIFA „Beleuchtung von Fußballplätzen mit künstlichem Licht“ nennt, nicht für diese Entwicklung verantwortlich machen, handelt es sich doch um harmlose Lampen oder LED-Leuchten. Und natürlich sind selbst die größten Traditionalisten verschossen ins Flutlicht. Vor allem dann, wenn es nicht verhuscht unters Dach montiert ist, sondern wenn sich in den Ecken des Stadions mächtige Masten in die Höhe recken und die Menschen, um es mit den Worten des englischen Historikers Simon Inglis zu sagen, locken „wie ein Licht in der Nacht die Motten“.
John Tasker glaubte an die Elektrizität
Trotzdem bleibt festzuhalten, dass viele der modernen Auswüchse unmöglich wären, hätten sich Sportveranstaltungen im Freien nicht vom Tageslicht unabhängig gemacht. Tatsächlich hatte schon das erste Fußballspiel unter Flutlicht überhaupt einen rein kommerziellen Hintergrund. Im Laufe des Jahres 1878, also noch vor der Erfindung von Edisons Glühbirne, begann nämlich eine Firma aus Sheffield namens Tasker, Sons and Co., in elektrisches Licht zu investieren.
Damals wurden die Straßen noch von Gasleuchten erhellt und die Wohnungen durch Petroleumlampen, doch der gelernte Schuhmacher John Tasker glaubte an die Elektrizität. Seine Idee war es, Industrieflächen, wie zum Beispiel Ausbesserungswerke der Eisenbahn, mit Scheinwerfern zu beleuchten, damit man auch abends arbeiten konnte. Um diese Einsatzmöglichkeit zu demonstrieren, errichteten die Taskers auf ihrem eigenen Werksgelände eine Anlage zur Stromerzeugung und erhellten einen offenen Platz. Doch so richtig vom Hocker riss das niemanden. Um eine große Zahl von Menschen vom neuen Licht zu überzeugen, brauchten die Taskers etwas Spektakuläreres: ein Fußballspiel.
„Die Leuchtkraft der Anlage entsprach jener von 8000 gewöhnlichen Kerzen“
John Tasker überzeugte die Betreiber des Stadions an der Bramall Lane, ein Freundschaftsspiel zu organisieren, das dann künstlich beleuchtet würde. Viel Überredungskunst brauchte er nicht, denn das klang nach etwas, zu dem die Leute aus reiner Neugier in Scharen strömen würden. Und so war es dann auch. Am einem Montagabend vor 140 Jahren, dem 14. Oktober 1878, eilten 20 000 Menschen zur Bramall Lane. Nur 12 000 von ihnen bezahlten Eintritt, die anderen kletterten einfach über die Mauern. Trotzdem war es ein äußerst lohnendes Geschäft, denn so viele Zuschauer waren bis dahin noch nicht einmal zu einem Länderspiel gekommen.
Beleuchtet wurde das Feld an jenem Abend durch vier Bogenlampen der deutschen Firma Siemens & Halske. (Es handelte sich dabei um Scheinwerfer; die Bezeichnung „Bogenlampe“ hat nichts mit der Form zu tun, sondern mit der Beugung des Lichts.) Montiert waren die Lampen auf neun Meter hohe Holzgerüste, der Strom kam von zwei Dynamos, die hinter den Toren standen. Wie der „Sheffield Telegraph“ am folgenden Tag schrieb, spannten viele der weiblichen Zuschauer ihre Regenschirme auf, sobald sie ins Licht traten, um sich vor den Strahlen zu schützen. Laut einer anderen Zeitung „entsprach die Leuchtkraft der Anlage jener von 8000 gewöhnlichen Kerzen“, was völlig ausreichend war, um das Geschehen zu illuminieren.