Dass sich das Blatt im Lauf eines Gerichts­pro­zesses dra­ma­tisch wenden kann, wissen der SV Waldhof Mann­heim und der Deut­sche Fuß­ball-Bund (DFB) spä­tes­tens seit dem 20. März. Es war der Tag, an dem die 6. Zivil­kammer des Land­ge­richts in Frank­furt am Main den größten Sport­ver­band der Welt mit seinem wich­tigsten Grund­satz kon­fron­tierte. Näm­lich jenem, nach dem er einen sport­lich fairen Wett­kampf zu garan­tieren und sich de facto nicht in sel­bigen ein­zu­mi­schen hat.

Kann ein Verein – oder genauer: eine Mann­schaft und ihre Spieler – für ein Ver­gehen seiner Anhänger mit einem Punk­te­abzug in der fol­genden Saison belangt werden? Nein, machte die Kammer im Rechts­streit des DFB mit dem Regio­nal­li­gisten deut­lich. Der Punkt­abzug ver­fälscht den sport­li­chen Wett­be­werb. Diesen in fairer Weise zu för­dern, ist oberster Sat­zungs­zweck des DFB. Ein Punkt­abzug ist daher in aller Regel nur gerecht­fer­tigt, wenn er dazu dient, einen unbe­rech­tigt oder in sons­tiger Weise unfair erlangten Vor­teil wieder rück­gängig zu machen“, erklärte der Vor­sit­zende Richter Richard Kästner. Des­wegen sei nicht nur das Inter­esse des Ver­bands an der Ver­hin­de­rung künf­tiger Aus­schrei­tungen“ zu berück­sich­tigen, son­dern auch das Inter­esse der Sportler […] an einem unver­fälschten sport­li­chen Wett­be­werb“.

Das DFB-Urteil? Unwirksam!

Der Drei-Punkte-Abzug gegen den SV Waldhof, den das DFB-Sport­ge­richt im Juli ver­gan­genen Jahres nach den schweren Zuschau­er­aus­schrei­tungen im abge­bro­chenen Rele­ga­ti­ons­rück­spiel gegen den KFC Uer­dingen im Mann­heimer Carl-Benz-Sta­dion ver­hängt hatte, ist somit nicht wirksam und rück­gängig zu machen. Zudem ist das Urteil vor­läufig voll­streckbar“. Das bedeutet: Waldhof Mann­heim kann bei einer Beru­fung die sofor­tige Aner­ken­nung der abge­zo­genen Punkte erwirken – und selbst für den Fall, dass der Klub vor einer nächst­hö­heren Instanz schei­tern sollte, wären den Kur­pfäl­zern die drei Punkte sicher.

Der genaue Zeit­punkt der Rück­gän­gig­ma­chung blieb jedoch zunächst offen – und dem DFB gewis­ser­maßen selbst über­lassen. Gegen die Ent­schei­dung des Land­ge­richts konnte der Ver­band inner­halb eines Monats Beru­fung ein­legen. Was er letzt­lich auch tat. Der Rich­ter­spruch des Land­ge­richts Frank­furt deckt sich nicht mit unserer Rechts­auf­fas­sung. Des­halb haben wir Beru­fung ein­ge­legt“, teilte Dr. Rainer Koch, 1. DFB-Vize­prä­si­dent für Recht und Sat­zungs­fragen, am 10. April auf Nach­frage mit.

Prinzip gebro­chen

Die Beru­fung erscheint aus DFB-Sicht vor allem des­halb sinn­voll, weil der Ver­band keinen Prä­ze­denz­fall schaffen will. Doch zum Zeit­punkt der Beru­fung waren bereits drei Wochen seit der Urteils­ver­kün­dung ver­gangen – und der Auf­stiegs­kampf in der Regio­nal­liga Süd­west unmit­telbar in die ent­schei­dende Phase gerückt.

Sport­lich ist die Rück­kehr des SV Waldhof in den Pro­fi­fuß­ball nach 16-jäh­riger Absenz schon länger nur noch eine Frage der Zeit – und an den Punkten, die in der offi­zi­ellen Tabelle nach wie vor nicht berück­sich­tigt sind, wird der Auf­stieg der Blau-Schwarzen in die 3. Liga nicht mehr schei­tern. Das Prinzip eines unver­fälschten sport­li­chen Wett­be­werbs“, wie ihn das Frank­furter Land­ge­richt vom DFB vor­aus­setzt, hat der Ver­band indes gebro­chen. Denn: Ohne den Punkt­abzug hätte das Team von Trainer Bern­hard Trares schon am ver­gan­genen Samstag nach dem 4:0‑Erfolg bei Erz­ri­vale Kickers Offen­bach und der gleich­zei­tigen 3:4‑Niederlage des 1. FC Saar­brü­cken in Elvers­berg den Auf­stieg feiern können. Fünf Spiel­tage vor Sai­son­ende liegen die Mann­heimer Buwe“ 15 Punkte vor den Ver­fol­gern aus Saar­brü­cken und Hom­burg.