The size of the prize“, sagt Ian Hol­loway und schüt­telt sachte den haar­losen Kopf, schaut euch nur an, was auf dem Spiel steht.“ Wei­ter­reden muss er nicht, alle haben die Zahl seit Tagen im Kopf: 120 Mil­lionen. Eine mons­tröse Zahl ist das, die in Bri­ti­schen Pfund, der här­testen Wäh­rung der Welt, an den Gewinner dieses einen Spiels über­wiesen wird.

Wem­bley an einem lau­warmen Tag Ende Mai. Glän­zend ist die große Arena und voller Men­schen.

Mehr als 82 000 Zuschauer sind gekommen, stolz tragen sie ihre Farben, knall­gelb leuchtet die Kurve im Osten, tiefrot die im Westen. Win or lose, das sind die Optionen heute, nichts sonst. Es ist also alles genau so wie zwei Tage vorher, als der FC Bayern hier gegen Dort­mund ange­treten ist. Nur dass es diesmal, bei Wat­ford gegen Crystal Palace, dem Team von Trainer Hol­loway, um wirk­lich viel Geld geht.

Es geht: um den ver­blie­benen dritten Auf­stiegs­platz in die Pre­mier League. Und um 120 Mil­lionen Pfund, die er min­des­tens mit sich bringt. Vor allem Fern­seh­geld, denn die reichste Liga der Welt hat vor kurzem den größten Über­tra­gungs­deal der Geschichte abge­schlossen, selbst das schlech­teste Team wird im nächsten Jahr gut 60 Mil­lionen aus dem TV-Pool erhalten, hinzu kommen noch einmal knapp 60 Mil­lionen an soge­nannten Fall­schirm-Zah­lungen, die Absteiger auto­ma­tisch erhalten. Das schönste Worst-Case-Sze­nario der Welt.

Ach ja, um das noch zu erwähnen: der Ver­lierer dieses Spiels, der kriegt gar nichts – oder um in hei­mi­scher Wäh­rung zu zahlen: fuck all. Und doch lächelt Hol­loway, da unten auf dem Rasen, sie spielen God save the Queen“, die Glatze des Trai­ners glänzt in der Sonne, 80 000 singen beseelt, es ist dies ein sehr eng­li­scher Moment, ein großer Moment vor einem großen Spiel, und des­halb lächelt auch der Ita­liener Gian­franco Zola, der Coach des FC Wat­ford. Beide wissen: Solche Tage sind ziem­lich selten im Leben eines Trai­ners, egal ob er nun Zola, Hol­loway oder Fer­guson heißt.

Wem­bley rel­oaded. Nicht mal 48 Stunden nach dem Erfolg der Bayern gegen die West­falen, an einem strah­lenden Mon­tag­nach­mittag um 15 Uhr, die Deut­schen sind weg, die Parks der Haupt­stadt voller Men­schen und das mäch­tige Sta­dion auch, ein Fei­ertag nicht nur für Lon­dons Bank­an­ge­stellte.

Ein wun­der­schöner, nobler Termin, das wich­tigste Spiel um den dritten Platz, das es gibt, aber auch für alle Akteure, Fans wie Spieler wie Funk­tio­näre, absolut brutal. 120 Mil­lionen!

Montag totale Freude, Dienstag totale Panik

Ihre Play-off-Halb­fi­nals haben die Teams schon über­standen, gegen die Kon­kur­renz der Plätze drei bis sechs, Wat­ford schaffte es in letzter Minute gegen Lei­cester City, ner­ven­zer­fet­zender Lauf der Dinge, Elf­meter gehalten, schneller Konter, Tor, die Videos vom übers ganze Feld flit­zenden Zola gingen um die Welt. Und Crystal Palace gewann aus­wärts beim Erz­ri­valen Brighton, danach tanzte Hol­loway in der Kabine im Aus­geh­anzug einen wilden Dub­step, auch das ist per wack­ligem Video doku­men­tiert.

Doch jetzt, da unten auf dem hei­ligen Rasen, haben beide ein Pro­blem. Was, wenn es schief­geht? Und, schlimmer noch: Was, wenn es klappt? Hol­loway, eigent­lich nie um eine Ant­wort ver­legen, hat das mög­liche Sie­ges­sze­nario schon vorab poin­tiert beschrieben: Montag: totale Freude. Dienstag: totale Panik.“ 120 Mil­lionen ver­än­dern alles, neue Spieler müssen her, das Sta­dion muss moder­ni­siert, bes­sere Kabel ver­legt werden, selbst das Spiel­feld muss größer werden. Oder auch nicht. Es ist wie im Casino“, so sagt es Steve Parish, einer der Besitzer von Crystal Palace, du setzt die Zukunft des Klubs auf Rot oder Schwarz. Eine 50:50-Wette, mit der du deinen Fuß­ball­verein ver­än­dern kannst. Viel­leicht. “ Es ist ein guter Tag für ein Glücks­spiel, mit viel Sonne und einem küh­lenden Wind, der gut tut, weil er den Schweiß trocknet, ein biss­chen jeden­falls.

Denn die Angst hat alle Formen ange­nommen. Sie ist: ein nägel­kau­ender Teen­ager in der Bak­erloo Line, der viel zu früh auf­springt und auf­ge­regt vor dem Aus­gang hin und her tip­pelt, next stop: Baker Street. Sie ist: die ner­vöse Unter­hal­tung zwi­schen einem alten Mann und seiner Tochter in der Bahn kurz vor Wem­bley Park. Wie lange noch?“ – Vier Stunden, Dad.“ – Vier Stunden?!“ – Dad, hör auf zu singen, bitte.“ Die Angst, sie ist schließ­lich auch eine Pfütze Erbro­chenes vor dem Sta­dion, am wuch­tigen Beton­pfeiler vor Ein­gang K.