Es ist kaum noch etwas übrig vom alten Tivoli. Die Kampagne „Kulturgut Tivoli erhalten!“ kämpft deshalb leidenschaftlich für das letzte Erinnerungsstück: einen verwilderten Treppenaufgang.
Christoph Nießen, Sie sind langjähriger Alemannia-Fan und kämpfen nun darum, den Treppenaufgang zum Würselener Wall zu erhalten. Der könnte auf Grund von Baumaßnahmen bald abgerissen werden. Welche Bedeutung hatte der Wall für die Alemannen?
Da muss man beim Aachener Tivoli anfangen. Also, beim wirklichen Aachener Tivoli, dem alten. Dieses Stadion war das Symbol und die Identität des ganzen Vereins. Es war für jeden von uns wie ein Wohnzimmer. Der Würselener Wall hat sich relativ schnell als Stimmungskern etabliert, bevor der sich dann später in den S‑Block verlagert hat. In der Zeit ist das geschaffen worden, was das Stadion so einzigartig gemacht hat: Denn es war eben nicht so, dass alle in den S‑Block gezogen sind und nur da Stimmung war. Jetzt ist der Würselener Wall und der Aufgang das letzte Stück, das vom alten Tivoli noch übrig geblieben ist.
Was passierte eigentlich in den letzten Jahren auf dem Treppenaufgang?
Die Ultra-Gruppe „Karlsbande“ hat sich eine Weile dort getroffen. Heute trifft man dort immer wieder jüngere Alemannia-Fans vor den Spielen. Deswegen ist es uns wichtig, dass dieses letzte Stück Tivoli nicht weiter verkommt und ihm die Ehre zuteilwird, die ihm gebührt.
Welche Hürden müssen Sie nehmen, um das Kulturgut erhalten zu können?
Mit dem Abriss des alten Tivoli war ein größeres Bauvorhaben verbunden. Wo das Stadion stand, ist jetzt eine Wohngegend. Was geblieben ist, sind die Straßennamen, für die man sich eingesetzt hat. Sprich: die Straße, durch die theoretisch die alte Mittellinie verläuft, heißt heute auch „Mittellinie“. Aber die Identifikation mit einem Straßennamen ist natürlich nicht besonders groß. Auch der Bereich um den alten Treppenaufgang soll nun zu Bauland werden. Wir wollen jede Möglichkeit wahrnehmen, um das zu verhindern. Sei es durch Denkmalschutz, oder mit der Hilfe der Stadt die Baupläne so anzupassen, dass der Aufgang zum Wall und möglicherweise weitere Teile darin berücksichtigt werden.
Kommt der Wunsch nach dem Erhalt auch daher, dass der neue Tivoli nie zu einer echten Heimat geworden ist?
Der neue Tivoli ist in der Aachener Fanszene zum Sinnbild des Abstieges unseres Vereins geworden. Primär bringen wir damit das Unvermögen der Verantwortlichen in Verbindung, die den Verein in den letzten Jahren heruntergewirtschaftet haben. Mit dem neuen Stadion ist die Identität des Klubs ein Stück weit verloren gegangen. Damals wollte man im Rahmen des sportlichen Erfolges die Kommerzialisierung immer weiter vorantreiben. Dabei hat man aber die eigentlichen Werte der Alemannia aus den Augen verloren.