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Hin­weis: Für 11FREUNDE #214 haben wir René Marić un Düs­sel­dorf getroffen, um mit ihm über sein Ver­ständnis von Fuß­ball zu spre­chen. Das Inter­view gibt es im aktu­ellen Heft, ent­weder am Kiosk eurer Wahl oder direkt bei uns im Shop

Es ist einer der ganz beson­ders heißen Tage, den dieser Sommer raus­haut. Es ist einer der Tage, an denen die Züge der Deut­schen Bun­des­bahn liegen bleiben, weil die Hitze irgendwas lahm­legt. In Berlin am Haupt­bahnhof geht es schon mit einer Drei­vier­tel­stunde Ver­spä­tung los, außerdem fehlen sechs von 13 Wag­gons.

In Han­nover geht dann nichts mehr weiter, also stürmen alle aufs nächste Gleis. Auf dem Boden in einem unge­kühlten Teil des Zuges gibt’s noch einen freien Platz, ab Bie­le­feld sogar wieder einen Sitz­platz. Dafür schafft es der Zug nur bis Dort­mund, wo dann auch der Regio­nal­ex­press aus­fällt. Die Regio­nal­bahn ist wun­derbar gekühlt, fährt aber nur bis Essen, es gibt grö­ßere Bau­ar­beiten im Ruhr­ge­biet. Dafür ist die S‑Bahnstrecke nach Düs­sel­dorf ganz wun­der­voll, der Essener Süden mit dem Bal­de­neysee sieht so aus, als müsse man dort mal Urlaub machen.

Wun­der­kind, Nerd, Freak?

Mehr als zwei Stunden Ver­spä­tung sind es schließ­lich, gut, einen Puffer ein­ge­plant zu haben. Doch als ich René Marić end­lich die Hand schüt­tele, fürchte ich, alle Fragen aus­ge­schwitzt zu haben. Die Sorge ver­fliegt schnell, auch weil Maric so gelassen wirkt. Er selbst wird erzählen, dass er eher gemüt­lich und manchmal etwas nach­lässig sei. Das passt wenig mit seinem öffent­li­chen Bild zusammen, dem des Nerd, Freaks oder Wun­der­kinds, der es mit 26 Jahren als jüngster Co-Trainer nun in die Bun­des­liga geschafft hat.

Den Ein­druck des Gemüt­li­chen ver­stärkt die öster­rei­chi­sche Fär­bung, wenn er spricht, er stammt aus einem Dorf in Ober­ös­ter­reich. Aber es muss auch den anderen Marić geben, den, der ganz tief in den Fuß­ball ein­ge­taucht ist, um das Spiel zu ver­stehen. Der nach schweren Ver­let­zungen seine Kar­riere als Spieler früh been­dete und mit 17 Jahren eine als Trainer begann, ohne zu wissen, dass es eine werden würde. Der über Taktik schrieb, um seine Gedanken zu ordnen und zum Grün­dungs­team der Web­site spiel​ver​la​ge​rung​.de gehörte, deren Mit­ei­gen­tümer er heute noch ist. Der Psy­cho­logie auch des­halb stu­dierte, um die Moti­va­tionen von Spie­lern besser zu ver­stehen. Der irgend­wann mit Marco Rose ins Gespräch kam und dann in Salz­burg, da war Marić gerade mal 22 Jahre alt, in dessen Trai­ner­team der Nach­wuchs­mann­schaft lan­dete, die 2015 die Youth Cham­pions League rockte. Und der das gleiche dann wenig später mit den Profis in der Europa League machte.

Erst Taktik, dann Strand

Marić lebt nun zum ersten Mal im Aus­land und ist nach Düs­sel­dorf in die Innen­stadt gezogen. Bis zum Trai­ning bei Borussia Mön­chen­glad­bach braucht er eine knappe halbe Stunde. Wir fahren mit dem Lift nach oben. Seine Woh­nung hat noch das Pro­vi­so­ri­sche, was Woh­nungen im Pro­fi­fuß­ball oft haben. Man weiß halt nicht, wie lange man bleiben wird. Ein paar Bücher stehen im Regal, die meisten auf Eng­lisch. Einige sind über Bas­ket­ball, den anderen Sport, den Marić liebt.

Marić liebt es aber beson­ders, über Fuß­ball zu spre­chen, das ist schnell klar. Er zeigt mir am Com­puter sein Modell des Fuß­balls, an dem er im Sommer gear­beitet hat. Im Urlaub in Kroa­tien, woher seine Familie stammt. Mor­gens hat er jeweils zwei Stunden geschrieben, danach waren Strand und Meer ange­sagt. Er fliegt durch die Charts, aber ich soll nichts davon zitieren, das ist sein Wis­sens­schatz. Er soll helfen, alles bewerten zu können, was auf dem Platz pas­siert, unab­hängig von Spiel­idee und Taktik. Eine Theorie des Fuß­balls, wenn man so will. Seine Theorie, die der Praxis helfen soll.

Ich bin jetzt nicht mehr müde, dazu ist das Gespräch zu anre­gend. Ich ver­stehe, warum Marco Rose ihn gerne um sich haben wollte. Dieser Co-Trainer ist voller Ideen und wirkt dabei weder über­spannt noch anstren­gend. Er mag ein Geschöpf des Digi­tal­zeit­al­ters sein, mit glo­baler Ver­net­zung. Doch zugleich ruht er in sich. Er ist wohl einer, der das Glück hat, am rich­tigen Ort zu sein. Ich hin­gegen muss jetzt noch weiter. Der letzte Zug des Tages hat dann lächer­liche zehn Minuten Ver­spä­tung, aber das ist längst egal. Der Weg zu René Maric und die damit ver­bun­denen Mühen haben sich gelohnt.