Der Fußball in Ägypten ist so widersprüchlich wie in kaum einem anderen Land. Ein schwarzer Tag in der Geschichte des Landes spielt dabei eine große Rolle. Doch es geht bergauf. Endlich.
95. Spielminute. WM-Quali-Spiel zwischen Ägypten und dem Kongo. Es gibt Elfmeter. Das Stadion bebt. Mohamad Salah kann Ägypten zur ersten Weltmeisterschaft seit 1990 schießen. Wenn er denn trifft. Die Spannung ist greifbar. Der Druck auf den Angreifer des FC Liverpool schier unmenschlich. Er läuft an. Schießt. Tor. Alle Dämme brechen.
Das lange Warten hat ein Ende
27 Jahre ist es her, dass Ägypten das letzte Mal an einer WM-Endrunde teilgenommen hat. 2018 ist der siebenfache Afrika-Meister endlich wieder dabei. Nach 1934 (Achtelfinal-Aus gegen Ungarn) und 1990 (Vorrunden-Aus in Italien) ist es erst die dritte WM-Teilnahme. Die Entwicklung der „Pharaonen“ ist dabei alles andere als normal – im Gegenteil.
Das Land erlebte in der jüngeren Vergangenheit mehrere Tiefschläge. In der dunkelsten Zeit des arabischen Frühlings ereignete sich das Massaker von Port Said. In der Stadt am Suezkanal kam es nach einem Ligaspiel zwischen Al-Masry und Al-Ahly, dessen Ergebnis heute niemanden mehr interessiert, zu einer unfassbaren Tragödie.
Das Massaker von Port Said – und seine Folgen
Die aus der Hauptstadt angereisten Al-Ahly-Anhänger wurden von bewaffneten Al-Masry-Hooligans überfallen. Mit Messern, Macheten und Glasflaschen stürmten sie den Gästeblock, der zuvor verschlossen wurde. Auch auf Spieler wurde Jagd gemacht. Die Polizei ließ es geschehen. Hunderte Fans wurden verletzt. 72 Menschen kamen ums Leben. Dieses Ereignis brannte sich tief in das kollektive Gedächtnis der Ägypter.
Auch heute, fünf Jahre später, wird mit dem Thema sehr sensibel umgegangen. In der Folge wurden die ägyptischen Liga-Spiele ohne Zuschauer ausgetragen. Dadurch litt das spielerische Niveau der Liga und auch das der Nationalmannschaft. Dreimal in Folge konnte sich der Rekordsieger nicht für die Afrika-Meisterschaft qualifizieren. Die drei Turniere zuvor hatte Ägypten noch gewonnen.
Mit Hector Cúper geht es aufwärts
2015 waren die Nord-Afrikaner am Tiefpunkt angekommen. Doch es sollte wieder aufwärts gehen. Im gleichen Jahr übernahm der argentinische Trainer Hector Cúper, der unter anderem schon Inter Mailand und den FC Valencia coachte, den Job des Nationaltrainers. In der WM-Quali legte Ägypten gut los. Auch die Qualifikation für die Afrika-Meisterschaften gelang unter der Führung des Argentiniers. Doch es wurde noch besser.
2017 spielte sich die Mannschaft sogar bis ins Finale des Afrika-Cups. Dort musste man sich zwar mit 1:2 gegen Kamerun geschlagen geben, doch Ägypten meldete sich nach schwierigen Jahren wieder zurück in Afrikas Fußball-Elite. Und eine andere schöne Geschichte hatte der Afrika-Cup auch noch zu bieten.