Er ist nicht nur der torgefährlichste Torhüter der Bundesligageschichte, sondern auch: unterschätzt, geachtet und außergewöhnlich. Auch nach seiner Karriere.
Wenn sie deinen Namen rufen, die Tausenden im Stadion, immer und immer wieder, weil sie sich etwas davon erhoffen, weil sie sich etwas von dir erhoffen, dann weißt du: du hast was richtig gemacht.
„Butt, Butt, Butt“, hallte es zwischen 1997 und 2012 durch die Stadien der Bundesliga. Erst in Hamburg, dann in Leverkusen, schließlich auch in München. „Butt, Butt, Butt“. Ein Stakkato der Vorfreude. Das ihn, den 1,91 Meter Schlacks aus Oldenburg, begleitete. Von einem Strafraum, seinem Strafraum, zum gegenüberliegenden. Um Elfmeter zu schießen. Als wäre es nichts.
Als erster Torwart seit 35 Jahren Bundesliga
Im September 1998 fängt es. Der Hamburger SV, seinerzeit Tabellenzweiter (!), spielt zu Hause gegen den VfL Wolfsburg. In der 39. Minute wird Stürmer Vanja Grubac gefoult, Strafstoß für den HSV. Doch nicht Anthony Yeboah, nicht Sergej Kirjakov, nicht Fabian Ernst, Thomas Gravesen oder Bernd Hollerbach schreiten zum Punkt. Sondern Hans Jörg Butt. Der Torwart.
Er verwandelt sicher. Gleich im darauffolgenden Spiel tritt er wieder an. Trifft bei der 3:5‑Niederlage in München. Und bleibt fortan der Mann für die Strafstöße. Ob in Hamburg oder später in Leverkusen. „Butt, Butt, Butt.“
Außergewöhnlich, aber nicht genug, ihn zu beschreiben
Am Ende sind es 26 Bundesliga-Treffer, die er so erzielt. Damit ist er der torgefährlichste Torhüter in der Geschichte der Bundesliga. Zudem ist er der einzige Torhüter, der gleich zwei Mal in einem Bundesligaspiel traf (beim 3:1 gegen den VfB Stuttgart im Mai ’99). Und ganz nebenbei hat er im Laufe seiner Karriere auch noch 17 Elfmeter pariert. „Butt, Butt, Butt“.
Das Erstaunliche daran: Die Sache mit den Elfmetern ist außergewöhnlich. Aber lange nicht hinreichend, diesen außergewöhnlichen Torhüter zu beschreiben, sich an ihn zu erinnern.
Entscheidender Faktor
Denn Hans Jörg Butt, der wegen des etwas spießbürgerlichen Klanges seines eigentlichen Vornamens viel lieber nur Jörg gerufen wird, war weit mehr. Ein Torwart, über den sein Ex-Trainer Jupp Heynckes sagte: „Butt ist angenehm unspektakulär. Er strahlt Ruhe und Souveränität aus, ist kein Zappelphilipp und kein Schreihals.“ Ein Torwart, der maßgeblich an den Erfolgen von „Vizekusen“ 2002 beteiligt war.
Die FAZ ging gar soweit, zu behaupten, Butt sei „der entscheidende Faktor für die Serienerfolge der Werksmannschaft“. Und dann ist da noch die Persönlichkeit Hans Jörg Butt. „Ein unheimlich intelligenter Mensch“, befand Klaus Toppmöller, und vor allem einer, der so gar nicht dem Klischee eines Fußballprofis entsprach.
Keine Allüren, keine Schlagzeilen. Keine Floskeln in Interviews. Einfach nur ein unaufgeregter Typ, der sich an seinem Idol Edwin van der Sar orientierte und ihm dabei erstaunlich nahe kam. Was macht so einer nach der Karriere, die ihm dank der Zeit bei den Bayern doch noch eine Meisterschaft und einen Pokalsieg bescherte? Er bleibt sich treu.