Rot-Weiß Erfurt ist nicht nur Schlusslicht der 3. Liga, auch finanziell gehen langsam die Lichter aus. Scheitert der nächste Traditionsverein an der Schwelle zwischen Anspruch und Realität?
Pommes schmecken am besten Weiß. Mit viel Weiß, bestenfalls, der als großer Klecks am Rande der goldbraunen Schale angehäuft wird, sodass es schon leicht mit den Pommesspitzen in Berührung kommt. Die Qualität des Weiß’ wird daran gemessen, ob und wann aus dem Weiß ein Gelb wird. Je später, desto besser. Andere mögen ihre Pommes am liebsten Rot. Aber das ist, wie allgemein bekannt, mit sehr viel Zucker verbunden. Ein Kompromiss ist die Schranke. Rot-Weiß. Häufig sind das Menschen, die die Soße über den ganzen Teller verteilen. Keinesfalls Ästheten. Worauf sich aber alle einigen können: Man muss sich in dieser Frage entscheiden. Fürs Leben.
Auch die Fans in Erfurt haben sich irgendwann entschieden. Diesem Verein, einem Gründungsmitglied des DFB, allzeit die Treue zu halten. Und Rot-Weiß Erfurt macht es seinen Anhänger in diesem Vorhaben gerade nicht besonders leicht. Am Wochenende ließ die Kurve per breitem Transparent wissen: „DER VEREIN GEHT ZUGRUNDE“. Was, möglicherweise mit knurrendem Magen, zu der Frage führt: Was ist los bei Rot-Weiß Erfurt?
Entlassung und Engpass
Als die Fans das Banner vor dem Spiel gegen die Sportfreunde Lotte platzierten, war Abstiegskampf angesagt. In einer 3. Liga, in der nach allgemeinem Verständnis jeder jeden schlagen kann, befindet sich RW Erfurt seit Wochen auf einem Abstiegsplatz. Mit zehn Punkten aus 14 Spielen sind die Thüringer Tabellenletzter. Cheftrainer Stefan Krämer war im Oktober entlassen worden, unter dem neuen Coach David Bergner hatte Erfurt noch keinen Sieg eingefahren.
Doch die wahren Probleme der Rot-Weißen lassen sich gar nicht auf dem Platz finden.
Sondern in der Geldschatulle. Schon zu Saisonbeginn war der Drittligist mit einem kleinen Budget gestartet. Bisher hatte es Stefan Krämer immer geschafft, eine schlagfertige Truppe auf den Platz zu stellen. Doch diesmal könnte der finanzielle Engpass den Erfurtern die Luft abschnüren.
Nachgerechnet – eine Million gefunden
Wie schlimm es um den Verein steht, wurde am Wochenende wieder deutlich. Präsident Rolf Rombach war, nachdem er den Schuldenstand des Vereins auf 5,5 Millionen Euro beziffert hatte, unter der Woche entlassen worden. Er hätte dem Kontrollgremium nicht ausreichend Unterlagen zur Vorbereitung auf die Mitgliederversammlung zur Verfügung gestellt. Der Verein stellte Frank Nowag als neuen Präsidenten ein. Nachdem Rombach nachweisen konnte, dass er einen Großteil der Unterlagen versandt hatte, wurde er am Samstag flugs wieder eingestellt. Nowag als Vizepräsident installiert.
Und der neue Mann an der Führung hatte bereits seinen Taschenrechner gezückt. Nicht 5,5 Millionen, sondern 6,5 Millionen Euro Schulden hätte der Verein auf dem Kerbholz, erklärte Nowag am Dienstag. Bereits vor einem Jahr betrug der Schuldenstand 5,3 Millionen. Somit hätten die Erfurter in nur einem Jahr weitere 1,2 Millionen Euro Minus gemacht.