Zinedine Zidane steht als Trainer von Real Madrid im Champions-League-Finale – zum dritten Mal im dritten Jahr. Die Spieler lieben ihn, alle andere sind skeptisch. Warum ist das so?
Zu den Lieblingsbeschäftigungen von Sergio Ramos gehört neben dem Zerstören gegnerischer Angreifer und dem Stechenlassen von Tattoos das Nachtreten gegen José Mourinho. Ähnlich wie das Verteidigen hat Real Madrids Kapitän das Werfen verbaler Spitzen zur Kunstform erhoben. „Ich war sieben Jahre bei Real ohne die Champions League zu gewinnen und einige dieser Trainer wurden nie kritisiert oder haben sich hinterfragt“, sagte Ramos nachdem er und seine Mitspieler den FC Bayern besiegt und erneut das Finale der Champions League erreicht hatten. Dort stehen sie am Sonnabend gegen den FC Liverpool zum dritten Mal infolge. Eine außergewöhnliche Leistung die noch außergewöhnlicher daherkommt, weil diese dritte Finalteilnahme ins dritte Trainerjahr von Zinedine Zidane fällt.
Ungerechte Kritik
Seit der Franzose die sportliche Führung übernahm hat Real immer das Endspiel um den wichtigsten europäischen Vereinspokal erreicht. „Wir sind sehr froh, dass er derjenige ist, der unser Schiff steuert“, sagte Ramos. Dabei lächelte er und es wird wohl auf ewig sein Geheimnis bleiben, ob er in diesem Moment daran dachte, dass Zidane in seiner Freizeit tatsächlich ein begnadeter Bootsführer ist oder das José Mourinho, einer der erfolgreichsten Trainer der Welt, in seinen drei Jahren bei Real nie über das Halbfinale hinaus gekommen war. Ramos nutzte Letzteres, um zu verdeutlichen, wie ungerecht seiner Meinung nach die Kritik an Zidane ist.
Nun müsste man meinen, wer im dritten Versuch zum dritten mal das Finale der Champions League erreicht, dem müssten einem Messias gleich alle Sympathien entgegenschlagen. Nicht so in Madrid. Wer Real trainiert, ist immer enormer Kritik ausgesetzt. Das ist in etwa so sicher wie das in einen cocido madrileno Schweinefleisch und Wurst gehören. Ein ungeschriebenes Gesetz sozusagen, dem sich selbst Zidane nicht entziehen kann. Was die Beurteilung seines Schaffens in den Medien angeht, fällt sein Zeugnis es trotz aller Erfolge weiter zwischen eins plus und sechs minus aus. Muy Madrid eben.
Wie Zidane auf den Posten kam
Auch diese Saison wurde nicht an Tadel gespart. Die Mannschaft spiele armselig, hieß es nach dem Weiterkommen gegen Juventus und den FC Bayern, weil in beiden Duellen der Gegner die bessere Mannschaft war. In der Liga lief es von Beginn an nicht, Real beendete die Saison als Dritter mit siebzehn Punkten Rückstand auf den FC Barcelona. Und im nationalen Pokal kam das Aus nach einer Heimniederlage gegen Leganes, einem Madrider Vorortklub, dessen kompletter Kader ungefähr so viel Wert ist wie Cristiano Ronaldo im Jahr verdient. Das alles sei natürlich auch die Schuld des Trainers, hieß es immer wieder und natürlich wurde auch munter über mögliche Nachfolger spekuliert. Mauricio Pochettino, Jürgen Klopp, Joachim Löw.
Eigentlich sei er ja gar kein richtiger Trainer, jedenfalls keiner mit einem ausgeklügelten Konzept. Eigentlich sei er ja nur in diesen Posten gedrängt worden vor zweieinhalb Jahren, als Reals Sonnenpräsident Florentino Perez mitten in der Saison einen Nachfolger für Rafael Benitez brauchte. Eigentlich wäre er des Trainerdaseins leid. Alles Vorurteile, die Zidane nun schon seine komplette Trainerkarriere über begleiten.
Seine Art
Tatsächlich ist es so, dass Zidane am Anfang diesen Posten nicht wollte, er fühlte sich nicht bereit, aber mangels Alternativen komplimentierte Präsident Perez ihn Anfang 2016 ins Amt. Inzwischen hat der Franzose Gefallen an seinem Posten gefunden und übt ihn auf eine Art aus, wie es eigentlich nur ihm vergönnt ist.