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Wir doku­men­tieren in der Folge Aus­züge aus dem Kon­zept Sicheres Sta­di­on­er­lebnis“ sowie der Stel­lung­nahmen von Union Berlin und der Fan­hilfe Han­nover. Die aus­führ­li­chen Doku­mente dazu finden sich hier und hier. Wei­tere Hin­ter­gründe und State­ments findet ihr in der Repor­tage Der tiefe Graben“ in der kom­menden 11FREUNDE-Aus­gabe (ab Don­nerstag am Kiosk).

1. All­ge­mein: Das Sicher­heits­kon­zept

DFL: Opti­mie­rungen vor­nehmen
Beim Blick auf die Ver­an­stal­tungs­lage in den höchsten deut­schen Spiel­klassen ist fest­zu­stellen, dass Infra­struktur und Spiel­or­ga­ni­sa­tion im Zusam­men­spiel aller Sicher­heits­träger sowie der Zuschau­er­ser­vice bereits heute auf höchstem Niveau ist und Pro­bleme lokal gelöst werden.
Vorfälle der Ver­gan­gen­heit haben jedoch gezeigt, dass auch hier noch Opti­mie­rungen vor­ge­nommen werden können und müssen. Ziel ist es, das Sta­di­on­er­lebnis sowohl in der sub­jek­tiven Wahr­neh­mung als auch in der objek­tiven Beur­tei­lung wei­terhin sicher zu gestalten.“
(Grund­sätz­liche Aus­rich­tung, S. 5)

Fan­hilfe Han­nover: Ohne Betei­li­gung der Fans
Diese ›sub­jek­tive Wahr­neh­mung‹ ist wohl in diesem Fall die mediale Bericht­erstat­tung zu bestimmten Spielen, die als anek­do­ti­sche Ein­zel­fälle her­an­ge­zogen werden, sowie darauf fol­gende Reak­tionen füh­render Poli­tiker und Ver­treter von Sicher­heits­be­hörden. Dahin­ge­hend ist das Stra­te­gie­pa­pier als äußerst gefähr­lich ein­zu­stufen, da es ohne Betei­li­gung und Zustim­mung der Fans ver­ab­schiedet wird. Dies wird eine Radi­ka­li­sie­rung ein­zelner Fans zur Folge haben, die trotz oder gerade wegen der neuen Maß­nahmen unbe­kannte Formen annehmen wird.“
(Stel­lung­nahme, Seite 31)

Union: Bestra­fungs­keule“
Tat­säch­lich aber behin­dert die Kon­zen­tra­tion auf neue und ver­schärfte Sank­ti­ons­me­cha­nismen den Dialog mit den Fans. Denn die hier vor­ge­se­hene ›Bestra­fungs­keule‹, mit dem umfas­senden, ent­in­di­vi­dua­li­sierten und vom Gesetz los­ge­lösten Sank­ti­ons­ka­talog aus ›Sicheres Sta­di­on­er­lebnis‹, wird gerade von den aktiven Fan­szenen, aus­drück­lich nicht nur Ultras, also von Fan­gruppen, auf deren kon­struk­tive Mit­ar­beit alle Betei­ligten ange­wiesen sind, in der Außen­dar­stel­lung als eine Art Kriegs­er­klä­rung ver­standen und durch mar­kige Bericht­erstat­tung ebenso unter­füt­tert.
Als unmit­telbar Betei­ligter kann man sich des Ein­drucks nicht erwehren, dass die Art der Dis­kus­sion und ihr oft­mals nur teil­weise beleg­barer Inhalt nur als Fei­gen­blatt genutzt werden sollen, um die, öko­no­misch zwar nach­voll­zieh­bare, aber doch jeden­falls kri­tisch zu hin­ter­fra­gende Kom­mer­zia­li­sie­rung des ›Pre­mi­um­pro­dukts Bun­des­liga-Fuß­ball‹ vor­an­zu­treiben.“
(Posi­ti­ons­pa­pier, S.3)

2. Beschluss­kom­pe­tenz der DFL

DFL: Bestehende Vor­schriften ergänzen
Eine Ein­bin­dung des Sta­di­onhand­buchs in das Liga­statut dahin­ge­hend, dass das Sta­di­onhand­buch selbst die sta­tua­ri­sche Rechts­grund­lage – und nicht nur die Zusam­men­fas­sung anderer Rechts­grund­lagen – dar­stellt, würde dem Liga­ver­band ermög­li­chen, in eigener Beschluss­kom­pe­tenz (spe­zi­fi­sche) – über die wei­terhin zu beach­tenden Min­dest­vor­gaben der DFB-Sicher­heitsRL hin­aus­ge­hende – Regu­la­rien für die Bun­des­liga und 2. Bun­des­liga auf­zu­nehmen, bestehende Vor­schriften zu ergänzen und zu kon­kre­ti­sieren, ohne dass dies von einer Beschluss­fas­sung durch den DFB abhinge und ohne Aus­wir­kungen für die Klubs der 3. und 4. Liga.“
(Vorschläge/​beabsichtigte Maß­nahmen in der Zustän­dig­keit des LV, S. 8)

Union: Pri­vate Straf­justiz
Sank­ti­ons­me­cha­nismen aber können nur an den Ver­trag zwi­schen dem Sta­di­on­be­su­cher und dem Ver­an­stalter – dem Verein – anknüpfen oder an das staat­liche Gewalt­mo­nopol, d.h. an die all­ge­mein­gül­tigen Mittel des Straf­rechts. Eine den staat­li­chen Straf­an­spruch ergän­zende oder sogar erset­zende pri­vate Straf­justiz oder ihr ent­spre­chende Sank­ti­ons­me­cha­nismen kann und darf es nicht geben.“
(Posi­ti­ons­pa­pier, S. 5)

3. Per­sonen-Kör­per­kon­trollen

DFL: Ver­bes­se­rung der infra­struk­tu­rellen Mög­lich­keiten
Wenn andere Maß­nahmen nicht zu der Lösung der Pro­ble­matik führen, sollen wei­tere Hand­lungs­mög­lich­keiten wie die Ver­bes­se­rung der infra­struk­tu­rellen Mög­lich­keiten für eine ange­mes­sene Per­sonen-Kör­per­kon­trolle in den not­wen­digen Sta­di­on­sek­toren (z.B. Errich­tung von Con­tai­nern statt wie z.T. bisher Zelte) zur Ver­fü­gung stehen, um etwaige Voll­kon­trollen zügig und ohne unver­hält­nis­mä­ßigen Ein­griff in die Per­sön­lich­keits­rechte durch­zu­führen.“
(Kon­kre­ti­sie­rungen der DFB-Richt­li­nien, S. 10)

Union: Ent­wür­di­gend und vor­ver­ur­tei­lend
Ob bei­spiels­weise die Ver­fasser des Kon­zept­pa­piers Sicheres Sta­di­on­er­lebnis“ damit ein­ver­standen wären, sich einer Voll­kon­trolle“ durch pri­vates Sicher­heits­per­sonal zu unter­ziehen oder im Dezember auf einer nassen Matte die Schuhe aus­zu­ziehen, nur weil sie als ebenso unbe­schol­tene Fans wie 99+ % der Fuß­ball­fans ihrer Ver­eine für das ver­meint­liche Gewalt­po­ten­zial des Fuß­balls in Sip­pen­haft“ genommen werden, erscheint sehr frag­lich. Ebenso frag­lich erscheint, ob die vor­ge­schla­gene Ver­än­de­rung in Form der Anglei­chung der Umge­bung einer sol­chen ent­wür­di­genden, vor­ver­ur­tei­lenden und ins­ge­samt aus­ge­spro­chen dubiosen Pro­zedur tat­säch­lich eine maß­geb­liche Ver­bes­se­rung dar­stellt und den Kern des Pro­blems trifft.“
(Posi­ti­ons­pa­pier, S. 6)

Han­nover: Ver­let­zung der Men­schen­würde
Nackt­kon­trollen stellen einen erheb­li­chen Ein­griff in die Pri­vat­sphäre des Men­schen dar. Selbst der Polizei ist es nur unter strengen Auf­lagen gestattet, diese durch­zu­führen. Von pri­vaten, ver­mut­lich unter­qua­li­fi­zierten Ord­nungs­diensten, durch­ge­führte Nackt­kon­trollen, sind in keinster Form akzep­tabel und eine Ver­let­zung der Men­schen­würde.“
Stel­lung­nahme, S. 32

4. Ver­bote

DFL: Selbst­bin­dung der Klubs
Sinn­voll und erfor­der­lich ist hier eine ›Selbst­bin­dung‹ der Klubs, so z.B. keine Ein­tritts­karten mehr an Fan­klubs zu ver­geben, welche nicht bereit sind, eine Fan­ver­ein­ba­rung mit den genannten Min­dest­in­halten (Gewalt­frei­heit, Aner­ken­nung Sta­di­on­ord­nung etc.) abzu­schließen, oder welche diese Min­dest­in­halte nach Abschluss der Fan­ver­ein­ba­rung nicht beachten; oder z.B. den Fan­klubs das Mit­führen von ›Block­fahnen‹ und Ban­nern zu ver­bieten, wenn diese zur Ver­schleie­rung der Täter­schaft bei Ein­satz von Pyro­technik bzw. über­haupt zur Ermög­li­chung von Pyro­technik miss­braucht werden.“
(Sta­tua­ri­sche Ver­an­ke­rung von Min­dest­vor­gaben zwi­schen Klubs und Fans, S. 14)

Han­nover: In höchstem Maße gefähr­lich
Ins­be­son­dere der Ver­such, Besu­cher­gruppen für das Fehl­ver­halten Ein­zelner ver­ant­wort­lich zu machen, ist inak­zep­tabel und in höchstem Maße gefähr­lich. Wei­terhin ist nur von Kon­se­quenzen für Fans die Rede, wenn diese Ver­ein­ba­rungen nicht ein­ge­halten werden.“
(Stel­lung­nahme, S. 32)

5. Die Sicher­heits­kon­fe­renz
DFL: Berück­sich­ti­gung bei Nicht­ein­hal­tung

Durch­füh­rung von ›Per­sonen-Kör­per­kon­trollen‹ beim Ein­gang zu bestimmten Berei­chen, z.B. bei Pyro­technik- Vor­fällen in der Ver­gan­gen­heit in diesen Sta­dion-Berei­chen und ggf. bei Spielen mit erhöhtem Risiko.
Diese Maß­nahmen folgen z.T. eben­falls aus der im Ver­hal­tens­kodex vom 17.7.2012 ent­hal­tenen Ver­pflich­tung, Ver­stöße kon­se­quent zu sank­tio­nieren. Sollte ein Klub der­ar­tige Maß­nahmen nicht für erfor­der­lich halten oder ent­spre­chende Auf­lagen nicht umsetzen, so kann dies bei Vor­komm­nissen bei der Straf­zu­mes­sung durch das Sport­ge­richt berück­sich­tigt werden und ggf. auch im Rahmen einer sport­ge­richt­li­chen Auflage/​Weisung ange­ordnet werden.“
(Vorschläge/​beabsichtigte Maß­nahmen in der Zustän­dig­keit des LV, S. 15)

Union: Züge einer Demü­ti­gung
Ein wich­tiger Punkt im Posi­ti­ons­pa­pier ›Sicheres Sta­di­on­er­lebnis‹ ist die Erar­bei­tung eines ›frei­wil­ligen‹ Kodex mit ver­bind­li­chem (!) Inhalt bei gleich­zei­tiger Sank­tio­nie­rung für den Fall der Ver­wei­ge­rung der Unter­schrift oder der Miss­ach­tung einer sol­chen ›Ver­ein­ba­rung‹.
Analog zur Sicher­heits­kon­fe­renz vom 17. Juli 2012 mutet dieses Vor­gehen pro­ble­ma­tisch an und wird von vielen, ins­be­son­dere den aktiven Fan­grup­pie­rungen als Erpres­sung ver­standen.“

Der 1. FC Union Berlin ist der Sicher­heits­kon­fe­renz vom 17. Juli 2012 auch nicht etwa oder zumin­dest nicht nur wegen des pro­ble­ma­ti­schen Inhalts des damals zu unter­schrei­benden Kodex fern­ge­blieben, son­dern wegen des Umgangs von DFB/DFL mit ihren“ Ver­einen, die sich am 16./17. Juli in der Auf­for­de­rung zur Unter­zeich­nung ohne Mög­lich­keit einer echten, ergeb­nis­of­fenen Dis­kus­sion zeigte. Diese starke Züge von Demü­ti­gung ent­hal­tende Her­an­ge­hens­weise ist nicht die rich­tige. Dass DFB/DFL ihre Macht derart aus­spielen, führt der­zeit auf eine beun­ru­hi­gende Eska­la­tion zu. Hier ist drin­gend ein Umdenken ange­bracht und des­halb ist auch bezüg­lich des gefor­derten Kodex – aus­drück­lich: unab­hängig von dessen Inhalt! – das Kon­zept­pa­pier abzu­lehnen.“
(Posi­ti­ons­pa­pier, S. 7 und 8)

6. Die Wei­ter­gabe von Daten

DFL: Iden­ti­täten mit­teilen
Mög­liche For­de­rungen an den Gesetz­geber:
Anpas­sung des Spreng­stoff­ge­setzes im Hin­blick auf Pyro­technik
Polizei & Justiz (StA und Gerichte)
- mehr Trans­pa­renz: Aus­künfte über Stand von poli­zei­li­chen Ermitt­lungen gegen Tat­ver­däch­tige
- Abschre­ckung durch sofor­tige Ermitt­lung von Tat­ver­däch­tigen
- kon­se­quente Durch­set­zung des Gewalt­mo­no­pols des Staates, Beach­tung des Lega­li­täts­prin­zips
- kon­se­quente und schnelle Durch­füh­rung von Ermitt­lungs- und Straf­ver­fahren
- Aktua­li­sie­rung / Über­prü­fung der Ein­träge der Datei ›Gewalt­täter Sport‹
- Mit­tei­lung von Iden­ti­täts­fest­stel­lungen durch die Polizei
- Ver­mehrte Anwen­dung beschleu­nigter Ver­fahren“
(For­de­rungen an Dritte, S. 32)

Han­nover: Absurd und anma­ßend
Auch wenn dieser Absatz in seiner For­mu­lie­rung vage bleibt, so ist es überaus erstaun­lich, dass diese For­de­rung über­haupt so for­mu­liert wird. Es ist nicht davon aus­zu­gehen, dass die For­de­rung auf eine Libe­ra­li­sie­rung oder Anpas­sung des Spreng­stoff­ge­setzes an die Erfor­der­nisse eines mög­li­cher­weise legalen Abbren­nens von Pyro­technik im Sta­dion abzielt. Dies ist inso­fern erstaun­lich, da der DFB mit Ver­weis auf gel­tende Gesetze eine wei­tere Debatte zu diesem Thema ablehnte. For­de­rungen an den Gesetz­geber hätten auch in der dama­ligen Situa­tion gestellt werden können und hätten mög­li­cher­weise zu einer Ent­span­nung der jet­zigen Situa­tion bei­getragen.“
(Stel­lung­nahme, S. 33)

Die For­de­rungen an die Justiz sind absurd und anma­ßend, da sie die Unab­hän­gig­keit der Justiz berühren. Neben mas­siven daten­schutz­recht­li­chen haben wir auch grund­sätz­liche Bedenken gegen­über den auf­ge­stellten For­de­rungen.
Es ist nicht nach­zu­voll­ziehen, wieso ein pri­vat­recht­li­cher Ver­band Infor­ma­tionen aus lau­fenden Ermitt­lungs­ver­fahren erhalten sollte. Hierzu wird leider keine nach­voll­zieh­bare Begrün­dung gelie­fert. Auch die gefor­derte Mit­tei­lung von Iden­ti­täts­fest­stel­lungen ist äußerst bedenk­lich, frag­lich ist auf wel­cher Rechts­grund­lage dies geschehen soll.“
(Stel­lung­nahme, S. 34)

Union: Extrem kri­tisch zu sehen
Die Rechts­aus­le­gung und Straf­ver­fol­gung im Umfeld von Fuß­ball­spielen ist schon jetzt ungleich härter als außer­halb. Nir­gendwo im Alltag würde ernst­haft das Kleben eines Sti­ckers oder das Umkippen einer Mülltonne21 als viel mehr als eine Ord­nungs­wid­rig­keit mit fol­gender Geld­buße geahndet werden. Im Fuß­ball­kon­text werden die glei­chen Ver­gehen nach­weis­lich sofort zu Sach­be­schä­di­gung oder Land­frie­dens­bruch – mit mehr­jäh­rigem Sta­di­on­verbot und einem lebens­langem Ein­trag in die Datei Gewalt­täter Sport und fall­weise wei­teren frei­heits­ein­schrän­kenden Folgen.

… Ebenso ist die Art der Daten­er­fas­sung und ‑wei­ter­gabe im Fuß­ball­kon­text, nicht nur durch DFB/DFL, son­dern vor allem auch durch Polizei und Staats­an­walt­schaft an die pri­vaten (!) Ver­eine und Ver­bände, extrem kri­tisch zu sehen, nicht zuletzt vor dem Hin­ter­grund des Daten­schutzes und des Schutzes der Per­sön­lich­keits­rechte.“
(Posi­ti­ons­pa­pier, S. 5)

7. Entzug der Pri­vi­le­gien

DFL: Fan­ver­ein­ba­rung
In Fan­ver­ein­ba­rung soll zudem gere­gelt sein, dass etwaige vor­han­dene Fan-Pri­vi­le­gien nicht länger gewährt werden, sollten Inhalte der Fan­ver­ein­ba­rung nicht ein­ge­halten werden.“
(Sta­tua­ri­sche Ver­an­ke­rung von Min­dest­vor­gaben einer Ver­ein­ba­rung zwi­schen Klubs und Fans, S. 15)

Union: Regle­men­tie­rung frag­lich
In dem Zuge appel­lieren wir zu über­denken, ob Zaun­fahnen, Banner und vor allem Steh­plätze tat­säch­lich ver­han­del­bare Pri­vi­le­gien sind, oder nicht ele­men­tare Bestand­teile des Kul­tur­guts Fuß­ball, die bereits vor Grün­dung der DFL exis­tierten, und deren Regle­men­tie­rung der DFL trotz Lizenz­ge­ber­schaft frag­lich zusteht.“
(Posi­ti­ons­pa­pier, S. 8)