Jedes Spiel von Nabil Bentaleb ist eines mit dem Feuer. Doch Domenico Tedesco hat taktische Brandschneisen gezogen. Jetzt können sich beide auf das Wesentliche konzentrieren: geniale Umschaltmomente.
Risikomanagement, so definiert es Wikipedia, ist „die Tätigkeit des Umgangs mit Risiken“. Das umfasse alle Maßnahmen von Erkennung und Analyse über Bewertung und Überwachung bis zur Kontrolle von Risiken. Auf Schalke, hätte man vergangene Saison meinen können, definiert Domenico Tedesco es als die Tätigkeit des Umgangs mit Nabil Bentaleb.
Während der Mittelfeldspieler in seinem ersten Jahr auf Schalke als Leihspieler von Tottenham nur zwei Bundesligaspiele wegen Gelb-Sperren verpasste, tat er sich in der letzten Saison deutlich schwerer. 16 Einsätze waren es nach 34 Spieltagen. Taktische Undiszipliniertheiten, fahrlässige Ballverluste und eingeschnappte Reaktionen auf Nicht-Nominierungen – Tedesco und Manager Christian Heidel hatten zwischenzeitlich die Schnauze voll.
Vertikalpässe, die Packing-Skalen sprengen
Dieses Jahr hat Bentaleb noch kein Bundesligaspiel verpasst. „Am Anfang war mir sein Spiel zu riskant“, sagte Domenico Tedesco im Trainingslager vor der Saison. „Jetzt spielt er mir fast schon ein bisschen zu sicher.“ Auch mental ist Bentaleb einige Schritte vom Abgrund zurückgetreten. Kritik ist für ihn keine persönliche Beleidigung mehr und ein Bankplatz kein Affront. Er fühle sich „erwachsener“, sagt er, und habe sich „als Mensch entwickelt.“ Manager Christian Heidel bestätigt: „Nabil hat insgesamt, auch als Persönlichkeit, einen Wandel vorgenommen. Er spürt inzwischen, dass er so eine Art Führungsspieler in dieser Mannschaft geworden ist.“ Bei der hohen Fluktuation im Kader gehört er mittlerweile zu den dienstältesten Spielern.
Aber Anführer müssen auch leisten. Und als Bentaleb auf die Kritik an seinem risikoreichen Spiel mit Sicherheitsfußball reagierte, beraubte er sich selbst seiner größten Stärke: dem überraschenden Ball in die Tiefe, dem genialen Moment der Tempoverschärfung. Bentaleb lebt einerseits von plötzlichen Vertikalpässen in der Offensive, die jegliche Packing-Skalen sprengen. Andererseits braucht er defensiv riskante Tacklings, um seine körperlichen Fähigkeiten auszuspielen. Das Problem ist, dass gleich beide Spezialitäten schnell schief gehen. Trotz 80 Prozent Passquote waren die Fehlpässe häufig fatal. Und in mehr als jeder vierten Partie sieht er eine gelbe Karte. Jedes von Nabil Bentalebs Spielen bleibt also eines mit dem Feuer. Doch Domenico Tedesco hat einige taktische Brandschneisen gezogen.