Der 1. FC Köln träumte davon, wieder ein Spitzenklub zu sein. Jetzt tritt Jörg Schmadtke, ein Vater des Erfolgs, zurück. Für den Verein könnte das dramatische Folgen haben.
Es ist ein beispielloser Vorgang. Ein Verein, der in der laufenden Saison statistisch nur in jedem dritten Spiel ein Tor schießt, in neun Spielen zwei kümmerliche Punkte sammelt und auch in der Europa League nichts reißt, entlässt allen Gesetzmäßigkeiten des Profifußballs folgend in der Regel seinen Trainer. Ausgerechnet in Köln – dieser medial doch so furchtbar überhitzten Stadt – läuft es diesmal ganz anders: Der Trainer bleibt, stattdessen zieht der Manager die Konsequenzen aus der Misere und wirft hin. Die Ära Jörg Schmadtke ist zu Ende.
Ein Schlag ins Kontor des stolzen FC. Als der Düsseldorfer vor vier Jahren in der Domstadt anheuerte, kam er auf eine Baustelle. Der 1. FC Köln war ein grauer Zweitligist, der sich seit Jahrzehnten weigerte, Gegensätze zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu akzeptieren. Für Schmadtke keine ungewohnte Situation. Er hatte schon in Aachen und Hannover bewiesen, wie es gelingt, einen Traditionsklub mit Realitätssinn und einem feinen Näschen für Transfers zurück in die Erfolgsspur zu bringen – und wenigstens vorübergehend zu befrieden. In der Allianz mit FC-Präsident Werner Spinner und dem österreichischen Zweckpessimisten Peter Stöger auf der Trainerbank, gelang ihm das Kunststück in Köln erneut. Nach dem Aufstieg 2014 wurde im Mai 2017 Schmadtkes Prophezeiung war: Der FC qualifizierte sich fürs internationale Geschäft und entfachte endlich wieder eine „Wucht, zu der nur ein Traditionsklub imstande ist.“
Nach langen Jahren kehrte endlich Ruhe ein
Schmadtke gelang es mit seiner coolen Art, das Umfeld, die Fans und sogar das stets ein wenig fickerige Medienumfeld auf Linie zu trimmen. Unter Stöger, Spinner, Schmadtke, Toni Schumacher und Alex Wehrle entstand ein verändertes FC-Jeföhl in der Stadt. Ein Gefühl, das nicht auf Neid, Missgunst und dem Interesse am persönlichen Vorteil fußte, sondern auf Solidarität und einem neuartigen positiven Stolz auf den Klub. Nach langen Jahren, so schien es, kehrte endlich Ruhe am Rhein ein – und aus dieser Ruhe zog die Profimannschaft eine ungeheure Kraft.
Noch im Juni 2017 antwortete Jörg Schmadtke im 11FREUNDE-Interview – gerade gut gelaunt von einem Partywochenende mit Peter Stöger und FC-Geschäftsführer Wehrle aus London zurückgekehrt – auf die Frage, ob er sich angesichts der Erfolge manchmal fürchte, Peter Stöger eines Tages doch entlassen zu müssen: „Vielleicht gelingt es uns ja, einen Trainervertrag auch mal auslaufen zu lassen. Und wenn nicht, würde ich mir wünschen, dass der Zeitpunkt noch in weiter Ferne liegt und wir auch danach noch zusammen Kaffeetrinken gehen.“ Derartige Schwüre sind im Profifußball selten das Papier wert, auf dem sie geschrieben sind. Dennoch drängt sich hier ausnahmsweise der Eindruck auf, als habe Schmadtke mit seinem überraschenden Move sein gutes Verhältnis zu Stöger erhalten wollen.
Schmadtke reagiert allergisch auf Fachfremde
Die Gründe für seine Entscheidung sind mannigfaltig. Dass der Verkauf von Anthony Modeste trotz der ewig langen Hängepartie nicht kompensiert werden konnte, steht außer Frage. Ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Aus Köln ist zu hören, dass im Präsidium im Zuge der endlosen Misserfolgsserie auch Kritik an der Transferpolitik des Managers laut wurde. Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass Schmadtke seine Erfolge durchaus realistisch, aber auch mit gesundem Selbstbewusstsein bewertet. Er reagiert – sicher oft zurecht – allergisch, wenn Fachfremde anfangen, ihm in seine Kompetenzen reinzuquatschen.