Ein langweiliger Durchmarsch von Köln und Hamburg? Von wegen: Die zweite Liga ist im Moment die aufregendste deutsche Spielklasse.
Manchmal lauert Gefahr in Momenten, in denen man nicht damit rechnet. Beispiel: Normalerweise sollte es problemlos machbar sein, Kartoffeln zu schälen und dabei die Zweitligakonferenz auf Sky am Sonntagmittag zu verfolgen. Ersteres fällt in den Bereich routinierter, nicht besonders aufregender Haushaltstätigkeit, das Zweite in den Bereich routinierter, nicht besonders aufregender Freizeitgestaltung.
An diesem Sonntag aber musste die Präparation der Erdäpfel jäh unterbrochen werden, sonst wäre die Sache in der Notaufnahme geendet. Zu aufregend verliefen die Spiele, als dass jemand dabei mit scharfem Gerät hätte herumfuchteln sollen. Bilanz des Tages: drei Spiele, 18 Tore und ein kohlenhydratarmes Sonntagsessen. Allein die Partie Köln gegen Paderborn (3:5) war aufregender als das allermeiste von dem, was in der noch jungen Saison eine Liga höher geboten wurde.
Dabei war im Sommer noch fleißig geunkt worden. Nach einem Jahr, in dem im Unterhaus jeder jeden schlagen konnte, schien diesmal alles klar wie Kloßbrühe zu sein: Köln und der HSV vorneweg, der Rest balgt sich um Platz drei. An übler Nachrede gegenüber der neuen Umgebung ließen es gerade im Umfeld der beiden Platzhirsche viele nicht mangeln: Ein Paradies für Treter sei die zweite Liga, taktisch einfältig und wirtschaftlich unattraktiv sowieso.
Dreimal 5:3, einmal 6:0, zweimal 3:2, einmal 4:1
Letzteres mag wegen der vergleichsweise mageren Fernsehgelder tatsächlich so sein, der Rest stellt sich in der Realität bislang anders da. Nach einer Handvoll Spieltagen haben sich Kölner wie Hamburger zwar im Vorderfeld einsortiert, von einer Dominanz gegenüber dem Fußvolk kann jedoch nicht die Rede sein. Das gilt nicht nur für den böse gezeichneten Geißbock, dem gegen die konterstarken Paderborner Hören und Sehen verging, sondern auch für die Hamburger, die ihr jüngstes Spiel gegen Heidenheim zwar 3:2 gewannen, vor dem Ausgleich zum 1:1 aber ohne weiteres 0:3 hätten zurückliegen können.
An Spannung herrscht also kein Mangel, die eigentliche Überraschung der bisherigen Zweitligaspielzeit ist aber die Weise, auf die sie zustande kommt: Wo eine Klasse höher nach wie vor der böse Gott der Kompaktkeit regiert, erscheint das Spiel in der zweiten Liga risikoreicher, bisweilen vogelwild. Ein kleiner Auszug aus den Ergebnislisten der letzten beiden Wochenenden: dreimal 5:3, einmal 6:0, zweimal 3:2, einmal 4:1. Was die Nerven der beteiligten Fußballlehrer vermutlich zerrüttet, ist für die Zuschauer höchst unterhaltsam. Die zweite Bundesliga, früher in der Tat eine eher spröde Spielklasse, ist zumindest im Moment die Heimat aberwitziger Offensiv-Feuerwerke.
Da keiner weiß, wie lange das so bleibt, ist das Montagsspiel zwischen Magdeburg und Bielefeld für uns heute Pflichtprogramm, gleiches gilt morgen für die Nachholpartie zwischen Dynamo Dresden und dem HSV. Wer dann noch Lust hat, kann ja danach ein bisschen Champions League schauen. Und dabei in aller Ruhe Kartoffeln schälen.