Torwart Andreas Bergwall holte sieben WM-Titel mit Schweden – im Bandy, einer eigentümlichen skandinavischen Hockey-Version. Nun hat der 43-Jährige die Sportart gewechselt. Schließlich ist Fußball viel einfacher.
Natürlich witterte er einen Scherz. Musste er ja, denn Andreas Bergwall ist bereits 43 – und seine eher bescheidene Fußballkarriere liegt Jahrzehnte zurück. Doch der Anrufer blieb dabei: Er sei tatsächlich Schwedens Verteidiger-Legende Johan Mjällby (46), aktueller Trainer des traditionsreichen Drittligisten Västeras SK. Und: Ja doch, er wolle Bergwall wirklich als dritten Tormann verpflichten. Und: Ja, möglichst schnell, wenn es ginge.
Die Sache ist die: Andreas Bergwall spielt eigentlich Bandy, ebenfalls bei Västeras SK. Bandy? Das ist so eine Art Hockey auf Eis, aber eben kein Eishockey. Beim Bandy erinnern Schläger und Tor eher an Feldhockey, geschossen wird mit einem kleinen, roten Kunststoff-Ball, Spielkleidung und Schlittschuhe gleichen denen im Eishockey. Dieser durchaus eigentümliche Sport wird vor allem in Skandinavien ausgeübt. Schweden ist quasi das „Brasilien des Bandy“. Und Bergwall, der sein Land als Goalkeeper zu sage und schreibe sieben WM-Titeln geführt hat, ist eine nationale Institution. So wie bei uns früher Helmut de Raaf (55) im Eishockey oder „Hexer“ Andreas Thiel (57) im Handball.
Vergangene Spielzeit stand der Spielmacher im Tor
Und jetzt, zack, spielt Bergwall Fußball. „Die meisten denken, ich hab‘ sie nicht alle. Aber ich finde diese neue Erfahrung extrem spannend“, sagt der Tormann über seinen Metierwechsel. Das erste Training mit den Jungs aus der Fußballabteilung hatte Bergwall bereits im Juni absolviert, allerdings nur aushilfsweise und im Geheimen. Damals war der zweite Keeper des Halbprofi-Klubs ausgefallen und einen dritten gab es nicht. Doch nach einem Tag war die etatmäßige Nummer 2 wieder fit. Und Bergwall verbuchte das Ganze (etwas voreilig) als einmaligen Ausflug.
In der vergangenen Woche dann meldete sich Johan Mjällby, als Aktiver immerhin 49-facher A‑Nationalspieler für Schweden. Und, ja, Bergwall sagte nach kurzem Zögern zu. Gern auch für länger, vorausgesetzt, das Ganze sei nicht bloß ein PR-Gag. Ist es nicht! Seit letztem Mittwoch trainiert Bergwall regelmäßig mit den Kickern und ist bereits für den offiziellen Ligakader nachgemeldet worden. Sicher ist sicher, denn: Ende der vergangenen Spielzeit waren plötzlich beide „Schnapper“ verletzt, so dass Mannschaftskapitän Boris Ljevar (29), ein gelernter Spielmacher, zwischen die Pfosten musste.
„Ein tüchtiger Torwart“
„Sollten wir jetzt noch einmal in diese Bredouille kommen, hätten wir Andreas, einen routinierten Kerl und tüchtigen Torwart“, sagt Västeras-Klubchef Michael Campese und gerät förmlich ins Schwärmen: „Andreas ist richtig, richtig gut auf der Linie und er ist körperlich unerhört fit. Er hätte auch eine beachtliche Karriere als Fußball-Keeper hinlegen können, da gibt es keinen Zweifel.“
Dabei ist die sportliche Umstellung für den Familienvater durchaus beträchtlich. Ein Bandy-Tor misst schlanke 3,50 x 2,50 Meter. Jenes im Fußball ist bekanntlich fast genau so hoch (2,44 Meter), dafür jedoch deutlich breiter (7,32 Meter). „Da kann man nicht mal eben sagen: Ach, der geht sicher links vorbei! Das hab ich anfangs schmerzvoll erfahren“, witzelt der Quereinsteiger, dessen Bandy-Kollegen derzeit Saisonpause haben.