Über die Nach­richt, dass das Bündnis Süd­tri­büne“ das Heim­spiel von Borussia Dort­mund gegen den FC Augs­burg boy­kot­tieren wird, dürfte sich in Dort­mund vor allem einer gefreut haben: Tony Haupt. Der ist Elektro-Künstler“ und tritt am 26.02. zusammen mit den Dort­munder Phil­har­mo­ni­kern im Kon­zert­haus auf. Am glei­chen Abend also, an dem der BVB gegen den FC Augs­burg spielt. Was in einer Stadt wie Dort­mund nor­ma­ler­weise bedeuten würde, dass eine Ver­an­stal­tungen wie das 2. Kon­zert für junge Leute“ eher in die Kate­gorie 1B fällt. Da wir aber über einen Mon­tag­abend spre­chen, werden viele der Fans, die nor­ma­ler­weise auf der Süd­tri­büne für Stim­mung sorgen, das Spiel mit Absicht ver­passen. Wodurch für diese Fans zumin­dest theo­re­tisch die Zeit da wäre, mal wieder ins Kon­zert zu gehen.

Das Bündnis SÜD­TRI­BÜNE DORT­MUND hat sich mehr­fach an den bun­des­weiten Pro­testen gegen die Ein­füh­rung von Mon­tags­spielen in der Bun­des­liga betei­ligt. Nun ist für uns der Punkt erreicht, an dem die Grenze des Hin­nehm­baren end­gültig über­schritten ist und wir die irr­wit­zige Ent­wick­lung der Anstoß­zeiten nicht mehr mit­ma­chen!“ So steht es in der Stel­lung­nahme, die das Bündnis Süd­tri­büne Dort­mund“ – ein Zusam­men­schluss ver­schie­dener BVB-Fan­clubs – heute auf der eigenen Web­site ver­öf­fent­lichte. Die Ent­schei­dung richte sich kei­nes­wegs gegen die Mann­schaft, heißt es weiter, viel mehr ginge es darum, dass man Bun­des­li­ga­spiele an einem Mon­tag­abend schlicht nicht akzep­tieren könne. Was – wenn es denn im Februar von vielen der ein­ge­fleischten Süd­tri­bü­nen­gän­gern auch tat­säch­lich durch­ge­zogen wird – ein deut­li­ches und bemer­kens­wertes Zei­chen an die Liga, die Ver­eine und den eigenen Vor­stand wäre. 

Das Druck­mittel ist der Image­schaden

Die Empö­rung über die Zer­stü­cke­lung des Spiel­tags und Anstoß­zeiten mitten in der Arbeits­woche ist zwar nicht neu, aber bleibt wichtig und richtig. Denn ein Boy­kott des Spiels gegen Augs­burg dürfte die Frage, wie genau berufs­tä­tige Augs­burg-Fans an einem Mon­tag­abend 600 Kilo­meter nach Dort­mund reisen sollen, zumin­dest für ein paar Tage aufs Neue und medi­en­wirksam in den Dis­kurs pressen. Was die Ver­ant­wort­li­chen, die aus Ver­mark­tungs­gründen Mon­tags­spiele oder Spiele am Sonn­tag­mittag ein­fach abnickten oder sogar for­cierten, hof­fent­lich zum Nach­denken bringt.

Lange nach­ge­dacht haben dürften die Mit­glieder des Bünd­nisses Süd­tri­büne Dort­mund“ – denen die Ent­schei­dung zum Fern­bleiben sicher nicht leicht­ge­fallen ist. Doch wenn selbst die hin­ge­bungs­vollsten Fans einer der berühm­testen Tri­bünen der Welt die Faxen der­maßen dicke haben, dass sie frei­willig auf einen Sta­di­on­be­such ver­zichten, lässt sich das nicht ein­fach so über­gehen. Und selbst wenn sich der finan­zi­elle Ver­lust für den Verein in Grenzen hält, weil in erster Linie Dau­er­kar­ten­be­sitzer (die ja längst für alle Spiele bezahlt haben) nicht erscheinen werden, ist der Image­schaden einer leeren Süd­tri­büne nicht zu unter­schätzen. Zumal die Tri­büne mit ihren 12Dop­pel­punkt12-Pro­testen schon vor Jahren gezeigt hat, wie erfolg­rei­cher Boy­kott aus­sehen kann. Wor­unter dann auch im Februar wieder das Fern­seh­erlebnis leiden würde. Das Erlebnis also, was sich ja eigent­lich so groß­artig ver­markten lässt. Ein Druck­mittel, an das sich die Dort­munder Fans glück­li­cher­weise recht­zeitig erin­nert haben und was sich durchaus auch Fans anderer Ver­eine zu Herzen nehmen könnten. 

Wann läuft das Fass end­gültig über?

Zu Herzen nehmen sollten sich alle Invol­vierten – also Fans, Ver­eine, TV-Ver­markter und Ent­schei­dungs­träger der DFL – die Mas­ter­ar­beit von Vin­cent Kom­pany. Der ist immerhin Kapitän von Man­chester City und kam in seiner Abschluss­ar­beit kürz­lich zu der Erkenntnis, dass Fans im Sta­dion nicht nur wichtig für die Leis­tung der Spieler sind, son­dern sie auch essen­tiell zum Mar­ken­wert eines Ver­eins oder einer Liga bei­tragen. Eine Erkenntnis, für die es zu spät sein wird, wenn bei den treuen Fans das Fass end­gültig über­ge­laufen ist. Wes­wegen der Boy­kott eine große Chance zum Umdenken bietet. Man kann nur hoffen, dass alle Betei­ligten diese Chance als solche erkennen.