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Hin­weis: Die Repor­tage über Matej Delac enstand im Dezember 2017. Damals besuchte unser Autor Delac in Kroa­tien. Mitt­ler­weile steht Delac nicht mehr bei Chelsea unter Ver­trag. Im Sommer wech­selte er ablö­se­frei (und nicht zur Leihe) nach Däne­mark zum AC Hor­sens. Dort ist er Stamm­tor­hüter. Für Chelsea machte er in seiner gesamten Kar­riere kein ein­ziges Pflicht­spiel.


Matej Delac ist zufrieden mit seiner Ver­gan­gen­heit, nur die Gegen­wart macht ihn nervös. Natür­lich, es gab Ent­täu­schungen, harte Momente, dann sagte er sich, Matej, bleib ruhig, arbeite, das geht vor­über, streng dich an. Immer wieder. Das ist seine Methode – dran­bleiben, nach­denken, ob er etwas falsch gemacht hat. Und schnelle Ent­schei­dungen treffen.

Wenn Delac spricht, beim Tor­wart­trai­ning im gol­denen Mor­gen­licht in Zagreb, beim Auto­fahren, beim Tee trinken – unter all den Dingen, die er sagt, schim­mern zwei Sätze durch. Der eine ist: Ich bin heute ganz bestimmt ein bes­serer Tor­wart als mit 18 Jahren.“ So ein Satz kann am Leben halten, gegen Erwar­tungen ver­tei­digen, bei Ent­täu­schungen trösten.

Matej Delac brauchte Zeit, bis er zu dieser Erkenntnis gelangte. Für den anderen Satz, den er sel­tener nutzt, der ihm viel­leicht in schwie­rigen Momenten zur Seite stand, musste er weit reisen: Du bist nicht umsonst Tor­wart beim FC Chelsea.“ Und damit sind wir mit­ten­drin in seiner kom­pli­zierten und herr­li­chen Geschichte, die viel über den modernen Fuß­ball erzählt und dar­über, wie er Fuß­ball­spieler zu fah­renden Händ­lern macht.

Also stellte sich Matej Delac ins Tor

Fuß­ball­tor­wart Matej Delac, reich­lich 1,90 Meter groß, Rest­haare rat­ze­kurz, im Gesicht ein akku­rater Bart, zuvor­kom­mend, an den Dingen des Lebens inter­es­siert, ist der dienst­äl­teste Profi bei Chelsea. Nur hat er kein ein­ziges Pflicht­spiel für die Blauen absol­viert. In den sieben Jahren, die er mitt­ler­weile an der Stam­ford Bridge unter Ver­trag steht, ist er neunmal ver­liehen worden. Matej Delac ist 25 Jahre alt.

Am Anfang stand die Streu­sied­lung Gorni Vakuf, August 1992, damals Sozia­lis­ti­sche Föde­ra­tive Repu­blik Jugo­sla­wien, heute zen­trales Bos­nien-Her­ze­go­wina. Matej wurde als jüngster von drei Söhnen geboren, seine Eltern sind Kroaten. Eine Tante lebte in Zapresic bei Zagreb, dorthin floh die Familie vor dem Krieg. Mit sechs Jahren sagte einer, mit dem sie kickten: Marko ist gut im Tor, kannst du sicher auch. Marko ist vier Jahre älter und Matejs Bruder. Also stellte sich Matej Delac ins Tor. Wollte nie wieder etwas anderes spielen.

Irgendwie rea­li­siert man in so einem Alter nicht viel“

Er wuchs schnell und wurde sogar ein sehr guter Tor­wart. Als die Regeln es zuließen, saß er beim kroa­ti­schen Erst­li­gisten Inter Zapresic auf der Bank, da war er 15 Jahre alt. Stand im Tor kroa­ti­scher Jugend­na­tio­nal­mann­schaften. Andert­halb Jahre später bekam er das Angebot, das alle talen­tierten jungen Fuß­baller bekommen, die nicht im Ein­zugs­ge­biet von Hajduk Split leben, und das den­noch eine ein­ma­lige Chance ist: Dinamo Zagreb wollte ihn ver­pflichten. Richtig große Sache! Wenn Delac davon erzählt, klat­schen seine Hände auf die Ober­schenkel. Er sagte dem Klub ab. Kam ihm faul vor, dass der Prä­si­dent des Ver­eins auch sein Agent sein wollte: Zdravko Mamic. Dass Mamic ein kor­ruptes System gesponnen hatte, ahnte er da viel­leicht.

Im Jahr darauf kam das Angebot von Chelsea. Mit 18 Jahren würde er nach London wech­seln. Delac unter­schrieb agen­tenlos, hatte er so richtig ver­standen, was das alles bedeu­tete? Er schüt­telt den Kopf, wir sitzen in einem Café in Zagrebs ele­ganter Innen­stadt. Irgendwie rea­li­siert man in so einem Alter nicht viel“, lacht er, wie betäubt sei er gewesen. Unter der Betäu­bung sagte er sich: Mach weiter, Matej, arbeite, jetzt hast du die Chance auf was Großes.