André Schürrle wechselt für zwei Jahre und auf Leihbasis zum Premier League-Aufsteiger FC Fulham. Das hört sich nach Abstieg an – und ist am Ende mehr als verständlich.
Der Feldherr steht im Wald. Wie ein kleiner Junge in einer Art Mini-Playback-Show für historische Figuren, in der er längst verblasste Größen imitiert. Wie Napoleon vielleicht, kurz nach der Dreikaiserschlacht. Und so steht er da vor hintergründig waldiger Kulisse, der André, der Schürrle, der Weltmeister. Steht da auf dem offiziellen Foto zu seiner Verpflichtung und scheint zu fragen: Wer bin ich?
Zum Glück hat die Menschheit Twitter erfunden, eine erste Gewissheit lässt sich also schnell einholen: „So happy to be a player of @FulhamFC let’s GO #COYW“, schreibt @Andre_Schuerrle da. Immerhin 1,94 Millionen Follower. Die also wissen, dass dieser André Schürrle, der frühere Bruchweg-Boy aus Mainz, der einstige Shooting-Star von Bayer Leverkusen, froh ist, jetzt Spieler bei Fulham zu sein. Schürrle, der dem FC Chelsea 2013 stolze 22 Millionen Euro wert war. Sechs Millionen Euro mehr, als der Klub im selben Sommer für den Shooting-Star des FC Basel ausgab, einen gewissen Mohamed Salah.
Sie werden ihn schon hinbekommen..
Seitdem hat sich einiges getan. Aus Salah wurde „Englands Spieler des Jahres“ und ein Anwärter auf die Auszeichnung zum Weltfußballer. Aus Schürrle wurde ein Weltmeister und nicht irgendeiner, sondern der, der die entscheidende Vorlage gab. Das „Der kommt an! Mach‘ ihn! Mach‘ ihn! Er macht ihn!“, das ARD-Kommentator Tom Bartels während der Verlängerung des Finales von Rio 2014 über das Siegtor von Mario Götze in die deutschen Erinnerungen brüllte, wäre ohne die Flanke von André Schürrle undenkbar gewesen.
Und dann?
Wolfsburg. Gutes Gehalt und damals, dreieinhalb Jahre ist das nur her, ein Verein mit der Ambition, Dauergast in der Champions League zu sein. Der Schuss geht nach hinten los. Aber weil Schürrle ist, was er war, Bruchweg-Boy, Shooting-Star und Weltmeister, holt ihn Borussia Dortmund im Sommer 2016 dennoch. Sie werden ihn schon wieder hinbekommen. Sie bekommen ihn nicht wieder hin.
Es bleibt beim Anschein
Ja, er ist zweimal länger verletzt, verpasst jeweils zwölf Spiele. Der Verein strauchelt nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus im April 2017, nach den folgenden Unruhen um den Abgang von Thomas Tuchel, Schürrles schon in Mainz größtem Förderer, ohnehin mehr als genug. Und es gibt diese Phase, Anfang des Jahres 2018, in der Schürrle als geläuterter Knochen zurückzukehren scheint, sich anschickt, aus einem gestrigen Versprechen eine heutige Erfüllung zu machen. Doch es bleibt beim Anschein. Schürrle fehlt die frühere Leichtigkeit und manches Mal wird man den Eindruck nicht los, dass vieles beim ihm nach harter Arbeit aussieht und doch keine ist.