Ein angedachtes EU-Verbot von Mikroplastik bedroht tausende von Kunstrasenfeldern. Das klingt nach einem echten Problem – und der Renaissance von Ascheplätzen. Warum das nicht das Schlechteste wäre.
Roter Rasen – Ascheplatz, Hartplatz, Grandplatz, Schlackeplatz, Tennenplatz: meint im Grunde alles das Gleiche. Im Ruhrgebiet sagt man auch „Roter Rasen“. Immer aber geht es laut Lexikon um „Sportplätze mit einer steinigen granularen Oberfläche“. Bedeutet in der Praxis: Wunden, Schmerzen. Doch was uns nicht umbringt, macht uns härter.
Dem Trainer schwant Böses: „Jungs, da muss wesentlich mehr kommen! Sonst geht das hier richtig nach hinten los!“
Doch die Jungs hören nur mit einem Ohr hin und beschäftigen sich lieber mit den Tücken der Thermoskanne. Vielleicht wissen sie tief im Innern, was ihr Coach noch ausblendet oder aus pädagogischen Gründen leugnet: dass hier ohnehin nichts mehr zu holen ist. Es ist Halbzeit, und die D‑Jugend von DJK Eintracht Borbeck liegt gegen die TGD Essen-West mit 0:4 hinten. Das Ergebnis hätte auch höher ausfallen können.
„Wir haben jetzt einen Vorteil: Wir spielen mit Wind“
In diesem Alter machen zwei oder drei bessere Spieler den Unterschied aus, da kann sich der Trainer noch so sehr die Lunge aus dem Leib schreien. Stefan Thiel, so heißt er, hat die Hoffnung zumindest offiziell noch nicht aufgegeben. Als letzter Rettungsanker müssen die Naturgewalten in Form eines stürmischen Lüftchens herhalten. „Wir haben jetzt einen Vorteil: Wir spielen mit Wind. Die Bälle werden länger!“
Da immerhin hat er recht. Der Platz von Eintracht Borbeck befindet sich in einem architektonischen Gemischtwarenladen, er ist eingepfercht zwischen Wohnhäusern, einer Schule, Gärten und einem Autohändler, gleichzeitig liegt er auf einer kleinen Anhöhe, so dass der Wind richtig schön von hinten reinpfeifen kann. Es ist kein hübscher Fußballplatz und trotzdem ein Stück Heimat, hier im Essener Norden.
„Die Pfütze ist da seit Bestehen der Platzanlage“
„Ich liebe den Verein – und Platz und Verein, das gehört nun mal zusammen“, sagt Thorsten Bobkowski, Jugendleiter von Eintracht. „Man sagt ja auch nicht, ich liebe meine Familie, außer …“ Der Platz ist dann wohl das missratene, jähzornige Kind, das man trotzdem irgendwie gernhaben muss, jetzt, wo es schon mal da ist.
Solch einem Kind widmet man sich am besten mit Liebe und Humor. Es gibt hier einen Bereich, der bei fast jedem Wetter mit Pfützen übersät ist, den nennen sie bei Eintracht Borbeck das „Schwimmbad“. Logischerweise müsste das eine Senke sein, aber von wegen. „Die Pfütze ist da seit Bestehen der Platzanlage“, sagt Bobkowski. „Und der Platz war irgendwann mal topfeben.“ Ein Mysterium also.