Fuß­ball-Kom­men­ta­toren haben es wirk­lich nicht leicht. Wann immer sie im Zusam­men­hang mit einem Fuß­ball­spiel den Mund auf­ma­chen, hagelt es im Internet Häme und bis­sige Kom­men­tare. Beson­ders hart trifft es für gewöhn­lich Steffen Simon. Diese Kritik nehme mit­unter men­schen­ver­ach­tende Züge“ an, sagte der WDR-Sport­chef vor ein paar Wochen in einem Inter­view mit dem Medi­en­dienst Meedia“. Das geht an die Sub­stanz. Und wer das aus­halten will, braucht ent­weder ein dickes Fell, ein gesundes Selbst­be­wusst­sein – oder die Waffen, um zurück­zu­schlagen.

Seit Sonn­tag­abend 22:05 Uhr schießt Steffen Simon nun zurück. Im Anschluss an die Bun­des­liga-Bericht­erstat­tung des WDR holt Simon ab sofort einmal im Monat zum ver­balen Rund­um­schlag aus – Selbst­ironie inklu­sive. Der Name des For­mats ist dabei Pro­gramm: Schnauze Simon!“ Doch unwei­ger­lich durch­fuhr den Zuschauer beim Betrachten des Sati­ri­kers Simon ein gewisser Schock. Es war dieses kalte, unab­läs­sige Krib­beln, wel­ches einen ergreift, bevor man voll­kommen der Fremd­scham ver­fällt. Zu oft hat man im GEZ finan­zierten Fern­sehen mit­an­sehen müssen, wie Satire-Expe­ri­mente kläg­lich schei­terten. Gerade der Fuß­ball ist dabei ein gebranntes Kind.

Nun also Simon, mit Anzug, Kra­watte und Leh­rer­brille. Mit offenem Mund schaute man halb fas­sungslos, halb gebannt auf den 48-Jäh­rigen, wie er im ersten Atemzug schon Jens Keller mit einem chi­ne­si­schen Fal­ten­hund ver­glich. Klarer Wir­kungs­treffer. Auf einem Lauf­band tickerte der­weil ein Best-Of der Steffen-Simon-Beschimp­fungen durch das Bild. Das for­dert den Zuschauer heraus, weil man doch ein wenig ver­legen sucht, ob man es denn auch selbst in die Bas­hing-Cham­pions-League geschafft hat. Und so geht das Gesagte leider ein biss­chen unter. Dabei geht es neben den Fal­ten­hunden auch um Wald­katzen. Das klingt erst einmal gut. Dann wird eine Kuh ange­fahren. Ein You­tube-Clip, der vor zwei Monaten die Runde machte. Es ist das Schicksal des Fern­se­hens, dem Internet immer etwas hin­terher zu hinken. Daran hat man sich gewöhnt. Kein Pro­blem. Zwi­schen­durch wirkt das Format kurz­weilig, über­ra­schend modern und manchmal auch echt lustig.

Doch kurz bevor einen Steffen Simon so richtig am Schla­fitt­chen gepackt hat und zum finalen Round­house-Kick ansetzt, knickt er doch noch ein.

Denn so ganz ohne mora­lin­sauren Zei­ge­finger geht es dann doch nicht. Selbst nicht bei Satire. Man erfährt, dass Simon nichts von Wetten auf Trai­ner­ent­las­sungen hält, weil er es befremd­lich“ findet, auf das Unglück anderer zu setzen.“ Die Causa Tobias Levels“ ist an sich schon traurig genug, Steffen Simon erhöht sie gleich zu einem finalen Duell Real Life“ gegen Internet. Dass Simon nicht viel von der vir­tu­ellen Welt hält, ist bekannt. Dass er sich in seiner Ehre als Fuß­ball­kom­men­tator ange­griffen fühlt, weiß mitt­ler­weile jeder. Er betont es den­noch auf­fällig oft. Von ihm stammt zudem der Satz: Wer diesen Job macht, der sollte, auch aus Selbst­schutz, seinen Namen nicht ständig goo­geln.“ Was im Übrigen so klingt, als wäre es eigent­lich voll­kommen normal, ständig seinen Namen zu goo­geln. Aber das nur nebenbei.

Und da liegt das Pro­blem. Was als poin­tiertes Satire-Format ver­kauft wird, driftet mit zuneh­mender Dauer zur Selbst­dar­stel­lung ab. Zum Jam­mer­ge­sang auf die armen, armen Fuß­ball­re­porter, die durch das Internet getrieben werden wie die Sau über den Dorf­platz. So zieht sich das Format kau­gum­mi­artig auf zehn Minuten Länge. Und so wie­der­holen sich irgend­wann im Lauf­band selbst die Steffen-Simon-Beschimp­fungen. Gab es etwa nicht genug?

Das alles ist schade, denn eigent­lich hat die Idee, die hinter diesem Format steckt, Poten­tial für mehr. Schnauze Simon“ hat sehr helle Momente, aber eben auch ganz dunkle Schatten. Zudem hin­ter­lässt die Sen­dung sehr viele Fra­ge­zei­chen. Und das hier sind nur einige Kern­fragen: Warum ent­kleidet sich Steffen Simon? Warum trägt der Hertha-Frosch am Ende ein BVB-Trikot? Warum küsst er gar das Wappen? Hat irgend­je­mand in irgend­einem Forum geschrieben, er sei even­tuell viel­leicht BVB-Fan? Warum redet er minu­ten­lang über Chris­toph Daum, obwohl der so gar keine Rolle am ersten Spieltag besetzt hat? Nur um zu erwähnen, dass sein Mit­ar­beiter Daum einst sein Kind zur Seg­nung reichte? Und genügen nicht ein, viel­leicht zwei Gags über den 1. FC Köln? Aber nun gut, aller Anfang ist schwer.

Steffen Simon hat sich also in den Ring gestellt. Schnauze Simon“ ist Ehr­ret­tung für ihn, viel­leicht für die gesamte Zunft der Fuß­ball­kom­men­ta­toren. Doch wie jede Reak­tion wird sie Gegen­re­ak­tionen pro­vo­zieren. Der Gong ist also erklungen, der erste Punch ist gesetzt. Aller­dings trug Simon diesmal noch Wat­te­bäu­sche an den Händen. Wir freuen uns in jedem Fall auf die nächste Aus­gabe und noch mehr dar­über, end­lich einmal unge­niert und unge­rüf­felt Schnauze Simon!“ schreiben zu können.