Lukas Szukala wurde 2010 beim Zweitligisten Alemannia Aachen entlassen. Nun ist der Verteidiger zurück. Und spielt am heutigen Abend gegen Schalke 04 in der Champions League.
„Szukala gehört zur Löwen-Zukunft“, weissagte Petar Radenkovic im Oktober 2005. Der aufstrebende Verteidiger hatte der Vereinslegende in vergangenen Wochen ordentlich imponiert. Radenkovics Auge sollte Recht behalten, dieser Spieler hatte Potential. Zur Zukunft der Sechzger gehört Szukala jedoch mittlerweile nicht mehr. Die Löwen hatten den Dauerverletzten bereits 2008 abgegeben.
Eines Nachmittags im Jahr 1998 setzte Szukalas Vater seine Söhne Lukasz und Akar ins Auto. Sein Nachwuchs sollten beim besten Klub der Region vorspielen. Eintracht Trier, zu diesem Zeitpunkt im grauen Mittelfeld der noch graueren Regionalliga West/Südwest spielend, nahm das Brüderpaar auf. Für Lukasz, im polnischen Danzig geboren und mit seiner Familie ins deutsche Saarburg ausgewandert, die erste Station auf dem Weg zu einem Fußballprofi.
Lediglich 70 Zweitliga-Spiele
Bis heute dürfte der Name Lukasz Szukala in Fußballdeutschland relativ unbekannt geblieben sein. Kein Wunder, denn der Deutsch-Pole lief nie in der 1. Bundesliga auf, machte nur lediglich 70 Zweitliga-Spiele für 1860 München und Alemannia Aachen. Ein Talent, keine Frage, doch das Trikot der deutschen Juniorennationalmannschaften zog er sich nie über. Szukala entschied sich frühzeitig für das Heimatland seiner Eltern und lief für die polnische U19 auf.
Heute wird der 1,95 Meter große Innenverteidiger gegen den FC Schalke 04 im Auftaktspiel der Champions League antreten. Ein Wunder, gemessen an seiner Vita.
Szukala blieb nur zwei Jahre bei Eintracht Trier. Schnell wurden internationale Interessenten auf den Jugendspieler aufmerksam. Den Zuschlag erhielt der FC Metz. An der deutsch-französischen Grenze im Jugendinternat konzentrierte sich Szukala fortan auf seine angehende Karriere als Fußballprofi. Sein damaliger Zimmergenosse: Niemand geringeres als Emmanuel Adebayor. „Zu ihm habe ich heute noch Kontakt“, sagte Szukala 2009.
Debüt über den Umweg?
Doch während Adebayor 2003 zum AS Monaco wechselte, schlug ein möglicher Transfer Szukalas zu 1860 München fehl, da der FC Metz 300.000 Euro Ausbildungsentschädigung forderte. Erst im Sommer 2004 verstärkte Szukala als hoffnungsvolles Talent die Münchener Löwen, die soeben in die 2. Bundesliga abgestiegen waren. Das Debüt im deutschen Fußball-Oberhaus sollte über einen Umweg erfolgen, erst einmal galt es, sich in München zu beweisen.
Ein Vorhaben, das dem damals 20-Jährigen gelang. 1860 zeigte wieder erfrischenden, selbstbewussten Fußball. Unter Trainer Reiner Maurer peilte man den direkten Wiederaufstieg an, der erst am letzten Spieltag beim 3:4 gegen Rot-Weiß Ahlen verpasst wurde. Szukala hatte sich zu Rückrunde als Stammspieler gemausert und erhielt Lob von höchster Stelle. „Es gibt starke Parallelen zu Per Mertesacker, technisch halte ich ihn sogar für noch stärker“, sagte Radenkovic am vorläufigen Karrierehöhepunkt des Abwehrhünen. Und tatsächlich: Szukala leistete sich in 44 Spielen für die Löwen nur drei Gelbe Karten, galt als umgänglicher Mitspieler und überzeugte mit dem neun Jahre älteren Rodrigo Costa in der Innenverteidigung.
Doch unter dem neuen Trainer Walter Schachner wurde Szukala nicht mehr berücksichtigt, außerdem zog er sich in der Saison 2006/07 zwei Patellasehnenrisse zu. Einen im rechten, einen im linken Knie. Während sein ehemaliger Zimmerkollege Adebayor 2009 für 29 Millionen Euro von Arsenal London zu Manchester City wechselte, kam Szukala ablösefrei zu Alemannia Aachen.
Die Nummer auf dem Display
Auch bei der Alemannia wurde er nach zwei Spieljahren aussortiert. Die Karriere des mittlerweile 26-Jährigen war auf dem Tiefpunkt. Die passende Gelegenheit, um einen Neuanfang zu wagen. Szukala schloss sich dem rumänischen Erstligisten Glorian Bistrita an. Dort baute ein ehemaliger Teamkollege aus Aachener Zeiten ein neues Team auf. Laurentiu Reghecampf suchte noch einen soliden Verteidiger, zögerte nicht lange und lockte ihn nach Rumänien.
In diesem Jahr sind Reghekampf und Szukala gemeinsam rumänischer Meister geworden. Nicht etwa für Glorian Bistrita, sondern mittlerweile bei Steaua Bukarest. Mit 16 Punkten vor dem Zweitplatzierten Pandurii Targu Jiu dominierte der 24-fache Rekordmeister die Liga. In der Europa League schied man erst im Viertelfinale gegen den späteren Titelsieger FC Chelsea aus. Fernando Torres entschied mit seinem Treffer zum 3:1‑Endstand im Rückspiel zwar das Duell, gegen Szukala durfte der Spanier jedoch ordentlich einstecken.
Ein Traum
Auch sonst lief die vergangene Saison für den Abwehrchef nach Maß. Fünf Tore erzielte Szukala in der Saison, davon vier per Kopf. In Bukarest gilt er als Abräumer in der Luft. Zudem nominierte ihn Polens Nationaltrainer Waldemar Fornalik für die WM-Qualifikationsspiele gegen Serbien, Dänemark und San Marino. Nach dem Vertragsende in Aachen drohte kurzzeitig der Gang zum Arbeitsamt, nun misst er sich plötzlich mit Europas Elite. „Es ist alles ein Traum“, sagte Szukala dem 1860-Blog „dieblaue24“ vor dem entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Legia Warschau, „wenn wir mit Steaua jetzt auch noch die Hauptrunde der Champions League erreichen, dann habe ich etwas geschafft, was ich in 40 Jahren meinen Enkeln erzählen kann“. Steaua erreichte in drei Qualifikationsrunden die Hauptrunde.
Nach dem Spiel auf Schalke könnte Szukala mal wieder das Telefon in die Hand nehmen, seinen ehemaligen Zimmerkollegen anrufen und von der Königsklasse erzählen. Adebayor wird das sicherlich interessieren. Er wurde am Wochenende in die zweite Mannschaft von Tottenham Hotspur versetzt.