Sogndal IL gibt ordentlich Gummi
Erstes offizielles Klub-Kondom
Ein norwegischer Erstligist will endlich richtig sexy werden – und lockt die Fans mit Gratis-Kondomen ins Stadion. Schlüpfriges Motto der Aktion: »Steh jetzt auf!«
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Die Titelsammlung von Sogndal IL ist exakt so umfangreich wie die des VfL Bochum. Ein einziges Mal schaffte es der Klub ins norwegische Pokalfinale. Das war 1976 – und mündete in einer 1:2-Niederlage gegen Brann Bergen. Man kann es ruhig so deutlich formulieren: Die Schwarz-Weißen aus der Stadt Sogndalsfjöra gelten seit je her als »graue Maus«. Und als »Fahrstuhl-Verein«. Ein Image, dass alles andere als sexy ist. Sogndal IL buhlt bislang vergeblich um die Gunst der Massen.
Das soll sich ändern! Um den 5.500 Zuschauer fassenden »Fosshaugane Campus« künftig zum Bersten zu bringen, gibt die Klubführung ordentlich Gummi. Ja, richtig gelesen: Sogndal IL hat ein offizielles Klub-Kondom kreiert – und lässt die lustigen Lümmeltüten im ganzen Stadtgebiet und darüber hinaus gratis verteilen. Unter dem Motto »Steh jetzt auf!« (so lautet auch der Titel des Vereinsliedes) will man vor allem die Aufmerksamkeit der zugereisten Studenten, ähem ..., erregen.
Reißender Absatz am Ständer
Und nun steht er dort, mitten in der Uni-Mensa – stolz und aufrecht: Ein gewaltiger, prall gefüllter Ständer, aus dem sich die Studentenschaft frei nach Bedarf mit Parisern eindecken kann. »Damit jeder, wirklich jeder, etwas Ordentliches anzuziehen hat«, heißt es auf dem Plakat, das die große Gratis-Kondom-Aktion bewirbt. Und die kleinen schwarz-weißen Päckchen, bedruckt mit dem Wappen von Sogndal IL, finden reißenden Absatz! Am ersten Tag musste der Ständer bereits nach einer Stunde neu bestückt werden.
»Die Studenten sind eine der Haupt-Zielgruppen unserer Aktion«, sagt Hilde Östbö, die für die Kampagne verantwortlich zeichnet. »Bislang konnte man sie noch nicht als Fans aktivieren. Deshalb war es an der Zeit, etwas mehr Aufmerksamkeit zu generieren, damit sie die Augen öffnen für Sogndal IL. Wir dachten uns: Warum machen wir das nicht einfach mithilfe von Kondomen?« Geile Aktion, irgendwie.
Wirkung vor allem in den sozialen Netzwerken
Die Kampagne, die sich durchaus witziger und spritziger Wortspiele bedient, zeigt bislang vor allem in den sozialen Netzwerken Wirkung. »Noch nie war etwas mit dem Sogndal-Wappen darauf so kleidsam«, witzelt ein Fan von Rosenborg Trondheim bei Facebook. Ein anderer findet: »Kondome für euch Schw … – das passt!« Ein Dritter fragt: »Wusstet ihr eigentlich, dass ganz unten auf euren Kondomen Seriennummern aufgedruckt sind? Ach nein! Sogndal-Fans müssen ihre Kondome ja nie ganz hinabrollen.« Hahaha.
Auch auf den Ticketverkauf hat die Aktion durchaus stimulierenden Einfluss. Für das Liga-Derby am Samstag gegen Brann Bergen gingen die Eintrittskarten weg wie warme Semmeln. Wobei: Die meisten Menschen in der Gegend sind ja Brann-Fans. Und genau das ist der Punkt: Sogndal IL, von Traditionsklubs wie Rosenborg, Brann und Viking Stavanger geografisch eingekeilt, muss seit je her mehr um sein Publikum kämpfen als die anderen. - Sehr, sehr befruchtende Kampagne
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Doch zurück zu den Kondomen: Ist das Motto »Steh jetzt auf!« nicht doch ein wenig zu schlüpfrig? »Ich weiß nicht«, lacht Kommunikations-Chefin Östbö und spielt die Unschuld vom Lande: »Es gibt durchaus verschiedene Möglichkeiten, diesen Slogan zu interpretieren.« Den ganz großen Aufschrei der Tugendhüter gab es jedenfalls nicht! Eigentlich schade, so hätte die Kampagne noch weitaus höhere Wellen schlagen können. Nicht einmal die Kirche protestierte.
Davon konnte der FC Homburg in der Saison 1987/88 nur träumen. Der damalige Bundesligist hatte 200.000 Mark bekommen – dafür, dass er das Logo von Kondomhersteller »London« auf der Brust trug. Was für ein Skandaaal! Der gestrenge DFB sah »Ethik und Moral« in Gefahr, verhängte eine 50.000-Mark-Strafe und drohte sogar mit Punktabzug. Die Saarländer mussten den Schriftzug schließlich überkleben. Aber das waren andere Zeiten, damals.
Sehr, sehr befruchtende Kampagne
Und wie sieht es bei Sogndal IL aus? Bläst man demnächst zur Kommerz-Offensive, um die Auffang-Säckchen im Fanshop gewinnbringend an den Mann zu bringen? »Nein, wir wir haben diese Geschichte ohne kaufmännische Ambitionen gemacht«, sagt Frau Östbö. »Es geht wirklich nur darum, dem Klub im Wettbewerb mit Viking, Brann & Co. etwas mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.«
Dennoch kann es sein, dass die Macher der Kampagne demnächst eine zweite Tranche Lümmeltüten in Auftrag geben. Der Ständer in der Uni-Mensa musste nach nur drei Stunden ein weiteres Mal befüllt werden. Die Kampagne, sagen alle Beteiligten, sei sehr, sehr befruchtend – auch wenn das im Zusammenhang mit Kondomen eher komisch klingt. Hilde Östbö erklärt, worauf es ihr letztlich ankam: »Die Studenten haben unsere Botschaft in den sozialen Medien vielfach geteilt und uns positive Rückmeldungen gegeben, dass das Ganze kreativ und auch witzig war. Dies ist sicher eine der besseren Kampagnen, die wir gemacht haben.«
Ein Vorbild für den VfL Bochum?
Zudem darf sich Sogndal IL nun rühmen, so eine Art Gummi-Vorreiter zu sein. Die lokale Zeitung »Sogn Avis« will nämlich herausgefunden haben, dass der örtliche Fußballverein weltweit der erste mit einem eigenen offiziellen Klub-Kondom ist. Dazu hatte das Lokal-Blatt sogar ein kleines Recherche-Team zusammengestellt. Dessen Fazit: »Weder in Norwegen, noch woanders« könne man etwas derartiges finden. Von wegen »graue Maus«!
Vielleicht sollte der VfL Bochum mal in sich gehen – und an der heimischen Ruhr-Uni einen großen Ständer mit Gratis-Gummis errichten.