30.000 Fans von Dynamo Dresden sorgen beim Pokalspiel in Berlin für „Yellow Madness“. Unser Autor war mittendrin. Ein Erlebnisbericht.
30.000 Dresdner in der Hauptstadt. Beim letzten Mal, als so viele Sachsen auf einen Schlag nach Berlin gefahren sind, gab es Begrüßungsgeld.
30 Jahre später bewegt sich wieder eine ausgewachsene Völkerwanderung Richtung Hauptstadt. Ziel ist diesmal das Olympiastadion. Der Grund: DFB-Pokal, 2. Runde –Hertha BSC gegen Dynamo Dresden. Eine Ansetzung, die einen unbeteiligten Beobachter kaum und die meisten Herthafans sicher nur mit Mühe hinter dem Ofen hervorlockt – aber zehntausende Dynamo-Fans nach Berlin.
Endlich können wir mal wieder auf großer Fußballbühne, auf die wir qua Selbstverständnis ohnehin gehören, zeigen, was in uns steckt. Zeigen, dass uns als Fanszene keiner so leicht das Wasser reichen kann.
Leidenschaftlicher Liebesurlaub vom tristen Liga-Alltag
Dummerweise hatten wir und unsere große Liebe uns zuletzt etwas auseinandergelebt, erledigte das schwarz-gelbe Spielerpersonal seinen Job in der 2. Liga ziemlich nachlässig: vier Niederlagen am Stück mit 1:9 Toren. Platz 17 ist die Folge. Dementsprechend sollte das Pokalspiel nun ein Ausflug zur Paartherapie werden – ein leidenschaftlicher Liebesurlaub vom tristen Liga-Alltag. Der Deal: Wir geben auf den Tribünen alles, ihr tut es auf dem Spielfeld. Danach schauen wir mal, ob und wie es weitergeht.
Angekommen im Feriendomizil offenbart sich ein imposanter Anblick: Das Olympiastadion ist voll und genau in der Mitte geteilt, eine Hälfte blau-weiß, die andere schwarz-gelb. Und letztere, also wir, legen los. „Yellow Madness“ lautet das Motto des Abends. Und es wirklich Wahnsinn: Es ist laut, es ist brachial. Eines ist sicher, vom Spielstand lassen wir uns heute unsere Laune nicht versauen. Es wird erwartungsgemäß Pyro in nicht handelsüblichen Mengen gezündet. Irgendwo in der Dynamokurve leuchtet an diesem Abend immer etwas. Der Stadionspecher kommt aus dem Ermahnen gar nicht mehr heraus.
Mannschaft und Fans kommen sich wieder näher
Was auf dem Platz geschieht, interessiert mich und die meisten Umstehenden zunächst weniger. Viel ist es ohnehin nicht und wir sind ja eh in erster Linie zum Feiern hier. Bis in der 15. Minute Dynamo so etwas wie eine Doppelchance vergibt und uns zeigt: Wir sind hier durchaus bereit, mitzuspielen. Was wir auf den Rängen sehr dankbar quittieren. In der 36. Minute trifft Moussa Koné zur Führung für die SGD. Mannschaft und Fans kommen sich langsam wieder näher. Die Therapie läuft gut an.
Die zweite Halbzeit beginnt dann jedoch so, wie ich es in meinem Pessimismus erwartet hatte. Hertha gleich sofort aus. Nur fällt dem Favorit danach nicht mehr viel gegen die defensiven Außenseiter ein. Und wie schon gesagt, vom Spielstand lassen wir uns die Laune nicht versauen. Wir sind einfach weiter laut. Erst mit fortgeschrittener Spielzeit leidet die Stimmgewalt im Gästeblock dann doch etwas unter dem ereignislosen Rumgeplänkel auf dem Platz. Eine Schiri-Fehlentscheidung würde der Stimmung durchaus gut tun.