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Drei Minuten vor Ablauf der regu­lären Spiel­zeit endete die große inter­na­tio­nale Kar­riere eines großen Fuß­bal­lers. Miroslav Klose, der Rekord­tor­schütze der WM-Geschichte, ver­ließ unter tosendem Bei­fall den Platz. Für ihn kam Mario Götze, der bis dahin eine durch­wach­sene Welt­meis­ter­schaft erlebt hatte. Und der seit Sonn­tag­abend, im zarten Alter von 22 Jahren, zu den großen Heroen des deut­schen Fuß­balls gehört. In der zweiten Halb­zeit der Ver­län­ge­rung erzielte Götze den Treffer zum Titel.

Und was für einen. Mit der Brust nahm der Münchner eine Flanke von André Schürrle an, und noch ehe der Ball den Boden berührte, spit­zelte er ihn an Argen­ti­niens Tor­hüter Sergio Romero zum 1:0 für die Deut­schen ins Tor.

Der Treffer bescherte der Natio­nal­mann­schaft den vierten WM-Titel nach 1954, 1974 und 1990. Es ist die Krö­nung für eine Gene­ra­tion von Fuß­bal­lern, die mit der Natio­nal­mann­schaft oft nahe dran war, die Ange­le­gen­heit bisher aber nie zu Ende bringen konnte. Es ist auch die Krö­nung für Bun­des­trainer Joa­chim Löw, der lange ein Ver­fechter des schönen Spiels war, sich in Bra­si­lien aber so prag­ma­tisch gab wie nie zuvor – und der nun den Vor­wurf ent­kräf­tete, mit ihm sei nichts zu gewinnen.

Dabei hatte das Finale hatte schon schlecht ange­fangen, bevor es über­haupt ange­fangen hatte. Eigent­lich hatte Löw zum dritten Mal hin­ter­ein­ander die­selbe Start­for­ma­tion aufs Feld schi­cken wollen. Doch dann ver­ließ Sami Khe­dira eine gute halbe Stunde vor Spiel­be­ginn, nach kurzer Zwie­sprache mit Mesut Özil, den Platz, wäh­rend seine Kol­legen ihr Auf­wärm­pro­gramm fort­setzten. Der Mit­tel­feld­spieler von Real Madrid musste wegen Waden­pro­blemen sein Mit­wirken am WM-Finale stor­nieren.

Für Sami Khe­dira kam Chris­toph Kramer – und ver­letzte sich

Für Khe­dira rückte Chris­toph Kramer in die Mann­schaft. Der Mön­chen­glad­ba­cher, mit der Erfah­rung von ins­ge­samt vier Län­der­spielen gesegnet, stand gegen Argen­ti­nien zum ersten Mal bei dieser WM in der Startelf. Doch schon nach einer halben Stunde musste der Mit­tel­feld­spieler benommen vom Platz, nachdem er schon in der Anfangs­phase bei einem Zusam­men­prall mit Eze­quiel Garay zu Boden gegangen war. Löw brachte André Schürrle fürs linke offen­sive Mit­tel­feld und zog Mesut Özil auf die Halb­po­si­tion im rechten Mit­tel­feld.

Es war in einer Phase, als es für die Natio­nal­mann­schaft nicht beson­ders gut lief. Die Argen­ti­nier gaben das Mit­tel­feld bereit­willig frei, um die Deut­schen zu locken. Und die Deut­schen ließen sich locken. Schon in der ersten Vier­tel­stunde kamen die Süd­ame­ri­kaner zu drei Kon­ter­ge­le­gen­heiten, bei denen die weit auf­ge­rückten deut­schen Ver­tei­diger in der Rück­wärts­be­we­gungen arg ins Schwimmen gerieten. Nach einer halben Stunde hatten die Deut­schen 65 Pro­zent Ball­be­sitz, aber er brachte wenig ein, weil ihr Gegner gut orga­ni­siert ver­tei­digte.

Die Argen­ti­nier wirkten anfangs ins­ge­samt grif­figer

Die Argen­ti­nier wirkten in dieser Phase ins­ge­samt grif­figer, und sie hatten auch die erste richtig gute Gele­gen­heit, dank freund­li­cher Unter­stüt­zung der Deut­schen. Toni Kroos wollte einen Ball zu Tor­hüter Manuel Neuer zurück­köpfen, übersah dabei aber Argen­ti­niens Mit­tel­stürmer Gon­zalo Higuain, der etwas über­hastet abschloss und den Ball am Tor vor­bei­schoss. Zehn Minuten später setzte sich Lionel Messi an der rechten Seite gegen Mats Hum­mels durch, zog in den Straf­raum und passte an Neuer vorbei in die Mitte – der nicht nur in dieser Situa­tion über­ra­gend starke Jerome Boateng klärte gerade noch vor Eze­quiel Lavezzi.

Feh­lender Ein­satz war den Deut­schen ganz sicher nicht vor­zu­werfen. So oft sind sie in den ver­gan­genen Jahren kurz vor dem Ziel gestrau­chelt. Diesmal wollten sie die Ange­le­gen­heit unbe­dingt zu Ende bringen. Als die Spieler vom Warm­ma­chen in die Kabine zurück­kehrten, hatte Bas­tian Schwein­steiger nur Augen für den gol­denen Pokal. Der Münchner begrüßte den Spa­nier Carles Puyol, der die Tro­phäe in einem ledernen Köf­fer­chen trug; für die hüb­sche Frau daneben, das bra­si­lia­ni­sche Model Gisèle Bünd­chen, schien er sich gar nicht zu inter­es­sieren.

Was den Deut­schen lange fehlte, war ein biss­chen spie­le­ri­sche Leich­tig­keit, eine Idee gegen die Defen­sive der Argen­ti­nier, die aller­dings auch so gut spielten wie nie zuvor bei dieser Welt­meis­ter­schaft. Erst gegen Ende der ersten Hälfte wurden die Deut­schen etwas for­dernder. Toni Kroos kam in zen­traler Posi­tion zum Abschluss, brachte aber nur ein harm­loses Schüss­chen zuwege; kurz darauf ver­passte Miroslav Klose in der Mitte nur knapp eine Flanke von Philipp Lahm. Die beste Gele­gen­heit aber hatte Bene­dikt Höwedes in der Nach­spiel­zeit der ersten Halb­zeit. Nach der dritten Ecke für die Deut­schen wuch­tete er den Ball mit dem Kopf gegen den Pfosten.

Zu Beginn der zweiten Halb­zeit musste aber zunächst die Natio­nal­mann­schaft wieder einen Moment des Schre­ckens über­stehen. Messi kam, per­fekt frei gespielt, unbe­drängt zum Schuss, setzte den Ball aber knapp am langen Pfosten vorbei. Die Argen­ti­nier traten manchmal für Minuten offensiv über­haupt nicht in Erschei­nung, wurden dann aber quasi aus dem Nichts gefähr­lich. So auch nach einer knappen Stunde, als Higuain einen langen Ball zu erlaufen ver­suchte, Neuer aus seinem Tor eilte und denkbar knapp vor dem Angreifer mit der Faust klärte.

Das Spiel lebte weniger von feinen Spiel­zügen und atem­be­rau­bendem Kom­bi­na­ti­ons­fuß­ball, es lebte von der Span­nung, begleitet vom Lärm der 74.738. Die beiden bis­he­rigen WM-Finals zwi­schen beiden Län­dern waren jeweils ziem­lich ein­deu­tige Ange­le­gen­heiten gewesen. 1986 domi­nierten die Argen­ti­nier mit Diego Mara­dona auf der Höhe seiner Schaf­fens­kraft, vier Jahre später hatten die Süd­ame­ri­kaner der deut­schen Wucht wenig ent­ge­gen­zu­setzen. Am Sonntag in Mara­cana begeg­neten sich zwei Teams auf ver­gleich­barem Niveau, ohne sich ein derart lang­wei­liges Stra­te­gie­spiel zu lie­fern, wie es Argen­ti­nien und Hol­land im Halb­fi­nale getan hatten.

Die furiose Ver­län­ge­rung

Die Argen­ti­nier gewannen ab Mitte der zweiten Halb­zeit jedoch mehr und mehr an Domi­nanz, das Geschehen ver­la­gerte sich nun zuneh­mend in ihre Hälfte. Es gelang der Mann­schaft von Joa­chim Löw kaum einmal, einen Angriff gezielt zu Ende zu spielen so wie in der 82. Minute, als Kroos es von der Straf­raum­grenze mit einem Schlenzer ver­suchte und knapp das Tor ver­passte. Der letzte Pass, der Abschluss blieb meis­tens hängen. Auch die Stan­dards, zuletzt eine Stärke, ver­pufften in der zweiten Halb­zeit wir­kungslos.

Wie schon die beiden vor­an­ge­gan­genen WM-End­spiele ging auch das 2014er Finale in die Ver­län­ge­rung. Und die begann furios. Gleich nach dem Anpfiff schei­terte Schürrle nach guter Vor­ar­beit des ein­ge­wech­selten Mario Götze an Argen­ti­niens Tor­hüter Sergio Romero, Özils Nach­schuss wurde geblockt, den fol­genden Konter unter­band Boateng mit einer herz­haften Grät­sche gegen Messi im Mit­tel­kreis. Aufs Elf­me­ter­schießen wollte sich keine der beiden Mann­schaften ver­lassen – und das gab es ja auch nicht: weil Mario Götze der Fuß­ball­na­tion einen magi­schen Moment schenkte.