Ein Amateurklub aus Sizilien hat mit 3:14 verloren – und dabei acht Eigentore in den letzten zehn Minuten geschossen. Gelebter Irrsinn oder ein äußerst absurder Fall von Wettbetrug?
Es gibt verschiedene Gründe, um ein Fußballspiel zu manipulieren. Werder Bremen reiste am Ende der Saison 1991/92 als frisch gebackener Europapokalsieger zu Eintracht Frankfurt. Die brauchten nur zu gewinnen, um Meister zu werden. Für Werder hingegen war die Bundesligasaison bereits durch, das Ergebnis gegen die Eintracht wurst. Also boten die noch leicht angeschickerten Bremer den hochnervösen Frankfurtern an, in den kommenden 90 Minuten ein paar Gänge runterzuschalten, so man sie denn am Sieger-Champagner teilhaben ließe. Das Vorhaben scheiterte, nachdem sich die Werder-Spieler von einigen üblen Tritten des Frankfurter Liberos Dietmar Roth dazu motivieren ließen, doch mit voller Kraft zu spielen. Die Partie endete 1:1. Der Rest ist Geschichte. Das Motiv für diese, letztlich nur angedeutete, Manipulation war Spaß und Alkohol.
Ein bockiges Zeichen: 149 Eigentore
2002 verlor Stade Olympique L‚Emyrn aus Madagaskar mit 149:0 gegen AS Adema. Durch 149 Eigentore. Das Motiv bei diesem Spiel: Protest. Die unterlegene Mannschaft hatte sich kurz nach dem Anpfiff mit dem Schiedsrichter angelegt und anschließend ein bockiges Zeichen setzen wollen. Was ihnen eindrucksvoll gelang.
Nun ist weiterer Fall der Spielmanipulation bekannt geworden. Der sizilianische Achtligist Bagheria verlor ein Spiel der Coppa Sizilia mit 3:14 gegen Borgata Terrenove – durch sage und schreibe acht Eigentore in den letzten zehn Minuten. Das Motiv ist bislang noch nicht vollständig geklärt.
„80 Minuten war das ein echter Wettkampf“, fasste Terrenove-Trainer Ignazio Chianetta die Partie zusammen, „aber was dann passierte, war eine echte Farce.“ Seine Mannschaft hatte in diesem Spiel zehn Minuten vor dem Schlusspfiff mit 6:3 geführt, ehe der Gegner damit begann, Eigentore zu schießen. Offenbar nicht nur aus reiner Lust am gelebten Irrsinn, sondern auch mit Blick auf die Tabelle der Dreiergruppe. Nur der Erstplatzierte erreicht hier die nächste Runde. Bagheria hätte schon ein Unentschieden gegen Borgata zum Weiterkommen gelangt. Als man jedoch hoffnungslos zurücklag, entschied sich die Mannschaft offenbar dafür, den Ausgang der Gruppe eigenständig zu entscheiden: Die 14 Treffer reichten Borgata jedenfalls zum Gruppensieg: Dem besseren Torverhältnis sei Dank. Leidtragende Mannschaft in diesem absurden Dreiecksspiel: das Team von Partinicaucade.
Anzeichen, dass Bagheria dem Kontrahenten aus Partinicaucade eins auswischen wollte, gibt es jedenfalls. „Der Kapitän (von Bagheria) sagte mir, dass er lieber uns als Partinicaucade in der nächsten Runde sehen würde“, erklärt Borgatas Trainer. Eine Aussage, die für Verwirrung bei der gelackmeierten Konkurrenz sorgt. „Wir haben in dieser Saison schon zweimal gegen Bagheria gespielt, da gab es keine negativen Vorfälle“, wundert sich Partinicaucade-Präsident Marcello Lombardo. Ganz im Gegenteil: „Einmal waren wir sogar zusammen einen trinken!“
Kindergartenkinder hätten besser betrogen
Über die wahren Beweggründe des Eigentor-Festivals wird also weiter wild spekuliert. Selbst der Vorwurf, Bagheria habe sich kaufen lassen, steht im Raum. In einem Land, dass einst seinen erfolgreichsten Klub aus der höchsten Spielklasse schmeißen musste, um zumindest so etwas wie ein Zeichen gegen die grassierende Wettbetrügerei zu setzen, liegt dieser Verdacht nahe. Allerdings: Selbst ein Haufen Kindergartenkinder könnte eine Manipulation geschickter tarnen, als acht Eigentore in den letzten zehn Minuten zu produzieren.
Vielleicht wäre diese Geschichte längst aufgeklärt, vielleicht wäre das Motiv längst gefunden, wenn die Verantwortlichen von Bagheria den Mund aufmachen würden. Das tun sie aber nicht. Noch nicht. Sandro Morgana, der zuständige Regionalvorstand des italienischen Fußballverbandes, hat bereits Maßnahmen angekündigt: „Ich werde unsere Ermittler persönlich informieren. Sie werden sich den Vorfall genau anschauen und über Sanktionen entscheiden.“
Inwieweit es den Ermittlern gelingt, Licht ins Dunkle zu bringen und damit etwaige Langzeitschäden für den italienischen Amateurfußball zu vermeiden, ist unklar. „Was auch immer passiert“, prophezeit jedenfalls Partinicaucades Präsident Lombardo, „das Image des sizilianischen Fußballs wurde dadurch vor aller Welt in den Dreck gezogen.“ Der Sport hat sich ein Eigentor geschossen. Sogar gleich acht davon.