Mainz’ Trainer Sandro Schwarz hat sich über die Qualität der Fragen beschwert, die er auf Pressekonferenzen beantworten muss. Er hat Recht. Und liegt doch komplett falsch.
„Alles raushauen“. „90 Minuten konzentriert bleiben.“ „Kompakt stehen, Umschaltsituationen nutzen.“ Die O‑Töne, die die Bundesligatrainer Woche für Woche in die Notizblöcke der Journalisten diktieren, sind an floskelhafter Beliebigkeit nur schwer zu überbieten.
Aber woran liegt das? An der Vorhersehbarkeit der Dinge? An verschwiegenen Trainern, die nur nichts Falsches oder zu viel sagen wollen? Oder an den eintönigen, einfallslosen Fragen der Journalisten?
„Bereit, die Wahrheit zu sagen“
Wenn es nach Sandro Schwarz, dem Trainer des FSV Mainz 05 geht, eindeutig an letzterem. Denn, so sagte Schwarz gestern: „Wie das vor den bisher zehn Liga- und den beiden Pokalspielen gelaufen ist, dass finde ich total unbefriedigend.“ Er monierte Fragen, die nach „Schema‑F“ gestellt würden, die langweilig, statisch und erwartbar seien.
Und weiter: „Auch wenn dann vielleicht mal eine patzige Antwort dabei ist, das kann natürlich sein. Aber ich will den Austausch. Ich bin bereit, die Wahrheit zu sagen.“ Aus seinen bisherigen PK-Auftritten lässt sich das nicht unbedingt ableiten. So sagte Schwarz vor dem Spiel gegen den Hamburger SV: „Wir gehen von der bestmöglichen Leistung des HSV aus.“
Henne und Ei
Vor dem Pokalspiel gegen Holstein Kiel dann war Schwarz „sehr zufrieden. Jetzt müssen wir die Dinge auf den Platz bringen.“ Spannend. Nun kann man die Frage aller Fragen stellen, die nach der Henne und dem Ei, und was also zuerst da war: Die Schema-F-Frage oder die Schema-F-Antwort.
Man kann aber ebenso fragen, ob Sandro Schwarz wirklich bereit dazu wäre, vor einem Spiel in einer Pressekonferenz zu erläutern, wie genau er denn nun gedenke, den Spielaufbau des Gegners erfolgreich zu unterbinden. Oder ob er dann nicht einfach „patzig“ werden würde und also alles wäre wie zuvor.
Die Frage nach dem Warum?
Denn das ist das Elend an Missständen: Sie haben eine Vorgeschichte. Journalisten fragen Trainer nicht nach taktischen, personellen Details, weil sie wissen, dass sie keine Antwort bekommen. Und selbst wenn das nur eine Zustandsbeschreibung, aber keine Begründung wäre, bleibt doch die Frage: Warum sollten Journalisten ihre ganz eigenen Fragen mit einer kompletten Runde teilen? Die, die nicht Schema‑F sind. Die, mit denen sie sich von der Konkurrenz abheben, mit der sie ihrer Berichterstattung eine eigene Note verleihen können. Mit denen Texte zu Nachrichten werden.
Längst werden die Fragerunden der Bundesligisten auf YouTube übertragen, bei Twitter und Facebook protokolliert. Der Journalist, der in dieser Umgebung eine Frage mit potentiellem Neuigkeitswert stellt und beantwortet bekommt, wird sich mächtig freuen, wenn er mit genau der Frage und Antwort nichts weiter anfangen kann. Weil sie ja längst schon in der Welt ist. In dem Moment, in dem er sie gestellt hat.
Nur eine Schlussfolgerung
Und trotzdem hat Sandro Schwarz vollkommen Recht: Pressekonferenzen sind furchtbar. Furchtbar erwartbar, langweilig und statisch. Doch daran können weder die Klubs noch die Pressevertreter etwas. Es ist der Lauf der Dinge. Dessen einzige Schlussfolgerung ist: Pressekonferenzen, vor allem solche vor den Spielen, sind Relikte, die niemand mehr braucht.
Anmerkung: Der von Sandro Schwarz geäußerte Wunsch nach mehr Diskussionskultur bei Pressekonferenzen war, so stellte sich nach der Veröffentlichung dieses Artikels heraus, einem Gespräch entsprungen, welches nicht öffentlich geführt wurde.