Stuart Astill besuchte sage und schreibe 1786 Spiele von Nottingham Forest in Folge. Nun hat er erstmals seit 40 Jahren wieder eine Partie verpasst. Wir trauern.
Stuart Astill geht es nicht gut. Vor einigen Wochen hat sich sein Fuß entzündet, und Astill dachte daran, zum Arzt zu gehen. Doch es standen einige Spiele an, zum Beispiel die Ligapartie zwischen Nottingham Forest und Brighton & Hove Albion an. Der 67-Jährige humpelte also zum City Ground und sah einen durchschnittlichen Zweitligakick, 2:2. Danach humpelte er wieder nach Hause.
Einen Tag später wurde er am Fuß operiert, und der Arzt verbot weitere Aktivitäten. Kein Spaziergang im Park, keine Erledigungen in der Stadt, nichts weiter als Bettruhe. Und das Spiel gegen Burnley am Ostermontag? Um Himmels Willen!
Insgesamt 2533 Forest-Partien
Stuart Astill hatte bis dahin sage und schreibe 1786 Spiele in Folge kein Spiel von Nottingham Forest verpasst. Er hat insgesamt 2533 Forest-Partien gesehen, die Ligapokal- und FA-Cup-Spiele nicht mitgezählt. Dafür ist er seit 1956 über 160.000 Meilen gefahren. Jedes Wochenende Nottingham Forest, in Stoke, Liverpool, Valenica oder Madrid, zu Hause, auswärts, überall. Das sind seine Parameter. Das sind seine Orden.
In den vergangenen 57 Jahren hat Astill drei Spiele verpasst, das letzte am 22. September 1973 gegen Preston North End. Damals hatten ihn Freunde zu ihrer Hochzeit eingeladen und ihn gebeten den Platzanweiser zu machen. Astill konnte nicht Nein sagen.
Krankheiten haben ihn bis heute nie von Spielen abgehalten. Er stand mit jeder Verletzung, mit jeder Grippe, bei jedem noch so beschissenen Wetter auf der Tribüne. Nur einmal, im Dezember 1969, als es ganz schlimm war und er gerade von einer Leisten-OP kam, sagte er eine Reise zu einem Auswärtsspiel ab. Fußball wollte er aber trotzdem gucken, und so ließ er sich von einem Freund direkt bis vor die Tribüne des City Grounds kutschieren, denn dort spielte Forests Reservemannschaft.
Astill wurde Mitglied bei Luton Town
Ein anderes Mal kündigte Luton Town an, Auswärtsfans aufgrund von befürchteten Krawallen auszusperren. Also fuhr Astill einige Tage vor dem Spiel nach Luton und wurde auf der Geschäftsstelle vorstellig. Er erzählte von seiner Passion und dieser Serie, die nicht reißen durfte, und dann sagte er: „Wenn die einzige Möglichkeit, das Nottingham-Spiel bei euch zu sehen, darin besteht, Vereinsmitglied zu werden, dann würde ich das jetzt gerne tun.“ Der Mitarbeiter soll ein wenig irritiert gewesen sein, doch er willigte ein, und so wurde Astill für drei Jahre Mitglied bei Luton Town.
Vor zwei Jahren sagte Astill in einem Interview mit 11FREUNDE, dass er sich nicht mehr wünsche als Nottinghams Rückkehr in die Premier League. Doch er trug auch Sorge, sich die Karten dort nicht mehr leisten zu können. Schließlich sagte er: „Ich glaube aber eh nicht an den Aufstieg, dafür sind wir ein zu kleiner Verein.“
Er könnte sich irren, denn Nottingham steht momentan auf den Playoff-Plätzen. Und nun, in dieser möglichen Aufstiegssaison, macht ihm dieser verdammte Fuß zu schaffen. „Ich wusste, dass die Serie eines Tages beendet sein würde“, sagte er vor dem Spiel gegen Burnley, „aber ich habe nicht damit gerechnet, dass es jetzt schon so weit ist.“
Fußball im Radio klang ungewöhnlich
Am Ostermontag lief Nottingham Forest also das erste Mal seit jenem 22. September 1973 ohne Stuart Astill auf. Es war ein umkämpftes Spiel, es war richtungsweisend für Nottingham. Als Burnleys Junior Stanislas in der 68. Minute das 1:0 machte, hockte Astill vor dem Radio. Dieses verdammte Burnley, Tabellen-Dreizehnter, es ging für das Team um nichts mehr. Und dann war da noch dieses seltsame Medium: ein Radio. Wann hatte Astill das letzte Mal ein Nottingham-Spiel am Radio gehört? Als Kind? Als die Moderaten noch Chuck Berry und Nat King Cole als neue Helden feierte und von amerikanischen Truppen in Korea berichtete. „Es hörte sich ungewöhnlich an“, sagte Astill nach dem Spiel. „Es hatte keine Atmosphäre.“
Dann lief die Nachspielzeit, und plötzlich schrie der Mann im Radio: „Penalty!“ Nottinghams Lewis McGugan nahm sich den Ball und schob ihn in die untere linke Ecke, es war das 1:1 in der 97. Minute. Für einen Moment ging es Astill wieder besser. Denn er wusste, dass der Punkt wichtig war. Und er wusste, dass er am kommenden Samstag gegen Blackpool wieder im City Ground, an der Trentside, sein würde. Zum 2534. Nottingham-Spiel. Zum Beginn einer neuen Serie.